Bistümer Trier und Speyer Gemeinsam gegen Missbrauch

Tholey · Beim Spitzengespräch der Landesregierung mit den Bischöfen aus Trier und Speyer ging es um den Missbrauchsskandal in der Kirche – und um die umstrittene Bistumsreform.

Ministerpräsident Tobias Hans (M.) traf sich mit den Bischöfen der Bistümer Trier und Speyer, Stephan Ackermann (r.) und Karl-Heinz Wiesemann (l.) zum jährlichen Spitzengespräch.

Ministerpräsident Tobias Hans (M.) traf sich mit den Bischöfen der Bistümer Trier und Speyer, Stephan Ackermann (r.) und Karl-Heinz Wiesemann (l.) zum jährlichen Spitzengespräch.

Foto: BeckerBredel

Die saarländische Landesregierung will die Katholische Kirche bei der Aufklärung sexueller Missbrauchsfälle unterstützen. Missbrauchsopfer, die sich nicht an kirchliche Stellen wenden wollen, können sich auch beim Landesamt für Soziales melden. Das gaben Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und die Bischöfe der Bistümer Trier und Speyer, Stephan Ackermann und Karl-Heinz Wiesemann, am Dienstag nach einem Spitzengespräch in Tholey bekannt.

Eine bundesweite Studie im Auftrag der deutschen Bischöfe, die im September vorgestellt wurde, hatte ergeben, dass Hunderte Kinder und Jugendliche seit 1946 durch Geistliche sexuell missbraucht wurden. Strafrechtlich sind viele Fälle bereits verjährt. Im Bistum Trier waren es demnach 442 Opfer, 148 Priester wurden des sexuellen Missbrauchs beschuldigt; im Bistum Speyer waren es 186 Betroffene und 89 Priester. Das Bistum Trier umfasst rund 1,4 Millionen Katholiken in Rheinland-Pfalz und im Saarland, das Bistum Speyer etwa 530 000 Gläubige in der Pfalz und im Saarpfalz-Kreis.

Ackermann betonte, die Studie selbst sei keine Aufarbeitung. Die müsse nun mit unabhängigen Experten erfolgen, unter Einbeziehung der Betroffenen. Nach der Vorstellung der Studie hatte die Deutsche Bischofskonferenz unter anderem angekündigt, man wolle das Zölibat für Priester und die katholische Sexualmoral „unter Beteiligung von Fachleuten verschiedener Disziplinen“ in einem Gesprächsprozess erörtern. Zudem wolle die Kirche klären, „wer über die Täter hinaus“ institutionell Verantwortung für den Missbrauch trage.

„Auch die Zusammenarbeit mit den staatlichen Ermittlungsbehörden ist für uns ein wichtiger Baustein“, sagte Bischof Wiesemann. Nächste Woche werden die deutschen Bischöfe laut Ackermann bei einem Treffen erneut über die Aufarbeitung beraten. „Es soll nicht nur bei Ankündigungen bleiben“, betonte der Bischof.

Mit Blick auf die bevorstehende Reform des Bistums Trier appellierte Ministerpräsident Hans an Bischof Ackermann, „mit Augenmaß auf die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen“ einzugehen. Die „Kirche im Dorf“ sei ein Teil der saarländischen Identität, ein Stück Heimat. „Das darf nicht verloren gehen.“ Die Reform werde sicher Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben im Saarland, „dem katholischsten aller Bundesländer“, haben. Aber er sei überzeugt, dass durch die Umstrukturierung die Nähe der Kirche zu den Menschen nicht verloren gehe.

Das Bistum plant, die derzeit noch 887 Pfarreien, die in 172 Pfarreiengemeinschaften organisiert sind, ab dem 1. Januar 2020 zu 35 Großpfarreien zusammenzufassen, den sogenannten „Pfarreien der Zukunft“. Zehn davon werden im Saarland liegen. Kritiker fürchten dadurch eine Zentralisierung und weniger Mitbestimmungsmöglichkeiten vor Ort.

Er habe den Eindruck, dass die 35 Großpfarreien „eher unstrittig sind“, sagte Ackermann. Die Menschen beschäftige vor allem die Frage der Vermögensverwaltung vor Ort und die Beteiligungsmöglichkeiten in den Pfarreien. Bis Weihnachten wolle man die Umsetzung konkretisieren. Aber: „Es wird nichts mit Gewalt übers Knie gebrochen“, sagte der Bischof. Die Reform erfordere Mut, „das ist Neuland, wir gehen in ein ungespurtes Gelände“, so Ackermann. Doch die Neuerungen seien unumgänglich. „Wir stoßen mit unseren jetzigen Strukturen an unsere Grenzen.“ In vielen Gemeinden sei es schwierig, kirchliche Gremien noch zu besetzen. „Die Menschen sind nicht mehr bereit, sich lange an ein Gremium zu binden, wie es vor 20, 30 Jahren noch der Fall war.“ Er beteuerte, die Kirche werde sich nicht von den Menschen entfernen. Ziel sei es im Gegenteil, den Priestern „mehr Luft für Seelsorge“ zu verschaffen und sie von Verwaltungsaufgaben zu entlasten.

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