Im Kurhaus sitzt ein emsiger Werber für Weiskirchen

Friedrichsthal/Weiskirchen. Der Arbeitsplatz von Michael Diversy ist außergewöhnlich. Der 48-jährige Friedrichsthaler ist nämlich der einzige Kurdirektor des Saarlandes und sitzt fast logischerweise im einzigen echten Kurhaus des Landes, und zwar im "Haus des Gastes" im Heilklimatischen Kurort Weiskirchen

Friedrichsthal/Weiskirchen. Der Arbeitsplatz von Michael Diversy ist außergewöhnlich. Der 48-jährige Friedrichsthaler ist nämlich der einzige Kurdirektor des Saarlandes und sitzt fast logischerweise im einzigen echten Kurhaus des Landes, und zwar im "Haus des Gastes" im Heilklimatischen Kurort Weiskirchen. Es ist ein modernes, elegantes Gebäude der Architekten Hepp und Zenner, Saarbrücken und Saarlouis, das an Stelle des früheren Hotels Antz errichtet wurde. Anfangs war es im Ort sehr umstritten, inzwischen gewinnen es immer mehr Leute lieb. Hierher kommen auch die Einheimischen zum Bier oder zum Jazz-Frühschoppen. Offiziell ist Michael Diversy "Geschäftsführer der Hochwald Touristik GmbH", einer Tochter der Gemeinde. Im Ort wird er aber oft "Kurdirektor" gerufen, zugegebenermaßen ohne die Ehrfurcht, die in etablierten Kurorten bei der Nennung solch einer herausragenden Position mitschwingt. Diversy gesteht, dass er den "honorigen Klang" in der Berufsbezeichnung schön finde, andererseits aber auch keinen Wert darauf lege. Seine Aufgabe ist schließlich auch nicht das Repräsentieren auf dicken Teppichen.Die jährlich 200 000 Übernachtungen im Ort stehen kaum noch im Zusammenhang mit klassischen Kuren; die Gäste kommen zur Rehabilitation in die Klinik und zum Aktivurlaub. Der Kurdirektor und sein kleines Mitarbeiter-Team sind die Organisatoren des gesamten Tourismus sowie des gemeindlichen Kulturprogramms, sie verantworten Marketing und neue Produkte, sie schaffen als Wirtschaftsförderer einen Rahmen, in dem die privaten Anbieter die Wünsche der Klientel erfüllen. Diversy nennt sie "Leistungsträger" und geht so oft zu ihnen raus, wie er nur kann. Im üppig verglasten Büro mit der Aussicht auf den Kurparkweiher fallen ein paar edle USM-Haller-Regalteile auf, das meiste Mobiliar und der schwarze Filzteppich, alles praktisch und hübsch, stammen aber von Ikea, wie der Hausherr erklärt. Metallflächen werden benutzt, um mit Magneten Erinnerungszettel anzubringen. Es gibt keinen Stempel zum Stempeln von irgendwas. Auf dem sehr großen Schreibtisch viel Papier, das zu ordentlichen Stapeln geordnet ist. Der Computer ragt mit seiner Stattlichkeit hervor. "Ein typisches Management-Büro", bringt es der gelernte Diplom-Betriebswirt und bekennende Nicht-Beamtentyp Michael Diversy auf den Punkt. Sein Vater ist übrigens der ehemalige Arbeitskammer-Präsident Lothar Diversy.Verheiratet ist er mit einer Landesbeamtin. Seit 1992 ist Diversy in Weiskirchen tätig, zunächst in der Klinik, danach im Hotel. Er liebt den Ort und findet die Bewohner "klasse". Der Kurdirektor trägt dunkle Jeans und weißes Hemd, sportlich-korrekt, aber bewusst nicht edel, denn: "Man darf nicht eleganter sein als die Gäste", das mache keinen guten Eindruck. 50 Kilometer beträgt die Strecke vom Heimat- und Wohnort Friedrichsthal nach Weiskirchen. Diversy, der die Distanz zwischen Arbeit und Wohnen mag, legt die Strecke in seiner barocken amerikanischen Limousine zurück, ein zweiter Arbeitsplatz und eine Art rollendes Kurhaus, aber mit nur sieben Litern Spritverbrauch und extrem niedrigen Unterhaltskosten, schwärmt der Halter.

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