Milchpreis treibt Bauern in Ruin

St. Wendel. Wenn viele Bauern derzeit bei der Heuernte mit bekümmerten Mienen auf ihren Treckern sitzen, dann ist nicht das unbeständige Wetter, Ursache der Sorgenfalten. Mit den Unbilden des Wetters können sie ganz gut umgehen. Die Bauern, ganz besonders die Milchbauern, bangen um ihre Höfe. Mit 21 Cent pro Liter ist der Milchpreis so tief gesackt wie noch nie

St. Wendel. Wenn viele Bauern derzeit bei der Heuernte mit bekümmerten Mienen auf ihren Treckern sitzen, dann ist nicht das unbeständige Wetter, Ursache der Sorgenfalten. Mit den Unbilden des Wetters können sie ganz gut umgehen. Die Bauern, ganz besonders die Milchbauern, bangen um ihre Höfe. Mit 21 Cent pro Liter ist der Milchpreis so tief gesackt wie noch nie. Und ob das das Ende ist, ist nicht sicher."Die Lage ist so ernst wie noch nie", sagt Klaus Laub, Sprecher des Bundes der Milchbauern im Landkreis St. Wendel. 30 Jahre ist er im Geschäft und bislang sei es noch nie vorgekommen, dass er seine Rechnungen nicht bezahlen konnte. Günstige Kredite, die angekündigt wurden, sind für Laub auch keine Lösung. "Auch die muss ich zurückbezahlen." Und von der Steuererleichterung beim Agrardiesel hat er auch nichts. "Meine Maschinen fahren mit Biodiesel und der ist nicht betroffen." Auch für die Kollegen sei das weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein. Bei einem durchschnittlichen Betrieb liege die Einsparung bei etwa 1000 Euro im Jahr. "Was macht das aus, wenn tagtäglich etwa 300 Euro Einnahmen fehlen?"150 Kühe hat Laub im Stall stehen. Die geben jeden Tag 3000 Liter Milch. Bei dieser Menge schlägt der niedrige Milchpreis noch stärker zu Buche. "Jeden Tag muss ich derzeit 400 Euro zuschießen, um den Betrieb am Leben zu halten", rechnet Laub vor und weiß nicht, "wie lange ich das durchhalten kann oder will. Bis Weihnachten sicherlich nicht."Ziel: flexible MilchmengeDie EU müsse die Milchquote auf der Basis von 2006 um fünf Prozent senken, vertritt Laub offensiv die Forderung seines Verbandes. Ziel müsse eine flexible Mengensteuerung sein, ausgerichtet an der Nachfrage.Dass die Verbraucher am Ende die Dummen sind, befürchtet Peter Scherer, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes. Auch er geht davon aus, dass Milchbauern aufgeben werden, wenn sich am Preis nicht rasch etwas ändert. "Und wenn die Kuhställe einmal leer sind, dann bleiben sie leer. Es dauert Jahre, bis eine Herde aufgebaut ist." Die Folge, das Milchangebot sinkt auf Dauer kräftig und die Preise für Milchprodukte schießen in die Höhe. Den niedrigen Milchpreis sieht Scherer auch als Folge der globalen Wirtschaftskrise. Die Nachfrage sei zurückgegangen und die Handelsketten nutzten das Überangebot, das gar nicht so hoch sei, um ihre Einkaufspreise zu drücken.Dass das möglich ist, ist nach Scherers Ansicht auch den Molkereien anzulasten, die der Einkaufsmacht nicht den notwendigen Widerstand entgegensetzen. "Eine ist immer bereit, zu noch schlechteren Preisen zu liefern." Dabei sind zweidrittel der deutschen Molkereien Genossenschaften, sie gehören also den Bauern, die sie beliefern und deren Vertreter sitzen auch in den Kontrollgremien. Scherer fordert eine engere Zusammenarbeit der Genossenschaftsmolkereien und dass diese ihre Marktmacht dann besser nutzen. Die Milchquote, sie schreibt den Bauern vor, wie viel Milch sie abliefern dürfen, sieht Scherer nicht als Heilmittel. Trotz Quote sei die Zahl der Milcherzeuger im Saarland in den vergangenen 25 Jahren um 1000 zurückgegangen, bei etwa gleicher Milchmenge.Getreidepreis im Keller2009 sei auch für die Ackerbauern ein schlechtes Jahr, sagt Scherer. Durch die globale Wirtschaftskrise sei auch die Nachfrage nach Getreide und Ölsaaten abgesackt und die Preise im Keller. Die derzeitige Lage sei nur europaweit zu verbessern. Langfristig glaubt Scherer, haben Bauern nur eine Chance, "wenn sich die Politik raushält, wir zu Unternehmern werden". Das funktioniere aber nur, wenn zumindest europaweit die Wettbewerbsbedingungen überall gleich seien.

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