Verhärtete Fronten an der Fußballwiese"Charakter eines öffentlichen Bolzplatzes erfüllt"

Zwei Fußballtore auf einer Wiese haben in Weiskirchen eine Nachbarschafts-Kontroverse ausgelöst, die in dem Hochwaldort hohe Wellen schlägt: Denn mittlerweile hat die Untere Bauaufsicht beim Landkreis den Eigentümer des Wiesen-Grundstücks im Wohngebiet "Auf der Pans/Auf der Heide" schriftlich aufgefordert, die Tore wieder zu entfernen - wenn dies nicht geschehe, werde dies durch eine

 Diese Wiese, zwei Tore und Fußball spielende Kinder - das sorgt in Weiskirchen für Streit unter Nachbarn. Foto: SZ

Diese Wiese, zwei Tore und Fußball spielende Kinder - das sorgt in Weiskirchen für Streit unter Nachbarn. Foto: SZ

Zwei Fußballtore auf einer Wiese haben in Weiskirchen eine Nachbarschafts-Kontroverse ausgelöst, die in dem Hochwaldort hohe Wellen schlägt: Denn mittlerweile hat die Untere Bauaufsicht beim Landkreis den Eigentümer des Wiesen-Grundstücks im Wohngebiet "Auf der Pans/Auf der Heide" schriftlich aufgefordert, die Tore wieder zu entfernen - wenn dies nicht geschehe, werde dies durch eine Verwaltungs-Anordnung so verfügt. Die Betroffenen wiederum haben an Hexennacht mit einem überdimensionalen Fußball und einem Schild nebst sarkastischer Inschrift ihren Unmut kundgetan, dass den Kindern und Jugendlichen in diesem Gebiet das Fußballspielen an dieser Stelle quasi von Amts wegen untersagt wird.Was war geschehen? Ende vergangenen Jahres hatten Gertrud Berwanger und ihr Lebensgefährte Volker Thome, die in der Straße Zum Ruwerbach in besagtem Wohngebiet leben, eine Idee: "Unser Sohn Robin ist mittlerweile acht Jahre alt und hat in letzter Zeit seine Begeisterung für den Fußball entdeckt. Er hat auch begonnen, im Verein zu spielen", erzählt Gertrud Berwanger. Also haben Robins Eltern ihm zu Weihnachten zwei transportable Leichtmetalltore geschenkt, damit er seiner neuen Leidenschaft auch außerhalb der Trainingszeiten frönen kann. Genau gegenüber vom Anwesen der Familie befindet sich eine große Wiese, die von dem Ehepaar gepachtet und auch in Schuss gehalten wird. Diese Wiese ist das mittlere von drei bislang unbebauten Wohngrundstücken, die fächerförmig in diesem Teil der Straße nebeneinander liegen. Auf dieser Wiese stellte Robin Ende Februar, als der strenge Winter vorüber war, sein neues Geschenk auf und begann mit seinen Freunden dort Fußball zu spielen.Dies wiederum war einem unmittelbaren Anlieger des Wiesengrundstücks, dem Ehepaar Doris und Peter Bergmann, gar nicht recht. "Wir haben Verständnis dafür, dass Kinder, die Fußball spielen, auch Lärm machen. Aber was hier passierte, das ist ein echter Horror", sagt Doris Bergmann, die mit ihrem Ehemann vor sieben Jahren aus Bayern nach Weiskirchen gezogen ist, gegenüber der SZ. Denn das neu geschaffene Fußballfeld habe immer mehr Kinder aus dem ganzen Ort angezogen, es sei ein regelrechter Bolzplatz entstanden. "Wir befinden uns hier in einem reinen Wohngebiet, da kann nicht jeder einfach so einen Bolzplatz auf einer Wiese einrichten", findet Doris Bergmann. "Wir haben kein Privatleben mehr, man kann dieses Geschrei, Gebrülle und Gebolze nur eine Zeit lang ignorieren", sagt die Anwohnerin, die sich ebenso wie ihr Mann im Ruhestand befindet. Zwischen drei und sechs Metern liege ihr Haus lediglich von der Grundstücksgrenze entfernt. Penibel habe Peter Bergmann seit Aufstellung der Tore Ende Februar aufgeschrieben, wie viele Kinder an jedem Tag auf der Wiese gespielt haben sollen. "Das waren bis zu 20 Kinder und Jugendliche, manche mit Trillerpfeifen ausgerüstet, und in den Ferien ging das abends auch schon mal bis 20 Uhr", klagt Doris Bergmann. Manchmal seien Kinder von ihren Eltern mit dem Auto an das Spielfeld gebracht worden, ein andermal Jugendliche mit ihren Mofas gekommen. Doris Bergmann: "Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass die Kinder von den Erwachsenen instrumentalisiert werden." Sie legt Wert darauf, dass weder sie noch ihr Mann jemals ein Kind im Ort beschimpft oder gemaßregelt habe. Aber: "Wir fühlen uns schikaniert." Dies wiederum sehen die betroffenen Eltern von Kindern aus der Straße ganz anders. "Das waren, wenn es hochkam, sechs bis acht Kinder", sagt Gertrud Berwanger. Andere Anwohner nennen gegenüber der SZ ähnliche Zahlen. "Wir haben uns zu keiner Sekunde etwas Böses dabei gedacht, wir wollten niemanden belästigen", beteuert Berwanger. Das Verhältnis zur Familie Bergmann sei stets gut gewesen, was nicht für alle Anwohner in der Straße zutreffe. Die Kinder, die auf der Wiese spielten, stammten "zu 90 Prozent" aus dem Wohngebiet. "Natürlich hat Robin auch mal Freunde aus dem Dorf zu Besuch gehabt und mit ihnen dort gespielt." Aber das Gros der Kinder komme aus dem Wohngebiet selbst. Zudem habe sich die Anfangs-Euphorie um das neue Spielfeld mittlerweile gelegt, nach Berwangers Worten kommen inzwischen weniger Kinder als noch vor einigen Wochen zum Spielen.Der Konflikt zwischen dem Ehepaar Bergmann und den anderen Anwohnern, angeblich nicht der erste in den vergangenen Jahren, eskalierte in mehreren Stufen. Doris Bergmann: "Wir haben mit den Grundstückspächtern gesprochen, ob die Tore unbedingt auf dieser Wiese aufgebaut werden müssen oder ob es nicht eine andere Lösung gibt. Die Familie besitzt ganz in der Nähe noch weitere Wiesen-Grundstücke, da könnten die Kinder doch genauso gut spielen." Weiskirchen verfüge über einen offiziellen Fußballplatz und einen benachbarten Bolzplatz. Zudem gebe es nur zwei Parzellen weiter noch eine unbebaute Wiese, auf der schon seit Jahren zwei Holztore fest installiert seien. "Warum spielen sie nicht dort? Das würde uns auch nichts ausmachen", sagt Doris Bergmann. Gertrud Berwanger erinnert sich an dieses Gespräch so: "Das Ehepaar Bergmann kam zu uns, kurz, nachdem wir die Tore dort aufgestellt hatten. Sie haben uns gefragt, wie wir uns das mit den Toren vorstellen, die könnten ja wohl nicht dort stehen bleiben." Daraufhin habe ihr Lebensgefährte, Volker Thome, erklärt, dass die Kinder dort spielen dürften, wo sie wollen. Zu dem Ansinnen der Bergmanns, die Tore auf einem anderen Wiesengrundstück aufzustellen, meint Berwanger: "Warum sollen die Kinder ein paar 100 Meter weit laufen und außerhalb des Ortes spielen, wenn direkt gegenüber von unserem Haus eine Wiese liegt?"Nun wandte sich das Ehepaar Bergmann an das Ordnungsamt der Gemeinde, das wiederum an die Schiedspersonen für Weiskirchen verwies. Von dort erhielt das Ehepaar die Auskunft, dass diese Angelegenheit im direkten Dialog mit den Eigentümern der betreffenden Grundstücke zu klären sei. Diese erhielten kurz darauf Post von Doris und Peter Bergmann, in denen sie ihr Problem mit den spielenden Kindern schilderten. Gertrud Berwanger erinnert sich: "Das Grundstück, um das es geht, haben wir von Franz-Josef Willems aus Weiskirchen gepachtet. Der hat erklärt, dass es ihm nichts ausmache, wenn die Kinder auf der Wiese spielten."Daraufhin ging das Ehepaar Bergmann noch einen Schritt weiter: In einem Schreiben an die Untere Bauaufsicht (UBA) beim Landkreis forderte Peter Bergmann Ende März die Klärung der Frage, ob das Baurecht es zulasse, dass auf der Wiese ein Bolzplatz eingerichtet worden sei. Die unbebauten Grundstücke seien am 25. Februar mit Toren ausgestattet worden und würden seitdem "intensiv fußballbespielt". In Bergmanns Schreiben ist von "täglicher Nutzung" zwischen 14 und 19 Uhr die Rede - "auch sonntags - Ausnahmen sind wetterbedingt - durch jugendliche Bewohner Zum Ruwerbach, Halbwüchsige, Mitschüler, Klassenkameraden und Elternteile aus dem Umfeld der 'Platzbetreiber'". Nach etwa vier Wochen kam von der Behörde eine Reaktion: An den Grundstückseigentümer Franz-Josef Willems ging ein Schreiben, in dem die UBA zu dem Schluss kam, dass eine Nutzung des Grundstücks als Bolzplatz nicht mit dem Charakter des Wohngebietes vereinbar sei (siehe separaten Text). Gerhard Mertes, Leiter der Bauaufsichts-Behörde, forderte in dem Schreiben den Grundstücks-Eigentümer auf, die auf der Wiese aufgestellten Tore innerhalb von zwei Tagen nach Erhalt des Schreibens zu entfernen und somit die Nutzung als Bolzplatz einzustellen.Dieser Aufforderung sind die betroffenen Anwohner nachgekommen - auf etwas spezielle Weise, wie Gertrud Berwanger erzählt: "Als die Gemeinde von dem Vorgang erfahren hat, gab es einen Anruf seitens der Verwaltung bei der UBA." Dies bestätigt auch der Weiskircher Bürgermeister Werner Hero. Dabei sei seitens der UBA die telefonische Auskunft gegeben worden, dass der Bolzplatz-Charakter der Wiese dann nicht mehr gegeben sei, wenn die Tore nach dem Spielen von der Wiese entfernt und erst wieder aufgestellt würden, wenn die Kinder das nächste Mal Fußball spielen wollten. Und so werden die beiden so folgenschweren Weihnachtsgeschenke nun Tag für Tag aufgestellt und wieder abgebaut. Aber auch das wollen die Beschwerdeführer nicht hinnehmen, bekräftigt Doris Bergmann: "Wenn das so weitergeht, müssen wir den Anwalt einschalten." Der Konflikt sei ohnehin eskaliert: "Wir sind an Hexennacht von aufgestachelten Kindern wüst beschimpft und bedroht worden." Es habe Schmierereien an ihrem Haus und dem Grundstück gegeben.Mehrere Anwohner berichten indes übereinstimmend, dass die "Dokumentationswut" des Ehepaars Bergmann viele massiv störe. Es würden ständig Fotos von den Kindern beim Spielen gemacht und Listen über deren Aktivitäten auf der Wiese geführt. "Wir müssen das dokumentieren, um die Belästigung gegenüber den Behörden zu belegen", sagt dazu Doris Bergmann. Und auch was die Vorfälle an Hexennacht betrifft, haben die übrigen Anwohner der Straße eine andere Sicht der Dinge als die beiden Ruheständler: Kopfschütteln habe ausgelöst, dass der Ehemann diesen Abend, mit einem Wasserschlauch "bewaffnet", in seiner Garage sitzend verbracht habe, um "hexende" Kinder durch Wasserspritzer zu vertreiben. Doris Bergmann erklärt hierzu: "Mein Mann wollte keine weiteren Beschädigungen an unserem Eigentum zulassen." Die Fronten scheinen verhärtet. Und es klingt ebenso viel Verwunderung wie Enttäuschung durch, wenn Gertrud Berwanger sagt: "Dass die Geschichte sich so entwickeln würde, hätten wir nie gedacht."Merzig. Gerhard Mertes, Leiter der Unteren Bauaufsicht, erläutert gegenüber der SZ, warum die Behörde bei der Prüfung der Angelegenheit zu der Auffassung gelangte, dass die Beschwerden des Ehepaars Bergmann berechtigt seien: "Auch wenn die zur Debatte stehenden Grundstücke derzeit unbebaut sind und als Wiesenflächen genutzt werden, so handelt es sich doch um Baugrundstücke in einem allgemeinen Wohngebiet." Und für Flächen innerhalb eines allgemeinen Wohngebietes sei in der Baunutzungsverordnung klar definiert, welche Nutzungen dafür zulässig seien. Neben reinen Wohngebäuden seien unter anderem Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zugelassen - nicht aber ein Bolzplatz. Darunter verstehe die Baunutzungsverordnung "eine zum Zwecke des Fußballspielens im weiteren Sinne angelegte Fläche, die die Abmessungen eines regulären Fußballfeldes erheblich unterschreitet". Dadurch, dass auf dem unbebauten Grundstück in der Straße Zum Ruwerbach zwei Tore aufgestellt worden sind, sei der Charakter eines öffentlichen Bolzplatzes erfüllt. Diese bedürften innerhalb eines allgemeinen Wohngebietes einer Baugenehmigung - die aber im Weiskircher Fall nicht vorliege.Natürlich dürften Kinder auf einem Grundstück spielen, toben und dabei auch Lärm machen, betont Mertes: "Spielen gehört zum Leben, da gibt es keine Einschränkungen." Aber: "Die intensive Nutzung des Grundstückes durch die Anlage eines Bolzplatzes stellt in diesem Fall eine nahezu ausschließliche Beeinträchtigung der unmittelbaren Anlieger dar." Mertes betonte, dass in der Angelegenheit bisher noch kein Verwaltungsbescheid ergangen sei, sein Schreiben an den Grundstückseigentümer mit der Aufforderung, die Tore zu entfernen, diene vielmehr dazu, einen solchen Bescheid zu vermeiden. "Es wäre an und für sich lachhaft, wenn wir für solch eine Angelegenheit einen Verwaltungsbescheid erlassen müssen." Wenn der Aufforderung, die Tore zu entfernen, nachgekommen werde, könne die UBA auf diesen Bescheid, gegen den dann auch Rechtsmittel eingelegt werden könnten, verzichten. "Sollten die Kinder trotzdem weiter auf der Wiese Fußball spielen und dabei zum Beispiel Kleidungsstücke als Tore nutzen, müsste dies im Fall einer erneuten Beschwerde eher unter lärmschutzrechtlichen Gesichtspunkten bewertet werden." cbe "Wir dokumentieren, um es den Behörden zu belegen."Doris Bergmann "Dass die Geschichte sich so entwickelt, hätten wir nie gedacht."Gertrud Berwanger

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