Minijobs machen meist Frauen

Frau Altesleben, verstehen Sie, wenn ich mich wundere, dass 2012 tatsächlich Frauen und Männer für gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden?Altesleben: Ich kann Ihre Verwunderung verstehen, da ich solchen Reaktionen immer wieder begegne

 Frauensekretärin des DGB, Bettina Altesleben. Foto: Gerhard Alt

Frauensekretärin des DGB, Bettina Altesleben. Foto: Gerhard Alt

Frau Altesleben, verstehen Sie, wenn ich mich wundere, dass 2012 tatsächlich Frauen und Männer für gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden?Altesleben: Ich kann Ihre Verwunderung verstehen, da ich solchen Reaktionen immer wieder begegne. Eigentlich ist es kaum nachzuvollziehen, dass Entgeltlücken wie die 27 Prozent Unterschied zwischen Frauen und Männern im Saarland entstehen können. Denn eigentlich leben wir in Zeiten mit einer breiten Gesetzgebung, die die Gleichstellung von Frau und Mann sichern und die Benachteiligung von Frauen verhindern soll.

Können Sie konkrete Beispiele geben?

Altesleben: Das Tragen eines Sacks Zement am Bau wird noch immer anders, also höher, bewertet als beispielsweise die Hilfestellung für eine pflegebedürftige Person im Gesundheitsbereich. Die Gleichstellung von Mann und Frau ist zwar grundgesetzlich geregelt, in der Realität fehlt es aber an der Umsetzung, wenn es darum geht, Frauen in Führungspositionen zu verankern oder die Betreuung für Kinder und pflegebedürftigen Angehörigen tatsächlich partnerschaftlich zu ermöglichen.

Welche Rolle spielen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, also 400-Euro-Jobs?

Altesleben: Eine große und leider auch sehr negative Rolle. Allzu oft arbeiten Frauen in so genannten prekären Arbeitsverhältnissen. Die übergroße Mehrarbeit der Beschäftigten in Minijobs sind Frauen. In den wenigsten Fällen tun sie dies freiwillig. In den meisten Fällen ist es die mangelnde Alternative an Arbeitsangeboten oder guten Betreuungseinrichtungen für die Kinder.

Worauf beruht die schlechtere Bezahlung von Frauen?

Altesleben: Zuerst muss ich feststellen, dass der Grundsatz gleiches Geld für gleiche und gleichwertige Arbeit, trotz einer guten Tarifpolitik der Gewerkschaften, noch nicht überall Einzug gehalten hat. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Gründen: Frauen haben oft keine durchgehende Erwerbsbiografie, arbeiten oft in prekärer Beschäftigung oder in Teilzeit, weil sie mit Kinderbetreuung oder der Pflege einige Stunden täglich beschäftigt sind. So ist zu erklären, dass Frauenerwerbstätigkeit zwar zahlenmäßig, aber nicht im Stundenvolumen angestiegen ist. Und selbstkritisch bleibt auch festzustellen: Frauen verhandeln ihr eigenes Gehalt oft nicht mit dem notwendigen Nachdruck.

Saarlouis ist ein stark industriell geprägter Landkreis. Gut oder schlecht für "equal pay"?

Altesleben: Saarlouis ist ein Landkreis, in dem ich viele Chancen für eine gute Beschäftigung von Frauen, in guter Arbeit mit guter Bezahlung und guten allgemeinen Bedingungen sehe. Ich glaube daran, dass Geschlechtergerechtigkeit möglich ist. Die industriell geprägte Struktur des Landkreises ist dabei kein Nachteil.

Bettina Altesleben spricht am Donnerstag, 22. März, 18.30 Uhr, im Cave Lasalle, Grünebaumstraße, Saarlouis, über den "Equal-Pay-Day". Eingeladen haben sie die Frauenbeauftragten aus dem Kreis sowie das Netzwerk "Frauen Macht Kommune".

Stichwort

 Frauensekretärin des DGB, Bettina Altesleben. Foto: Gerhard Alt

Frauensekretärin des DGB, Bettina Altesleben. Foto: Gerhard Alt

Equal-Pay-Day, ein internationaler Aktionstag am 23. März, übersetzt "Tag der Entgeltgleichheit". Gemeint ist vor allem, dass statistisch Frauen weniger verdienen als Männer: Im Saarland 27 Prozent. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort