„Niemand kann mehr arbeiten, als er imstande ist“

Weiskirchen · Die aktuelle Diskussion um die künftige Aufgabenverteilung zwischen Bund, Land und Kommunen und die finanzielle Situation der verschiedenen Verwaltungsebenen schlägt auch vor Ort Wellen. In den vergangenen Tagen hatte etwa der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), Volker Giersch, einen stärkeren Personalabbau in den öffentlichen Verwaltungen gefordert, um die Ausgabenlast der öffentlichen Hand zu mindern. Auch hatte Giersch angeregt, das Angebot an Schwimmbädern, Sportstätten und Mehrzweckhallen in den Kommunen auf den Prüfstand zu stellen (SZ vom 22. August).

Insbesondere die Forderung von IHK-Geschäftsführer Volker Giersch nach einem vermehrten Personalabbau stößt vor Ort auf heftigen Widerstand. So lehnt gegenüber der SZ Christian Diedrich, Vorsitzender des Personalrats in der Gemeinderverwaltung von Weiskirchen , diesen Vorschlag rundheraus ab. "Hier werden Forderungen ohne Sinn und Verstand in den Raum geworfen", erklärt Diedrich. Die IHK betrachte das Thema zu einseitig. Fakt ist aus seiner Sicht, dass die defizitären Kommunen im Rahmen der auferlegten Haushaltssanierungspläne ihr Personal bereits reduzieren, wo sie nur können. "Die Restriktionen seitens der Landesregierung an die verschuldeten Kommunen sind sehr deutlich." Als Folge davon seien die betroffenen Städte und Gemeinden gezwungen, unter allen Umständen genehmigungsfähige Haushalte aufzustellen. Diedrich: "Auch das Personal ist hiervon nicht ausgeschlossen." Verschuldete Kommunen wie Weiskirchen reduzierten vor dem Hintergrund der Schuldenbremse bereits ihr Personal, "wo es nur geht". In den Verwaltungen würden Stellen abgebaut und deren Aufgaben auf andere Bedienstete übertragen. "Das alles hat aber auch seine Grenzen. Niemand kann mehr arbeiten, als er zu leisten imstande ist. Als Folge davon steigen die Unzufriedenheit und die gesundheitliche Belastung", kritisiert Diedrich.

Eine weitere Tatsache, die zur Kenntnis zu nehmen sei, "ist die ständige weitere Aufgabenübertragung von Bund und Land auf die Kommunen". Oftmals interessiere es die Verantwortlichen nicht, wie die Kommunen das alles noch leisten sollen. Als Beispiel hierfür nennt der Personalratsvorsitzende der Kurgemeinde den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Auch das führe nahezu zwangsläufig zu einem Anstieg der Belastungen durch Personalausgaben in den Kommunen: "Hier werden die Kommunen gezwungen, mehr Personal in den Betreuungseinrichtungen einzustellen, ohne dass dies von den Kommunen gewollt ist und ohne finanziellen Ausgleich."

Daher seien Forderungen, wie sie IHK-Geschäftsführer Giersch erhebe, für Diedrich "absolut illusorisch". Der Personalratsvertreter: "Giersch sollte selbst mal in einer hoch verschuldeten Kommune wie Weiskirchen an der Front arbeiten und selbst sehen, mit welchen Problemen das Personal zu kämpfen hat. Dann würde er sich zweimal überlegen, mit solchen abstrusen Forderungen an die Öffentlichkeit zu gehen."

Forderungen nach noch mehr Personalabbau seien "ein Schlag ins Gesicht und eine Geringschätzung aller derjenigen Bediensteten, die trotz der immer stärkeren Arbeitsbelastung stets den Dienstbetrieb in den Rathäusern aufrecht erhalten müssen und dabei immer unzufriedener werden". Eine derartige Behandlung habe niemand verdient, findet Diedrich. Und abschließend: "Zufriedene Arbeiter sind produktive Arbeiter. Diesen Satz sollten sich mal die Kritiker durch den Kopf gehen lassen."

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