Erfahrungen bei der Tafel in Wadern Im Lockdown gibt es Lebensmittelpakete

Wadern · Die Waderner Tafel sieht sich derzeit einigen Herausforderungen gegenüber. Doch die Versorgung der Menschen geht weiter.

 Helferinnen im Einsatz: Irmgard Schumacher (links) und Ursula Johag-Trampert packen bei der Waderner Tafel die Lebensmittelpakete.

Helferinnen im Einsatz: Irmgard Schumacher (links) und Ursula Johag-Trampert packen bei der Waderner Tafel die Lebensmittelpakete.

Foto: Caritasverband Saar-Hochwald

Salatköpfe, Brote und Brötchen, Äpfel und Bananen – in großen Plastikkisten tragen Helfer die Lebensmittel in den großen Raum der Tafel in Wadern. Sie haben – wie jeden Dienstagmorgen – die Spenden der örtlichen Supermärkte und Geschäfte abgeholt. Auf langen Tischen beginnen die Ehrenamtlichen nun routiniert, die Lebensmittel in Pakete zu packen, die von den Bedürftigen um die Mittagszeit abgeholt werden.

Allen ist es wichtig, dass die Lebensmittelausgabe der Tafel auch unter Corona-Bedingungen weiterläuft. Dafür mussten sie ihre Abläufe anpassen. „Während des ersten Lockdowns im Frühjahr hatten wir eine Woche geschlossen und dann auf einen Lieferservice umgestellt“, erzählt Tafel-Leiterin Daniela Schmitt-Müller. Die Lieferungen an die Kunden erledigten die Ehrenamtlichen der Tafel gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Dekanats Losheim-Wadern. Ab August konnten die Kunden – unter Einhaltung eines Hygienekonzepts – wieder selbst zur Tafel kommen.

Seit Ende Dezember gibt es nun die fertigen Lebensmittelpakete, die jeden Dienstag an der Eingangstür abgeholt werden können. Rund 140 Haushalte mit insgesamt 380 Personen versorgt die Tafel in Wadern mit ihrer Außenstelle in Losheim jede Woche. Sie bekommen eine feste Uhrzeit zugewiesen, zu der sie die Pakete abholen können. „Wir wollen vermeiden, dass sich größere Menschenansammlungen bilden“, sagt Schmitt-Müller. Ein Ehrenamtlicher achte vor der Tafel auf die Einhaltung der Abstände.

Vor Corona habe man einen Bedürftigkeitsnachweis verlangt sowie einen symbolischen Preis von einem Euro. „Jetzt ist eine Notsituation, da kontrollieren wir das nicht und verzichten auch auf das Geld“, sagt Schmitt-Müller. Sie weiß, dass viele der Stammkunden in der Corona-Krise ihren Minijob verloren haben.

Bislang sei die Zahl der Tafel-Kunden trotz Corona konstant geblieben. Schmitt-Müller führt das darauf zurück, dass die meisten Menschen, die während der Pandemie ihre Arbeit verloren haben, noch Arbeitslosengeld I beziehen und somit nicht berechtigt sind, zur Tafel zu kommen. Das gelte auch für Menschen in Kurzarbeit. „Eine Zunahme an Kunden werden wir deshalb wohl erst dann haben, wenn die entsprechenden Ansprüche der Menschen auf Arbeitslosengeld I auslaufen und sie Arbeitslosengeld II beantragen müssen“, vermutet die Leiterin. Nur sehr wenige Kunden blieben aus Angst vor Ansteckung mit dem Coronavirus der Tafel fern. „Die Notwendigkeit, durch die Waren der Tafel Geld zu sparen, ist größer als die Angst vor dem Virus“, sagt Schmitt-Müller.

Diesen Eindruck bestätigt auch Frank Kettern, Direktor des Caritasverbands Saar-Hochwald, der neben Wadern/Losheim auch Tafeln in Dillingen, Lebach und Saarlouis unterhält. Die Zahl der Tafel-Kunden habe zu Beginn der Pandemie stark zugenommen, sich an allen Standorten inzwischen wieder auf Normal-Niveau eingependelt. Wie Schmitt-Müller rechnet er damit, dass die Zahlen im Frühjahr steigen werden, wenn mehr Betroffene Hartz IV beantragen müssen.

Aus seiner Sicht ist die Bedürftigkeit während der Pandemie gestiegen: „Wir haben sehr viele Anfragen zur finanziellen Unterstützung, weil Stromsperren drohen, Betten, Matratzen, Schulranzen nicht finanziert werden können.“ Auch die Nachfrage in der Schuldnerberatung und nach Beratung im psychosozialen Dienst steige. Ebenso wachse die Zahl der Fälle im Bereich der Familienpflege. „Hier ist noch nicht abzuschätzen, welche psychischen Folgen die Verlängerung des Lockdown hat“, sagt der Caritasdirektor. Bei den Tafeln belasteten seinen Caritasverband die Kosten für die Hygienemaßnahmen sehr. „Hier sind wir dringend auf Spenden angewiesen“, sagt Kettern.

Zum Schutz der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tafeln können diese sich seit Anfang Januar vor Beginn der Ausgabe kostenlos auf Corona testen lassen. „Die Testungen werden nur von geschulten Mitarbeiterinnen der Caritas-Sozialstation durchgeführt“, betont Frank Kettern. Die getesteten Personen erhalten im Anschluss einen schriftlichen Nachweis, der sieben Tage gültig ist. „Wir haben uns für die Ausweitung unseres Hygienekonzeptes um freiwillige, kostenlose Testungen für unsere ehrenamtliche Mitarbeiterinnen in den Tafeln entschieden, um Schließungen im aktuellen Lockdown zu vermeiden“, sagt Kettern. Aufgrund der Kosten von sieben Euro pro Testung ergeben sich laut Caritasverband zurzeit Mehrkosten für alle ihre Tafeln von 910 Euro pro Woche oder 3640 Euro im Monat.

Konnte Daniela Schmitt-Müller vor Corona auf einen Helferkreis von 75 Ehrenamtlichen zurückgreifen, sind es momentan nur noch 30. Viele Ehrenamtliche – im Schnitt sind sie Mitte 70 – gehören zur Risikogruppe, viele wollen sich nicht gefährden. Dies sei verständlich, bedeutete aber eine deutliche Mehrbelastung für die verbliebenen Helfer. „Früher war ein Fahrerteam nur alle drei Wochen im Einsatz, jetzt fast jede Woche“, sagt die Leiterin. Aber viele, auch ältere Ehrenamtliche, seien dabei geblieben, darunter auch ein 84-Jähriger. „Viele sind alleinstehend sagen mir ganz offen, dass sie die Kontakte brauchen und sehr unter Einsamkeit leiden“, sagt die Leiterin.

Die Kontakte vermissten auch die Kunden. „Mir war es immer wichtig, dass es bei der Tafel nicht nur um die Lebensmittelausgabe geht. Die Leute sollen sich bei uns auch wohlfühlen. Es tut weh, dass das Gespräch nicht mehr möglich ist“, sagt Schmitt-Müller, die die Tafel vor 16 Jahren mitaufgebaut hat. Viele betonten, dass sie sich die ganze Woche auf die Öffnung der Tafel freuten. Über die Jahre seien Kontakte entstanden. „Wir wissen, was in der Woche zuvor war, erkundigen uns nach dem Verlauf eines Vorstellungsgesprächs oder wissen genau, welches Brot der Kunde am liebsten isst“, sagt Schmitt-Müller, „es ist nicht schön, dass wir die Leute so schnell abfertigen müssen. Kiste holen und schnell wieder gehen.“

Die Menge der gespendeten Lebensmittel habe in den letzten Monaten abgenommen. „Die Märkte haben ihre Bestellsysteme umgestellt und müssen natürlich auch betriebswirtschaftlich denken“, zeigt sich Schmitt-Müller verständnisvoll. Besonders knapp seien in den Wintermonaten die Obst- und Gemüsespenden. „In den 16 Jahren, die ich jetzt hier bin, hatten wir schon so viele Probleme gehabt und bisher noch jede Situation gemeistert“, sagt die Tafelleiterin, „bisher haben wir noch alle Kunden versorgt bekommen und das ist das Wichtigste.“

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