Schulleiter-Empfang Minister: Mehr Belastung auch ohne Zuwanderung und Inklusion

Saarbrücken · Von Ute Kirch

 Saar-Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD)

Saar-Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD)

Foto: dpa/Oliver Dietze

Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) hat davor gewarnt, die Ursachen für Probleme an Schulen allein in der gestiegenen Zuwanderung und in der Inklusion, also der Aufnahme von Kindern mit Beeinträchtigungen an Regelschulen, zu sehen. „Hier machen es sich einige manchmal etwas zu leicht“, sagte er beim achten Schulleiterempfang am Montagabend in seinem Hause. „Selbst wenn wir die Zuwanderung nicht gehabt hätten und keine Inklusionsgesetzgebung hätten, wäre die Belastung in den letzten Jahren ähnlich gestiegen.“ Es gebe eine stark wachsende Zahl von Kindern mit sozial-emotionalem Förderbedarf, sowohl an Regelschulen als auch an Förderschulen. Der Rückschluss, es liege an der Inklusion, stimme daher so nicht.

Mit Blick auf die in der letzten Zeit öffentlich gewordenen Brandbriefe und Überlastungsanzeigen von Lehrerkollegien sagte Commerçon: „Die Hilferufe aus unseren Schulen kommen zu Recht!“ Doch forderten die Lehrer darin zur Entlastung nicht in erster Linie weitere Lehrerstellen, sondern Entlastungen an anderen Stellen. Daher wolle er den Aufbau multiprofessioneller Teams, in denen Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen die Lehrer unterstützen, forcieren. Besonders belastete Schulen sollen gezielt unterstützt werden. In einem Modellversuch sollen fünf Grund- und fünf Gemeinschaftsschulen über zunächst vier Jahre hinweg von Experten begleitet werden. „Schulen mit ihren Problemen werden zunehmend stärker ein Spiegelbild der Probleme unserer Gesellschaft. In Wahrheit haben wir an dieser Stelle kein bildungspolitisches Problem, sondern ein gesellschaftspolitisches Problem“, sagte der Minister, „die Situation an vielen unserer Schulen ist auch ein Spiegelbild für die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich, für den zunehmenden Leistungsdruck und die Unterordnung vieler gesellschaftlicher Bereiche unter ökonomische Maßnahmen.“ Nicht alle gesellschaftlichen Probleme könnten in der Schule gelöst werden. Es sei nicht die Aufgabe von Lehrern, frierenden und verwahrlosten Kindern ein Frühstück zu machen oder für warme Kleidung zu sorgen. Hier seien auch andere Akteure außerhalb des Bildungsbereichs gefragt.

Zum gescheiterten Volksbegehren für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium sagte er, die Koalition werde mit der einberufenen Expertenkommission ernsthaft das Thema diskutieren – unabhängig vom Ausgang des Volksbegehrens. Dabei spiele auch die flächendeckende Rückkehr der meisten westdeutschen Bundesländer zu G9 eine Rolle. Schnellschüsse dürfe es aber nicht geben.

Im Gespräch mit den anderen SPD-Kultusministern habe er am Montag Signale vernommen, dass in den Koalitionsverhandlungen in Berlin zwischen CDU und SPD das Kooperationsverbot gelockert werden solle. So könne künftig der Bund den Ländern bei Investitionen in allgemein-bildende Schulen helfen. Gelinge dies, könne ein Investitionsprogramm ähnlich dem für die Berufsbildungszentren aufgelegt werden.

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