Merzig-Wadern Spannende Lesezeit unterm Christbaum

Merzig/Wadern · Bücher sind immer gerne gesehene Geschenke zur Weihnachtszeit. Buchhändlerinnen aus dem Landkreis haben ein paar Tipps.

 Die Buchhändlerinnen vom Bock & Seip in Merzig Marion Liese (links) und Oranna Kaspar (rechts) empfehlen den Lebensfreunde Kalender und das Hörbuch von Juli Zeh „Neujahr“ und das Erstlingswerk von Schauspieler Christian Berkel „Der Apfelbaum“.

Die Buchhändlerinnen vom Bock & Seip in Merzig Marion Liese (links) und Oranna Kaspar (rechts) empfehlen den Lebensfreunde Kalender und das Hörbuch von Juli Zeh „Neujahr“ und das Erstlingswerk von Schauspieler Christian Berkel „Der Apfelbaum“.

Foto: Tina Leistenschneider

Ob fantasievolle Welten, mittelalterliche Abenteuer oder nervenzerreißende Thriller: Bücher regen die Vorstellungskraft ihrer Leser an und führen sie zu den unterschiedlichsten Orten und Zeiten. Nicht ohne Grund zählen sie zu den beliebtesten Geschenken an Weihnachten. Welche dieses Jahr nicht unter dem Weihnachtsbaum fehlen dürfen, haben uns die Buchhändler im Landkreis erzählt.

In der Bücherhütte in Wadern weiß Beatrice Schmitt ganz genau, welches Buch unter ihrem Baum liegen muss: „Mittagsstunde“ von Dörte Hansen. „Das ist mein Buch des Jahres“, schwärmt Beatrice Schmitt, Inhaberin der Bücherhütte. Neben der Geschichte über das Verschwinden einer bäuerlichen Welt, von Verlust, Abschied und von einem Neubeginn, ist es gerade die treffsichere Sprache der Autorin, die der Buchhändlerin so zusagt. „Für mich war ihr Erstlingswerk ‚Altes Land‘ bereits bemerkenswert“, erzählt Schmitt, „aber ‚Mittagsstunde‘ ist nochmal besser erzählt. Der Autorin gelingt es, die Befindlichkeiten der Figuren auf den Punkt klar zumachen“. „Mittagsstunde“ erzählt die Geschichte von Ingwer Feddersen, der in sein Heimatdorf zurückkehrt und dort seine Großmutter Ella trifft, die dabei ist, ihren Verstand zu verlieren, während Großvater Sönke in seinem alten Dorfkrug die Stellung hält. Wann hat der Niedergang der bäuerlichen Welt begonnen? War es, als die großen Höfe wuchsen und die kleinen starben? Als Ingwer zum Studium nach Kiel ging und den Alten mit dem Gasthof sitzen ließ? Als Kalender für 2019 empfiehlt Beatrice Schmitt den Literatur- und Kunstkalender der Nobelpreisträgerin für Literatur von 2009. Spielerisch fertigte Herta Müller zwölf poetische Collagen aus „gefundenen“ Wörtern und Wortschnipseln zusammen, die sie aus Druckschriften ausschneidet und katalogisiert. Die Gedichtbilder neigen zum Zynismus, seien aber, wie Schmitt findet, sehr realistisch.

Einen kulinarischen Krimi serviert Carsten Sebastian Henn mit „Der letzte Whisky“, das ist die Empfehlung der Buchhändlerin als Hörbuch zu Weihnachten. Der Autor liest die Kriminalgeschichte über eine gefundene Moorleiche in Schottland selbst, verleiht jeder Figur seine eigene Stimme und „begeistert damit total“, erzählt Beatrice Schmitt. Gerade den hochnäsigen ermittelnden Professor tritt der Autor stimmlich „perfekt“, wie Beatrice Schmitt verrät. Das Hörbuch umfasst zehn CDs mit einer Laufzeit von über elf Stunden.

Ingrid Röder von der Roten Zora in Merzig empfiehlt als Hörbuch „NSA – Nationales Sicherheits-Amt“ von Andreas Eschbach. Das Buch befasst sich mit der Idee, dass es im Dritten Reich schon Computer gegeben habe sowie der totalen Überwachung durch Internet, E-Mails, Mobiltelefone und sozialen Medien. Im Mittelpunkt steht die Programmiererin Helene, in der sich Zweifel regen, nachdem die Liebe ihres Lebens Fahnenflucht begeht und untertaucht. Das Buch sei „sehr gut geschrieben und gut zu hören“, sagt Röder. Es spielt mit der Vorstellung, was damals mit der Technik von heute möglich gewesen wäre. Für Röder hätte das in einem viel größeren Denunziantentum resultiert, da es einfacher gewesen wäre, Leute zu verraten. Als Hörbuch umfasst es insgesamt zehn CDs mit einer Laufzeit von über elf Stunden und wird von Laura Maire gelesen, die 2011 und 2014 den Deutschen Hörbuchpreis in der Kategorie „Beste Interpretin“ gewann.

Denen, die lieber lesen statt zuhören, legt Röder „Der Wellenreiter“ von Dirk Knipphals ans Herz. Darin geht es um Albert, der in den 7oern aus dem bürgerlichen Idyll eines Vororts im hohen Norden ausbrechen möchte. Er entdeckt die Literatur der Erwachsenen für sich und setzt sich zum Ziel, Schriftsteller zu werden. Die rebellische Katrin bringt dann sein Leben durcheinander, doch sein bester Freund Martin scheint bessere Karten bei ihr zu haben.

Und beim Rasenmähen auf dem Nachbargrundstück macht er eine Entdeckung, die ihn erahnen lässt, dass sich auch hinter den idyllischen Gardinen seines Vororts Tragödien abspielen. Das Buch befasst sich mit Jugendlichen in der Pubertät, dem daraus resultierenden Umbruch beim Erwachsenwerden und damit, welche Bedeutung Literatur für die Menschen hat. Es ist Knipphals‘ Romandebüt.

Röders Tipp für einen Wandkalender ist „Der literarische Frauenkalender 2019“ von Brigitte Ebersbach. Der Wochenkalender stellt 53 Frauen vor, die im „Jahr der Frauen 1919“ Bedeutsames leisteten. Jedes Kalenderblatt bietet Zitate und Bilder, widmet sich Frauen wie Rosa Luxemburg, Coco Chanel und Marie Curie. Woche für Woche lässt sich so ein Stück Kulturgeschichte erleben.

Für Röder ist der Kalender der ideale Begleiter im Jahr 2019, dem „Jahr der Frauen“, in dem sich die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts in Deutschland zum 100. Mal jährt.

Sich jede Woche etwas Gutes tun kann man Oranna Kaspar zufolge mit dem Lebensfreude-Kalender. „Die Sprüche sind lebensbejahend und tun jedem gut“, sagt die Buchexpertin bei Bock & Seip in Merzig. Doris Wolf und Rolf Merkle motivieren, geben Tipps und schenken Zuversicht. Den Wandkalender gibt es auch als Tischkalender, „so dass man ihn immer in der Nähe haben kann“, wie Kaspar erzählt.

Ins Schwärmen gerät die Buchhändler über das Debüt von Christian Berkel, Schauspieler und „Der Kriminalist“ im ZDF. Für seinen Roman „Der Apfelbaum“ spürte Berkel nach den Wurzeln seiner Familie, besuchte Archive und reiste um die Welt. Angefangen hat für Berkel alles auf dem Apfelbaum im Garten seiner Eltern, auf dem er früher wie auf einer Bühne sein schauspielerischen Talent dem Besuch der Eltern vorführte.

Als eines Tages ein Mann aus Amerika kommt, erwartet er, ihn Englisch sprechen zu hören, doch er irrt. Der Unbekannte spricht Deutsch und erzählt ihm, dass er als Jude vor den Nationalsozialisten fliehen musste. „An diesem Tag erfährt Christian Berkel selbst von seinen jüdischen Wurzeln und es geht etwas in ihm kaputt“, erzählt Oranna Kaspar. „Er weiß nicht mehr, wer er ist und macht sich auf die Suche danach“. Mit einem Vorwort auf dem Titelbild „adelt“ Daniel Kehlmann das Buch, wie die Buchhändlerin  findet.

Als Ohrenschmaus empfiehlt ihre Kollegin Marion Liese das Hörbuch zum Roman „Neujahr“ von Juli Zeh. Am Neujahrsmorgen macht sich darin Henning mit seinem Fahrrad auf den Weg, um dem Pass von Fermés auf Lanzarote zu bezwingen. Dabei denkt er über sein eigentlich glückliches Leben als Familien-Ernährer, Ehemann und Vater nach.

Allerdings findet sich Henning in keiner dieser Rollen tatsächlich wieder. Noch dazu leidet er regelmäßig unter schweren Panikattacken und Angstzuständen und als er den Pass erreicht, wird ihm klar, dass er als Kind schon einmal hier war und er diese Begebenheit bis heute verdrängt hatte. Gelesen wird das Hörbuch von Schauspieler Florian Lukas, der „dem Buch die richtige Stimmung verleiht“, findet Liese. Auf den vier CDs erwartet Zuhörer eine Laufzeit von rund fünf Stunden, die nach den Worten von Marion Liese für „atemlose Spannung“ sorgen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort