Mit der Technik auf den Spuren der Frau

Saarbrücken. Selina B. (12) hält ein kleines GPS-Gerät in der Hand. Ihre Freundin Jenny E. (13) guckt ihr über die Schulter. "Kann's losgehen?", fragt Jenny ungeduldig. Selina dreht sich vorm Rathaus St. Johann um die eigene Achse. "Der Pfeil springt hin und her", sagt sie

Saarbrücken. Selina B. (12) hält ein kleines GPS-Gerät in der Hand. Ihre Freundin Jenny E. (13) guckt ihr über die Schulter. "Kann's losgehen?", fragt Jenny ungeduldig. Selina dreht sich vorm Rathaus St. Johann um die eigene Achse. "Der Pfeil springt hin und her", sagt sie. Über ihrer Schulter hängt die grüne Stofftasche, die sie von Anja Weyrath, Leiterin der Fachstelle Mädchenarbeit des Paritätischen Bildungswerks Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland, im Festsaal des Rathauses bekommen hat. Auf der Tasche steht: "Mädchen! Raus in die Welt!" - das Motto des Projekts "Geocaching - Auf den Spuren bemerkenswerter Frauen in der Landeshauptstadt Saarbrücken".Mit dem Projekt wolle man Mädchen ab zehn Jahren spielerisch die Scheu vor der Technik nehmen, beschreiben Weyrath und Hans-Jürgen Stuppi, Geschäftsführer des Paritätischen Bildungswerks, im Festsaal. Der englische Begriff "Geocaching" meint schlicht eine Schnitzeljagd, die mithilfe eines GPS-Gerätes gelöst wird. Die Touren sind barrierefrei konzipiert, die GPS-Geräte und das Begleitmaterial können künftig in der Fachstelle ausgeliehen werden.

Die elektronische Schnitzeljagd des Paritätischen Bildungswerks führt an Saarbrücker Orte, die auf bedeutende Frauen hinweisen. Weibliche Vorbilder seien für Mädchen nicht nur wichtig, sondern auch spannend, so Weyrath. Mädchen haben einen anderen Zugang zur Technik, "sie brauchen Themen", erklärte die Initiatorin. Zwei Routen durch Saarbrücken bündelt das Begleitheft: Weg(e) des Mutes und Weg(e) des Erfolgs.

Die Frauen des Mutes sind historische Vorbilder wie die Friedenspolitikerin Klara-Marie Fassbinder oder die Verlegerin der Saarbrücker Zeitung, Johanna Hofer. Drei Frauen des Erfolgs konnten die Mädchen aus der "Mädchengruppe der Gemeinde Saarwellingen", dem "Café Courage" in Dillingen, dem "Mädchenatelier Homburg" und dem "Mädchenarbeitskreis des Diakonischen Werkes" hautnah im Festsaal erleben: Oberbürgermeisterin Charlotte Britz motivierte in ihrem Grußwort die Teilnehmerinnen, sich von dem Vorurteil, Technik sei Jungen-Sache, nicht abschrecken zu lassen. Neben Britz begrüßte Weyrath die Goldschmiedin Kornelia Landau und Ballettchefin Marguerite Donlon, deren Jugendtanzgruppe "iMove" im Festsaal eine Choreografie zeigte.

Selina und Jenny wollen den historischen Frauen-Vorbildern auf die Schliche kommen. Endlich zeigt das GPS-Gerät die Route an. Selina läuft mit Kopf nach unten los. "Jenny, kannst du Selina führen? Sonst haut sie sich noch den Kopf an", lacht Betreuerin des "Mädchenarbeitskreises des Diakonischen Werkes" Michaela Chemendy (42). Ihre Schützlinge sind nicht nur Freundinnen, sondern auch Mitbewohnerinnen in einer Wohngruppe in Homburg. "Jeder von uns hat sein eigenes Zimmer. Wir wohnen ganz normal. Nur eben ohne Eltern", beschreibt Selina.

Ganz neu ist die Technik für Jenny nicht. "Es gibt ja auch Navigationsgeräte auf dem Handy", sagt sie: "Aber bei uns ist erst ab 13 ein Handy erlaubt." Der Weg führt über die Wilhelm-Heinrich-Brücke. "Sind wir noch richtig?", fragt Jenny in der Eisenbahnstraße. Aber wenig später die Erkenntnis: "Ach, da ist doch die Saarbrücker Zeitung." Selina und Jenny blättern im Begleitheft. "Ja, genau: Johanna Hofer. Die hat die Zeitung geleitet", lesen sie laut.

Dann tippt Jenny schon die nächsten Koordinaten ein. "Macht Spaß", sagen sie. Sie wollen wiederkommen, um auch die Route mit den zeitgenössischen Vorbildern abzulaufen. Berührungsängste mit einem GPS-Gerät kennen die beiden nicht. ceg

Hintergrund

"Geocaching" bezeichnet allgemein eine Schnitzeljagd im Freien, an der sich jeder beteiligen kann. Die Verstecke werden im Internet (www.geocaching.com) anhand ihrer Koordinaten veröffentlicht. Mit Hilfe eines GPS-tauglichen Gerätes versuchen die Teilnehmer, den "Geocache", also den versteckten Behälter, ausfindig zu machen. In diesem Behälter befinden sich ein Logbuch und meist einer oder mehrere Gegenstände. Der Finder darf den Gegenstand behalten, muss im Gegenzug aber einen neuen "Schatz" und einen Eintrag im Logbuch hinterlassen. Es gibt mittlerweile verschiedene Varianten des "Geocaching", wie die Initiative des Paritätischen Bildungswerks, das die GPS-verbundene Suche mit bemerkenswerten Frauen in Saarbrücken verbunden hat. cjo

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