Freizeit und Kultur Stimmungsvoller Abend mit Lyrik und Harfe

Rappweiler · Name, Bild und Datum sind Bestandteil der meisten Todesanzeigen. Namen und Daten stehen auf den Grabsteinen. Aber ist das wirklich alles? Die Besucher der Jugendkirche MIA waren eingeladen, bei Harfenklängen und lyrischen Texten auf die Einmaligkeit des Lebens zu schauen - und auf seine Vergänglichkeit.

Sie verliehen den Texten Ausdruck und Lebendigkeit (von links): Schauspielerin Barbara Ullmann, Meisterin des Harfenspiels, Verena Jochum und Schauspieler Klaus Ebert. 

Sie verliehen den Texten Ausdruck und Lebendigkeit (von links): Schauspielerin Barbara Ullmann, Meisterin des Harfenspiels, Verena Jochum und Schauspieler Klaus Ebert. 

Foto: privat

„Wir sitzen alle im selben Zug“, schrieb Erich Kästner, und für jeden kommt die Station, an der er aussteigen muss. Wie sich dieses Aussteigen anfühlen kann, schildert Péter Nádas, der während eines Restaurantbesuches einen schweren Herzanfall erlitt. Von Atemnot und Todesangst überwältigt, nahm er wahr, wie die anderen Menschen sich von ihm entfernten und erkannte, dass man in der Todesstunde absolut alleine ist, sich nicht mitteilen kann, in seiner Angst nicht wahrgenommen wird, während die Erde sich einfach weiterdreht.

Die fallenden Herbstblätter von Max Feigenwinter begleitete Verena Jochum mit ihrer Harfe und ihr einfühlsames Spiel ließ den Anblick bunter Blätter lebendig werden, die sich vom Baum lösen, durch die Luft gleiten, noch einmal auf einem Windhauch tanzen, um dann, zunächst widerstrebend, aber schließlich ergeben und friedlich auf dem Boden anzukommen.

Immer wieder müssen wir erleben, dass andere plötzlich nicht mehr da sind. Von „Wortleere“ war die Rede, aber auch von der Gnade des Schweigens, von dem Bedürfnis, eine Verstorbene warm zuzudecken, weil sie während ihrer letzten Lebenstage so sehr gefroren hatte, von einer sterbenden Mutter, die ihrem Kind aufträgt, das Lied, das sie begann, weiter zu singen: „Ich werde fortgehen, doch du sollst leben und heiter sein.“

Manche Zeitgenossen können dem Tod auch eine humorvolle Seite abgewinnen, so Wilhelm Busch, der einen „Unentbehrlichen“ bedichtete oder Joachim Ringelnatz mit seinem „Gesellenstück“.

Angesichts des Todes ist es eine der schwersten Aufgaben, die Unvollständigkeit des eigenen Lebens zu erkennen und zu akzeptieren. So schreibt Jenna Golda über das „Gemälde ihres Lebens“, das sie am liebsten ausradieren würde, mit anderen Farben malen und vor allem ohne die Flecken, die sie beim Betrachten darauf entdeckt hatte.

Und schließlich die Trauer, der „ungebetene Gast“, der es sich im Wohnzimmer unseres Empfindens gemütlich macht, viel Platz einnimmt und nicht wieder fortgehen will, der Zorn auf „die da oben“, die uns alleine gelassen haben, beraubt um ein Leben, das viel schöner war, als sie noch hier unten bei uns weilten. „Habt ihr da oben irgendwas vor?“, schrie der Schauspieler Klaus Ebert hinauf zu der im Dunkel liegenden Kirchendecke. Er und seine Kollegin Barbara Ullmann ließen durch ihre meisterhafte Interpretation die Inhalte der Texte lebendig werden, und das Harfenspiel führte die Zuhörer aus ihrem Alltag fort und tief in sich selbst hinein.

Der Abend war im Rahmen der Merzig-Waderner Hospizgespräche von Jürgen Burkhardt, Rainer Stuhlträger, Karin Ebert und Karin Jacobs gemeinsam konzipiert worden. Veranstalter waren das Dekanat Merzig, der Pastorale Raum Wadern, die Ambulanten Hospiz- und Palliativberatungszentren der Caritas, die Katholische Erwachsenenbildung Saar-Hochwald und die Jugendkirche MIA.

Als der letzte Harfenton verklungen war, geschah etwas, was in einer Kirche eher selten vorkommt: Es gab minutenlangen Applaus. 

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