Mit Block und Kamera unterwegs

Saarbrücken. Auf dem Rotenbühl kennt sich Nicole Baronsky-Ottmann aus wie in ihrer Westentasche. Hier ist sie geboren, hierher zog es sie nach Abschluss ihres Studiums wieder zurück. In den vergangenen sechs Monaten hat die Kunsthistorikerin und freie Journalistin ihr Lieblingsviertel noch besser kennengelernt

Saarbrücken. Auf dem Rotenbühl kennt sich Nicole Baronsky-Ottmann aus wie in ihrer Westentasche. Hier ist sie geboren, hierher zog es sie nach Abschluss ihres Studiums wieder zurück. In den vergangenen sechs Monaten hat die Kunsthistorikerin und freie Journalistin ihr Lieblingsviertel noch besser kennengelernt. Denn seit Juni ist sie hier als Stadtteilautorin unterwegs, spricht mit vielen Menschen, führt Interviews, schreibt Reportagen und besucht Veranstaltungen. Sämtliche Texte und Bilder werden in die Dokumentation über den Rotenbühl einfließen, die Nicole Baronsky-Ottmann bis Juni diesen Jahres zum Abschluss bringen möchte. Auftraggeberin ist die Landeshauptstadt Saarbrücken, die der Stadtteilautorin ein Jahreshonorar von 5 000 Euro zahlt. Pünktlich zur "Halbzeit" ihrer Stadtteilautorinnen-Tätigkeit sprach Nicole Baronsky-Ottmann mit der Saarbrücker Zeitung über die Fortschritte ihrer Arbeit. "Gleich in den ersten Monaten ist hier unheimlich viel passiert: die katholische Kirchengemeinde Maria Königin wurde 50 Jahre, ebenso die evangelische Christuskirche und das Totobad." Baronsky-Ottmann war bei den Jubiläumsfeiern dabei, führte Interviews mit dem katholischen Pfarrer und der evangelischen Pfarrerin und machte Fotos. Viel unterwegs war sie auch auf dem Alten Friedhof St. Johann, für den sie seit jeher "ein Faible" habe: "Mein Fußweg in die Stadt führt über den Friedhof, auf dem sich sehr viel verändert. Auf der einen Seite findet man dort sehr interessante alte Grabmäler, auf der anderen Seite gibt es aktuell wieder viele Urnenbestattungen", erzählt Baronsky-Ottmann. Verändert hat sich auf dem Rotenbühl nicht nur die Friedhofskultur: Auch Bebauung, Architektur und Bewohnerschaft unterliegen einem stetigen Wandel. Wie sah der Rotenbühl früher aus? Wer wohnte hier, und wie sah der Alltag der Menschen aus? Um darüber mehr zu erfahren, traf sich die Stadtteilautorin mit drei alten Damen, die fast ihr ganzes Leben auf dem Rotenbühl verbracht haben. "Diese Gespräche waren sehr interessant", sagt Baronsky-Ottmann, die die Kindheitserinnerungen der Seniorinnen zu Papier brachte. "Ich finde es ganz wichtig, dass so etwas erfasst wird. Diese Erinnerungen sind wertvoll und sollten erhalten bleiben." Ein besonders wertvolles Zeitdokument erhielt Baronsky-Ottmann von einer der alten Damen: "Sie gab mir eine Akte ihres Vaters, der Anfang des 20. Jahrhunderts viel über den Rotenbühl geschrieben hat." Überhaupt sei sie vielen sehr hilfsbereiten und aufgeschlossenen Menschen begegnet, freut sich die Journalistin. Zu den Themen, denen sie sich als Stadtteilautorin in den verbleibenden sechs Monaten noch widmen will, gehören unter anderem Sport, Traditionshäuser, Gaststätten, Kultur und Wohnen. "Was ich nicht berücksichtigen werde ist der Einzelhandel", sagt Nicole Baronsky-Ottmann. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt ihre Dokumentation nicht. Denn das Schreiben über einen Stadtteil sei "ein Fass ohne Boden". Die 45-Jährige jedoch konzentriert sich darauf, ihr Konzept abzuarbeiten und lässt sich auch durch gut gemeinte Ratschläge, welche Themen denn sonst noch interessant sein könnten, nicht aus der Ruhe bringen. "Im Moment ist das ein Vollzeitjob", sagt Baronsky-Ottmann auf die Frage, mit wie viel Zeitaufwand die Dokumentation denn verbunden sei. Im Jahresschnitt gesehen nehme die Stadtteilautorenschaft schätzungsweise einen Arbeitstag pro Woche in Anspruch.

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