Votum für Erhalt der Gemeinde

Weiskirchen · In der Gemeinde Weiskirchen wird es vorerst keine Initiativen seitens Verwaltung oder Gemeinderat geben, um im Dialog mit den Bürgern über eine mögliche Auflösung der Gemeinde oder eine Fusion mit einer der benachbarten Kommunen nachzudenken. Einen in diese Richtung zielenden Antrag der Bunten Fraktion im Gemeinderat lehnte der Rat in seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit ab.

Die Bunte Fraktion (gebildet aus Grüne, Linke und Piraten) hält gravierende strukturelle Einschnitte in Weiskirchen für eine unausweichliche Folge der Ergebnisse des so genannten Junkernheinrich-Gutachtens. Der Kaiserslauterer Kommunalökonom Professor Martin Junkernheinrich hatte darin im Auftrag der Landesregierung die kommunalen Strukturen im Saarland auf ihre Leistungs- und Zukunftsfähigkeit hin untersucht (siehe Info).
"Wirtschaftskraft zu schwach"

Für Henry Selzer, Sprecher der Bunten Fraktion im Rat, sind die Resultate dieser Untersuchung eindeutig: "Die Gemeinde Weiskirchen ist existenziell bedroht, das sollten die Bürger wissen. Sie sollten darüber informiert werden und aktiv in die daraus sich ergebenden notwendigen Überlegungen einbezogen werden." Zu schwach sei die Wirtschaftskraft der Gemeinde, zu gering deren Größe, als dass die hoch verschuldete Kommune aus eigener Kraft ihren Haushalt konsolidieren könne, befand Selzer. Aus Sicht seiner Fraktion ergeben sich aus dieser Situation drei denkbare Optionen: "Erstens, Weiskirchen bleibt selbstständig. Zweitens, Weiskirchen schließt sich in Gänze mit einer oder mehreren Nachbargemeinden zusammen. Drittens, Weiskirchen löst sich auf und fragt seine Ortsteile, zu welcher Nachbarkommune sie zukünftig gehören wollen." Bei diesem Prozess sollten die Bürger aktiv mit eingebunden werden, weshalb die Bunte Fraktion ergänzend beantragte, dass Bürgerversammlungen stattfinden sollten, auf denen über das Junkernheinrich-Gutachten und dessen Konsequenzen gesprochen werden soll. In der Folge könne sich eine Einwohnerbefragung anschließen. Auch das Land müsse den Prozess unterstützen, indem es Mittel zur weitgehenden Entschuldung sich auflösender Kommunen bereitstelle "und somit auch aufnahmewillige Kommunen gewonnen werden können", sagte Selzer. Nicht zuletzt müssten die politisch Verantwortlichen in der Gemeinde schon jetzt eigene Anstrengungen unternehmen, um die Haushaltskonsolidierung voranzubringen. Als eine konkrete Maßnahme schlug die Bunte Fraktion die Auflösung der Hochwald-Touristik (HTG) zum nächstmöglichen Zeitpunkt vor. Deren touristische Aufgaben könnten an die kreiseigene Tourismus-Gesellschaft oder die Tourismus-Stellen benachbarter Gemeinden übertragen werden. Henry Selzer betonte: "Wir wollen uns nicht als Kürzungs- oder Zerschlagungs-Politiker profilieren, für uns sind das die Schlussfolgerungen aus dem Junkernheinrich-Gutachten."
Widerspruch

Doch er erntete Widerspruch von den übrigen Ratsfraktionen: Wolfgang Sauer (CDU ) erinnerte daran, dass der von CDU und SPD beschlossene Haushalts-Sanierungsplan für das Jahr 2019 mit einer "schwarzen Null" schließen solle. Er warf der Bunten-Fraktion vor, mit einer Verlagerung der Diskussion in die Öffentlichkeit vor der Verantwortung zu kneifen. "Wir haben doch alle in diesem Rat von unseren Wählern einen Auftrag erhalten. Wir sehen Ihren Weg als den falschen Weg an." Gerrit Oestreich (FDP ) bekundete, er halte die Beteiligung der Bevölkerung für schwierig, "da ein kommunaler Haushalt für viele nur schwer zu durchschauen ist". Christof Adams (SPD ) sagte, bei der Einschätzung der schwierigen finanziellen Situation der Gemeinde herrsche wohl Einigkeit unter aller Ratsfraktionen. "Unsere Fraktion ist aber weiterhin der Meinung, dass unser Hauptziel der Erhalt der Gemeinde sein sollte." Gunnar Schulz (Freie Wähler ) wies darauf hin, dass seine Fraktion die jetzt vorgeschlagene Auflösung der HTG schon im Frühjahr im Rat zur Diskussion gestellt habe, doch sei dieser Vorschlag damals noch abgelehnt worden.

Die Abstimmung über die Vorschläge der Bunten Fraktion ergab dann ein eindeutiges Ergebnis: Nur die drei Mitglieder des Fraktionsbündnisses stimmten für ihren eigenen Antrag, zwei Ratsmitglieder enthielten sich, die übrigen votierten dagegen.
"Dann würde kaum noch einer im Rathaus arbeiten"


Bürgermeister Hero nimmt Stellung zur im Junkernheinrich-Gutachten so genannten strukturellen Lücke

Hero weist darauf hin, dass Weiskirchen im landesweiten Vergleich bei den Personalkosten recht gut dastehe: Platz vier bei den 14 Kommunen mit weniger als 10 000 Einwohnern

Weiskirchen.
Bürgermeister Werner Hero hat gegenüber der SZ betont, man dürfe die statistischen Berechnungen des Gutachters Junkernheinrich nicht als alleinigen Maßstab für Überlegungen zur Zukunft der Saar-Kommunen nehmen. Als Beispiel verwies er auf die so genannte strukturelle Lücke, die Junkernheinrich in seiner Studie für alle Kommunen im Land berechnet hatte. Dieser Wert stellt Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden gegenüber. Für Weiskirchen hatte Junkernheinrich diese strukturelle Lücke auf rund zwei Millionen Euro beziffert. Der Gutachter hatte diesen Wert nun in Relation zu bestimmten Kerngrößen des Gemeinde-Haushaltes gesetzt. So entspricht die strukturelle Lücke von rund zwei Millionen Euro etwa 85 Prozent der Personalausgaben der Gemeinde. Weiskirchen könnte also rein theoretisch die strukturelle Lücke durch Einsparungen an dieser Stelle schließen. Dann würde allerdings kaum noch einer im Rathaus arbeiten, und das erscheine wenig realistisch, betonte Verwaltungschef Hero.

Im Gegensatz dazu betrage die strukturelle Lücke bei Losheim mit etwa 185 000 Euro nur knapp 2,8 Prozent der Personalausgaben. Hier wäre es für die Gemeinde durchaus möglich, durch Einsparungen in diesem vergleichsweise niedrigen Umfang den Lückenschluss zu schaffen. Das andere Extrem im Landkreis stellt die Gemeinde Perl dar: Ihre strukturelle Lücke entspricht laut Junkernheinrich etwa 110 Prozent der Personalausgaben. Das heißt, selbst wenn Perl auf einen Schlag sämtliche kommunalen Bediensteten entlassen würde, bliebe die strukturelle Lücke weiter bestehen.

Hero verwies darauf, dass Weiskirchen im landesweiten Vergleich bei den Personalaufwendungen recht gut dastehe: "Wir haben bei knapp 6400 Einwohnern im Jahr 2014 Personalkosten von rund 2,4 Millionen Euro . Das sind 334 Euro pro Kopf, womit wir auf dem viertbesten Platz unter den 14 Kommunen mit weniger als 10 000 Einwohnern liegen." Im Vergleich mit allen Saar-Kommunen belege Weiskirchen Platz elf, auch das könne sich sehen lassen, fand Hero.

Zum Thema:

HintergrundGutachter Junkernheinrich war zu dem Schluss gekommen, dass zwar ein großer Teil der 52 Saar-Kommunen in der Lage sei, ihre Haushalte aus eigener Kraft zu sanieren. Dafür seien zum einen Einsparungen bei den Ausgaben erforderlich, zum anderen die Erhöhung von Steuern und Gebühren. Dadurch sieht Junkernheinrich viele Kommunen in der Lage, den "strukturellen Lückenschluss" zu schaffen. Allerdings gibt es für ihn eine Gruppe von neun Kommunen, die dies nicht bewältigen können. Zu dieser Gruppe gehört für ihn auch die Gemeinde Weiskirchen . Diese ist laut Bunte-Fraktion die zweitkleinste Gemeinde im Saarland und belaste jeden Bürger rein rechnerisch mit über 3500 Euro Schulden. cbe

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