Kosten für Kinderbetreuung steigen deutlich

Weiskirchen · In den vergangenen Jahren lagen die Elternbeiträge in der Gemeinde Weiskirchen auf einem relativ moderaten Niveau. Umso drastischer schlägt die geplante Neueregelung zu Buche – vor allem für Familien mit vielen Kindern.

Müssen Eltern in der Gemeinde Weiskirchen bald bis zu 40 Prozent mehr für die Betreuung ihrer Kinder in Kindertagesstätten zahlen? Diese Frage treibt seit Wochen die Kurgemeinde um - und war am Montag Gegenstand einer Informationsveranstaltung, zu der der CDU-Gemeindeverband Eltern und Erziehungspersonal eingeladen hatte. Auch Vertreter anderer politischer Kräfte im Gemeinderat nahmen daran teil, ebenso Rainer Borens, Geschäftsführer der Kita gGmbh, der Trägergesellschaft von vier der fünf Weiskircher Kindergärten. Thorsten Willems, Vorsitzender der CDU Weiskirchen , sagte, bei der Ratssitzung, in der es um dieses Thema ging, sei den Eltern nicht genug Gehör verschafft worden. "Darum haben wir es für notwendig erachtet, diese Veranstaltung zu machen."

Rückblick: Anfang Februar hatte der Gemeinderat seine Zustimmung zu einer geplanten Vereinbarung zwischen Gemeinde und Kita gGmbh verweigert. Durch die Vereinbarung würde die Gemeinde über einen Zeitraum von fünf Jahren darauf verzichten, die Höhe der Elternbeiträge selbst festzusetzen. Dies wäre allein Sache der Kita gGmbh. Diese hat bereits eine überarbeitete Beitragstabelle aufgestellt - die für viele Eltern eine deutliche Mehrbelastung bedeuten würde (siehe separaten Text). Dagegen regt sich der Widerstand bei den Betroffenen.

Auf der Infoveranstaltung am Montag erläuterte Thorsten Willems, warum die Gemeinde über den Abschluss der umstrittenen Vereinbarung nachdenkt. Die finanzielle Situation der Kommune ist so desolat, dass ihr Haushalt vom Landesverwaltungsamt (LaVa) genehmigt werden muss. Das LaVa habe angesichts eines Schuldenberges von etwa 30 Millionen Euro Auflagen für die Genehmigung gemacht. Die Gemeinde ist gehalten, bis 2020 jedes Jahr 160 000 Euro an Ausgaben einzusparen, sagte Willems. "Verwaltung und Gemeinderat stehen unter dem Druck, alles auf den Prüfstand zu stellen."

Bislang subventioniere Weiskirchen die Elternbeiträge für Kita- und Krippenbereuung mit etwa 80 000 Euro im Jahr. Dadurch konnten Familien mit drei und mehr Kindern von Betreuungskosten für das dritte und vierte Kind befreit werden. Auch lagen die Beiträge bislang so niedrig, dass der Kostendeckungsgrad beim gemeindlichen Anteil an den Personalkosten bei nur 18,5 Prozent lag. Willems: "Diese Subventionierung ist eine freiwillige Leistung, die kann und darf sich die Gemeinde nicht mehr leisten." Gesetzlich möglich wäre ein Kostendeckungsgrad von 25 Prozent. Diesen Satz müsse die Kommune nach den Vorgaben der Genehmigungsbehörde künftig ausschöpfen, so Willems. Das würde zu einem noch drastischeren Anstieg der Elternbeiträge führen.

Durch die vorgesehene Vereinbarung mit der Kita gGmbh könnte man den Beitragsanstieg abdämpfen. Die Trägergesellschaft würde eine Art Quersubventionierung vornehmen: Einrichtungen in anderen Kommunen mit einer hohen Auslastung und vielen Gruppen, die wirtschaftlich gut dastünden, könnten jene mit wenigen Gruppen und schlechteren Kostenstrukur mitfinanzieren. Aber selbst wenn der Gemeinderat sich unter dem Druck der Proteste aus der Elternschaft entscheiden würde, die Vereinbarung nicht abzuschließen, sei eines klar, so Willems: "Wir kommen um eine Erhöhung der Beiträge nicht herum." Die Beiträge seien seit 2011 nicht mehr angepasst worden sind - ungeachtet der Tatsache, dass es seither Tarifanpassungen für das Betreuungspersonal gegeben habe - was die Kosten erhöht. Willems wies darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe, je nach Einkommenssituation eine teilweise oder vollständige Übernahme der Elternbeiträge beim Kreisjugendamt zu beantragen.

Die SPD-Fraktion im Gemeinderat macht sich für eine Übergangsregelung bei der Erhöhung der Elternbeiträge stark: Grundsätzlich befürwortet die SPD den Abschluss der Vereinbarung mit der Kita gGmbh zu den vorgesehenen Beitragssätzen, die ab 1. April gelten soll. Um Härten zu vermeiden, soll im kommenden Kindergartenjahr aber die Gemeinde die Hälfte der dann fälligen Beiträge für die Betreuung eines dritten Kindes (bislang kostenfrei) tragen. Für die Übergangszeit (1. April bis 1. August) soll es mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde eine leichte Ermäßigung bei den normalen Beitragssätzen sowie eine deutlichere Absenkung beim so genannten kurzen Ganztagsplatz geben. Das dritte und weitere Kinder bliebe in diesen vier Monaten beitragsfrei. Die SPD hat dies als Antrag in den zuständigen Ausschuss des Rates eingebracht.



Bisher war es in Weiskirchen so, dass der monatliche Beitrag für einen so genannten Regelplatz (Betreuungszeit: 7.45 Uhr bis 12.15 Uhr und 14 bis 16 Uhr) mit 77 Euro ebenso hoch ist wie für einen "kurzen Ganztagsplatz" (Betreuungszeit: 7.30 Uhr bis 14 Uhr mit Mittagessen.

Das hatte die Gemeinde bei der Festlegung der Kita-Gebühren so beschlossen. Allerdings seien die entstehenden Kosten bei dieser Betreuungsvariante höher, sagte Rainer Borens von der Kita gGmbh, weil wegen des darin enthaltenen Mittagessens auch Kosten für Hauswirtschaftsleistungen anfallen würden. In dem Gebührenmodell der Kita gGmbh, das nach den Worten von Borens in allen Kommunen des Landes gilt, in denen die Trägergesellschaft selbst die Gebühren festsetzen kann, ist darum für die Betreuungsform "kurzer Ganztagsplatz" ein monatlicher Beitrag von 107,80 Euro vorgesehen - gut 40 Prozent mehr als zuvor.

Aber die Gebühren steigen auf breiter Front: Für den Regelplatz würden statt bislang 77 Euro künftig 89,60 Euro fürs erste Kind fällig. Wer sein Kind über drei Jahre von 7 bis 17 Uhr in der Ganztagsbetreuung belässt, müsste künftig 165,20 Euro statt 139 Euro zahlen. Ein Krippenplatz für Kinder unter drei Jahren würde beim ersten Kind mit 223,40 Euro (Betreuungszeit: 7.30 Uhr bis 14 Uhr) statt 189 Euro respektive mit 303,20 Euro (Betreuungszeit 7 bis 17 Uhr) statt 273 Euro zu Buche schlagen.

Besonders drastisch wirkt sich im Gebührenkonzept der Kita gGmbh der Wegfall der Gebührenbefreiung ab dem dritten Kind aus: Nach dem Willen der Gemeinde müssen Familien, die drei Kinder in den Weiskircher Kitas betreuen lassen, fürs dritte Kind bislang nichts bezahlen. Wenn die Übereinkunft mit der Kita gGmbH zustande kommt, sind künftig in allen Betreuungsmodellen monatliche Beiträge fällig - diese gehen bis hin zu 151,60 Euro für einen Krippenplatz.

Drastischere Steigerung denkbar

Wenn die Gemeinde, wie vom Landesverwaltungsamt gefordert, den gesetzlich möglichen Kostendeckungsgrad von 25 Prozent der Personalkosten auf die Elternbeiträge umlegen würde, dann würden diese nach Berechnungen des Kindergartenträgers Kita gGmbh gleichwohl noch drastischer steigen: Für einen Regelplatz wären dann statt 77 Euro künftig 112 Euro monatlich fällig.

Der kurze Ganztagsplatz mit Mittagessen würde mit 131,80 Euro statt bislang 77 Euro zu Buche schlagen - ein Plus von satten 71 Prozent. Für einen Ganztagsplatz in der Kita mit Betreuungszeiten von 7 bis 17 Uhr müssten Eltern statt 139 Euro dann 202 Euro im Monat zahlen. Bei der Krippenbetreuung gäbe es einen Sprung von 189 auf 276 Euro (kurzer Ganztagsplatz) beziehungsweise von 273 auf 398 Euro (Ganztagsplatz). Alle Angaben beziehen sich hierbei auf die Beiträge für das erste Kind. cbe Erwartungsgemäß stießen die Ausführungen der Vertreter aus der Kommunalpolitik und vom Kindergartenträger bei den Betroffenen auf wenig Begeisterung. "Wir Eltern sollen die Hälfte von dem Betrag erbringen, den die Gemeinde pro Jahr einsparen soll. Das ist nicht gerecht", urteilte eine Mutter angesichts der Erklärung von CDU-Mann Thorsten Willems, dass Weiskirchen pro Jahr 160 000 Euro einsparen muss. Andere kritisierten, dass es die Gemeinde über Jahre versäumt habe, die Beiträge an die Einkommensentwicklung für die Erzieherinnen anzupassen: "Man hätte viel früher anfangen müssen, die Beiträge zu erhöhen, dann wäre der Anstieg jetzt nicht so drastisch." Ein Kritikpunkt, zu dem der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Gemeinderat, Christof Adams, offen einräumte: "Den Schuh müssen wir uns anziehen." Insbesondere die SPD habe sich in der Vergangenheit gegen eine Anpassung der Beiträge ausgesprochen.

Aus den Reihen der Betroffenen wurde auch die Frage nach möglichen Alternativen aufgeworfen: "Gibt es denn keine andere Möglichkeit, Geld einzusparen?", wollte eine Mutter wissen. Wiederholt wurden Forderungen laut, statt bei den Elternbeiträgen eher bei den Ausgaben für die Hochwald-Touristik, die gemeindeeigene Tourismus-Gesellschaft, zu kürzen - ein Vorschlag, der auch von den Vertretern der Freien Wähler im Gemeinderat unterstützt wurde. Nach den Worten von SPD-Mann Christof Adams stehen wegen der dramatischen Haushaltslage in der Kurgemeinde noch weitaus gravierendere Einschnitte bevor: "Bei uns steht unter anderem auf dem Tableau die Schließung des Freibades, die Erhöhung der Grundsteuer oder die Streichung von Zuschüssen an die Gemeinde." Auch die Seniorennachmittage für ältere Mitbürger seien bereits dem Rotstift zum Opfer gefallen. Doch all diese Argumente konnten den Unmut der Eltern nur wenig dämpfen: "Kinder sind doch unsere Zukunft, warum muss man dann Familien so stark belasten?", brachte es eine Mutter auf den Punkt.

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HintergrundRainer Borens, kaufmännischer Geschäftsführer der Trägergesellschaft Kita gGmbh, erklärte auf der Versammlung, dass es eine Subventionierung der Elternbeiträge lediglich im Kreis Merzig-Wadern sowie einigen Kommunen im Kreis Saarlouis gebe. Weiskirchen sei dabei mit seinen bisherigen Beitragssätzen "eine der familienfreundlichsten Kommunen im Saarland" gewesen. Das gelte auch für die Standort-Struktur: Der Gemeinderat habe beschlossen, in jedem der großen Ortsteile (außer Weierweiler) eine Kindertagesstätte mit Krippenplätzen vorzuhalten. Das führe zu einer relativ ungünstigen Kostenstruktur der Weiskircher Einrichtungen: Zum einen wären diese mit zwei respektive drei Kita-Gruppen vergleichsweise klein. Zudem sei es vergleichsweise komfortabel, dass es an jedem Standort auch Krippengruppen gibt. "Das hätte man auch räumlich zentrieren können", sagte Borens. Der Geschäftsführer der Kita gGmbh räumte ein, dass die nächste Beitragserhöhung im Sommer bevorsteht. "Wir hatten im März eine Tariferhöhung um 2,4 Prozent, je nach Auslastung in den Einrichtungen werden die Beiträge zum 1. August zwischen 2,4 bis fünf Prozent steigen." Weiskirchen sei nicht die einzige Kommune, in der die Kita-Beiträge deutlich anstiegen: "In Schmelz kostet ein Regelplatz 97 Euro . Lebach hat die Beiträge gar für sechs Wochen rückwirkend erhöht." cbe

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