Tag der Artenvielfalt Nächtlicher Flugbetrieb an der Lichtfalle

Weiskirchen · Bei der Exkursion im Naturpark Saar-Hunsrück konnten die Insektenforscher 130 Arten identifizieren. Anlass war der Tag der Artenvielfalt. Ob da die richtige Kleidung eine Rolle spielte?

 Warten auf die Fluginsekten an der Lichtfalle. Von links: Michael Münch, Martin Behnke, Barbara Schartz und Andreas Werno.

Warten auf die Fluginsekten an der Lichtfalle. Von links: Michael Münch, Martin Behnke, Barbara Schartz und Andreas Werno.

Foto: Ackermann Dieter

Das kurzärmelige T-Shirt schien für die abendliche Hochwald-Exkursion an einem schönen Sommerabend die richtige Wahl – war es aber eindeutig nicht! Eingeladen hatte die Delattinia, die Naturforschenden Gesellschaft des Saarlandes in Kooperation mit dem Umwelt-Ministerium und dem Naturpark Saar-Hunsrück zum „Tag der Artenvielfalt“ ins Naturpark-Informationszentrum Weiskirchen.

Schon am Freitag starteten die Thementage mit einer Fledermaus-Exkursion und einer Fangaktion zur fliegenden Artenvielfalt bei Nacht. Die versprochenen „Lichtfallen“ der Insektenforscher, die im Fachjargon Entomologen genannt werden, zogen mich an wie das Licht die Motten. Während eine Teilnehmergruppe Rolf Klein auf der Suche nach den Fledermäusen – ausstaffiert mit handygroßen Detektoren – folgte, schloss ich mich dem Nachtfalterexperten Andreas Werno vom Umweltministerium und dem Tagfalterfachmann Michael Münch sowie den beiden engagierten Hobbyforschern Martin Behnke und Barbara Schartz an.

Als wir vom Infozentrum des Naturparks in Richtung Schimmelkopf ausschwärmten, zeigte die Uhr die 22. Stunde und das Thermometer etwa zwölf Grad Celsius an. Geführt von Andreas Werno zitterten wenig später die Scheinwerferkegel unserer Autos über einen holprigen Waldweg mitten im Hochwald. Als meine vier Begleiter dort erst mal langärmelige Jacken mit Kapuzen überzogen, dachte ich mir noch nichts dabei. Erst mal wurde ausgepackt. Über mehrere Lichtquellen stülpten die Experten ein weißes Netz, das in gleißendem Licht erstrahlte, sobald ein mitgebrachter Flüstergenerator für den dafür erforderlichen Strom sorgte.

 Hier wurde eine Fliegenart am Netz der Lichtfalle gefangen und kann nun in Ruhe betrachtet werden.

Hier wurde eine Fliegenart am Netz der Lichtfalle gefangen und kann nun in Ruhe betrachtet werden.

Foto: Ackermann Dieter

Dann prüften sie die Windrichtung – die nächtlichen Flieger sollen wohl in der Regel gegen den Wind heranbrummen. Akribisch notiert wurde auch die inzwischen auf acht Grad abgesunkene Temperatur. Und während ich mich bereits fragte, ob eine langärmelige Jacke nicht vielleicht doch die bessere Wahl gewesen wäre, machten es sich meine Begleiter auf ausgelegten Decken gemütlich. Inzwischen war es stockdunkel – und schon kamen die von den Naturschützern erhofften großen und kleinen Brummer. Während die Forscher geschickt anfingen, die Fluginsekten an dem weiß von innen angestrahlten Netz in kleinen Glasröhrchen einzufangen, gewann ich auf einmal das Gefühl, diese Tierchen interessierten sich mehr für meine unbedeckten Arme und meine hohe Stirn als für die Lichtfalle.

Auf Zuruf notierte Werno die lateinischen Namen der von allen Seiten anfliegenden Insekten, die von den zwei Hobbyforschern zum Teil erst nach schnellen Blicken in mitgebrachte Bücher zur Artenbestimmung identifiziert werden konnten. Exakt notierte er alle Beobachtungen, sodass sich seine Liste wie von Zauberhand ruckzuck füllte. Als beobachtender Laie konnte ich mich nur über die dabei bewiesenen Artenkenntnisse wundern. Aber ich war ja auch obendrein gut damit beschäftigt, mir die Mücken, Nachtfalter und was mich da sonst noch so zur Zwischenlandung nutzte, mehr schlecht als recht vom Leib zu halten.

 Dieser Kleine Weinschwärmer wartet an der Lichtfalle darauf, von den Forschern registriert zu werden.

Dieser Kleine Weinschwärmer wartet an der Lichtfalle darauf, von den Forschern registriert zu werden.

Foto: Ackermann Dieter

Das Forscher-Quartett war jedenfalls fasziniert dabei, die anfliegenden Arten zu identifizieren. Und wenn dabei der eine oder andere „Flieger“ als eher seltener Vertreter seiner Art erkannt wurde, dann griffen die vier gleich fast hektisch zu den bereitliegenden Glasröhrchen, um die damit gefangenen Exemplare auch exakt bestimmen und in die Liste eintragen zu können. Als sie gegen 1.30 Uhr ihre Zelte abbrachen, umfasste die Liste rund 130 Arten. Andreas Werno und Michael Münch versicherten mir, dass im Zuge des Klimawandels kälte-tolerante Arten eher abwandern, während wärmeliebende Insekten ins Saarland zuwandern.

Bis gegen 1.30 Uhr am frühen Samstagmorgen hielt das Forscher-Quartett den nächtlichen Flugbetrieb mitten im Hochwald unter Kontrolle. Zugegeben – so lange hielt ich es in meinem T-Shirt aus den erwähnten Gründen nicht aus. Und als ich mich vorzeitig mit dem Auto nach Hause verabschiedete, kommentierte ich das Ende mancher Mücke – oder war es ein Nachtfalter? – an meiner Windschutzscheibe etwas profan mit den Worten: „Das hast du jetzt davon!“.

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