Mit dem Dampfer in den „American Dream“

Niederkirchen/Chicago · Sein Auswanderer-Märchen wurde wahr: Helmut Berg aus dem Ostertal zog 1929 in die USA und startete durch. Er stieg vom Gesellen zum Bäckerei-Ketten-Chef auf. Das Deutsche Auswandererhaus hat die Story in seine Sammlung aufgenommen.

 Helmut Berg (Mitte) aus Niederkirchen mit seinen beiden Begleitern bei der Überfahrt in die USA, an Deck des Dampfers „Columbus“, 1929. Foto: Kirsch

Helmut Berg (Mitte) aus Niederkirchen mit seinen beiden Begleitern bei der Überfahrt in die USA, an Deck des Dampfers „Columbus“, 1929. Foto: Kirsch

Foto: Kirsch

Es ist nicht die anrollende Weltwirtschaftskrise, die Helmut Berg 1929 aus dem Ostertal über den Atlantik treibt. Fünf Monate vor dem "Schwarzen Freitag" am 29. Oktober legt der junge Mann aus Niederkirchen in New York City an, um weiter westwärts sein Glück zu versuchen. Zwar ist die Lage in seiner Heimat schon angespannt, aber Not leidet Berg nicht. "Der Grund lag vielmehr in einer gewissen Abenteuerlust", sagt Hans Kirsch aus Selchenbach bei Kusel, Großcousin des Auswanderers. "Er wollte Amerika kennenlernen und feststellen, ob es wirklich so sei, wie immer erzählt wurde", nämlich dass es mit Mut und Fleiß jeder zu etwas bringen könne. Es war wirklich so.

Denn für Berg erfüllte sich im Mittleren Westen der USA ein "American Dream". Harte Arbeit, Erfolg und die große Liebe spielten darin eine Rolle - "eine unglaublich schöne Geschichte", findet Tanja Fittkau vom Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven, das die Berg-Story in seine Sammlung aufgenommen hat. Vom Bäckergesellen brachte es der 1907 geborene Bergmannssohn aus Niederkirchen - damals gehörte der St. Wendeler Stadtteil zu Kusel - zum Besitzer einer Bäckerei-Kette. Ein Aufstieg, von dem er immer geträumt hatte.

Daheim im Ostertal hatte Berg als Konditor gearbeitet, bevor es ihn packte. Mit zwei Kollegen zog der 21-jährige auf dem Dampfer "Columbus" von Bremerhaven in die USA. Am 16. Mai 1929 erreichte das Auswanderer-Trio den Hafen New Yorks, wie unzählige deutsche Auswanderer zu dieser Zeit, und wandte sich westwärts. In Chicago in Illinois kam Helmut Berg sprichwörtlich an. Er fand Freunde, nach mühsamer Suche - die Krise war mittlerweile da - auch Arbeit. Er fing klein an, als Angestellter einer Cafeteria. Sein eigener Chef wurde er nach mehreren Versuchen erst in den 1940ern - an der Seite seiner Liebe.

Margaret Jeske aus Düsseldorf lernte Berg bei einem Vereinsabend für deutschstämmige Einwanderer kennen. Sie war eine Frau mit Prinzipien, weiß Großcousin Kirsch. "Sie sagte ihm eines Tages, wenn er ernsthaft ans Heiraten denke, müsse er sich damit abfinden, dass sie nicht mit ihm nach Deutschland zurückgehen werde." Eigentlich wollte Berg einmal zurück ins Ostertal. Aber er entschied sich für Margaret, heiratete 1935, blieb Land und Frau für immer treu.

Während des Zweiten Weltkriegs investierten die Eheleute Geld und Mut, kauften in Chicago eine Bäckerei mit Filialen - und wurden reich. Gesundheitliche Probleme zwangen Berg 1948 zum Verkauf - aber später fing der "Workaholic" neu an; insgesamt drei Betriebe zog er bis 1965 hoch. Dann erst gönnte sich das Paar den Ruhestand, in Kenosha in Wisconsin. 1972 starb Helmut Berg, schwer herzkrank. Seine Frau starb 2004, seine Tochter Jeanette blieb in den USA. Mit Briefen und Besuchen war Berg seiner Heimat zeitlebens verbunden geblieben. Noch heute haben seine beiden Familien dies- und jenseits des Atlantiks Kontakt.

Die saarländischen Geschichten der Serie liegen nun im Archiv des Deutschen Auswandererhauses; ihre Aufbereitung läuft noch. Möglicherweise werden sie einmal ausgestellt.

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