Wenn Sushi zur Mordwaffe wird Tom Hillenbrand - mit "Teufelsfrucht" zum Erfolg

Wadern. Der "Ermittler" in Tom Hillenbrands Büchern ist nicht etwa ein rundlicher Kommissar mit Hang zu gutem Essen. Es ist Xavier Kieffer, ein Luxemburger Gourmetkoch und Schnüffler aus Leidenschaft und manches Mal aus Zufall. Der Zufall ist es auch, der den Koch zum Zeugen eines fein eingefädelten Mordes werden lässt

Wadern. Der "Ermittler" in Tom Hillenbrands Büchern ist nicht etwa ein rundlicher Kommissar mit Hang zu gutem Essen. Es ist Xavier Kieffer, ein Luxemburger Gourmetkoch und Schnüffler aus Leidenschaft und manches Mal aus Zufall. Der Zufall ist es auch, der den Koch zum Zeugen eines fein eingefädelten Mordes werden lässt. Ein hoch gelobter und bekannter Sushi-Meister fällt während einer edlen Veranstaltung beim Pariser Bürgermeister einfach tot um. Die Diagnose lautet: Fischvergiftung. Eine seltsame Ironie des Schicksals, die Kieffer nicht mehr loslässt. Er ist skeptisch und deckt schnell einige Widersprüche auf. Mit Hilfe seines besten Freundes schaut er tief in die Welt der Sushiküche und erkennt, dass es Fische gibt, die teurer sind als Gold und wertvoller als ein Menschenleben.Es mag seltsam klingen, dass ausgerechnet zur kulinarischen Lesenacht in Wadern am vergangenen Wochenende aus einem Krimi gelesen wird, in dem Lebensmittel zur Mordwaffe werden. Doch Autor Tom Hillenbrand schreibt mit viel Witz, Ironie und Liebe zu den feinen Charakterzügen seiner Protagonisten. Dass sein Hauptdarsteller in "Rotes Gold" ausgerechnet Luxemburger ist und auch im Großherzogtum seinen Lebensmittelpunkt sowie sein Restaurant hat, ist natürlich kein Zufall. Hillenbrand verliebte sich während eines mehrmonatigen EU-Praktikums in Luxemburg in das kleine Land. Doch da war noch ein anderer Grund, wie der Autor vor der Lesung in Wadern verriet: "Wir Krimi-Autoren haben ein Problem. Es gibt schon so viele Krimis und Kommissare, fast in allen Gegenden und größeren Städten in Deutschland. Also habe ich mich umgeschaut, und das Tolle war, dass in Luxemburg noch Platz für meinen Xavier Kieffer war." Mit einem "Gaumenkitzler" machte er am Samstag nicht nur Lust auf weitere Ausschnitte seines Buches, sondern auch auf den ersten Gang des luxemburgischen Menüs, das das Team des Haco-Restaurants auf die Teller zauberte. Mit Patée und Baguette ging es los. Für den zweiten Gang kam nur ein Essen in Frage: Bouneschlupp, also Schnippelschesbohnesupp, wie der Saarländer sagt. Denn Lea Linster, die bekannte Luxemburger Köchin sagte zu Hillenbrands erstem Buch "Teufelsfrucht": "Dieser Krimi liest sich, wie man eine gute Bouneschlupp schlürft - am liebsten alles auf einmal." Da kann man ihr nur beipflichten.

Vor allem, wenn Autor Tom Hillenbrand den Personen auf sehr unterhaltsame Art beim Lesen Leben einhaucht. Sei es ein amerikanischer Millionär, der finnische beste Freund Kieffers oder Koch und Restaurantbesitzer Xavier Kieffer selbst.

Bei der Lesung in Wadern begeisterte Hillenbrand sein Publikum, das sich passend zum Luxemburger Essen mit Weinen aus dem Großherzogtum verwöhnen ließ. Doch trotz allen Genusses, eines ist dem Autor in seinen Büchern sehr wichtig: der kritische Blick auf die Lebensmittelindustrie. Denn so unglaublich die Motive für den Mord am Pariser Sushi-Meister klingen, sie basieren auf der Realität eines Milliardengeschäfts, wie Tom Hillenbrand während seiner Recherchen herausgefunden hat. Es geht um Überfischung, die Überschreitung von Fangquoten und die Spekulation mit dem Lebensmittel Fisch. Den Zeigefinger will Hillenbrand jedoch nicht erheben, vielmehr durch die geschickte Verflechtung des Themas sensibilisieren. Für das Kulturamt Wadern ging mit der neunten Buchwoche wieder eine erfolgreiche Veranstaltungsreihe zu Ende, wie Petra Lauck von der Stadt Wadern gerne bestätigte: "Wir hatten eine tolle Resonanz bei allen Veranstaltungen. Man merkt, dass die Veranstaltung inzwischen zu einer Marke geworden ist, die die Leute annehmen. "Wadern. Tom Hillenbrand hat Politik und Wirtschaft an der Universität in Duisburg studiert und dabei mehrere Auslandsaufenthalte in den USA, Großbritannien und Luxemburg eingelegt. Er volontierte an der Holtzbrinck-Journalistenschule und arbeitete unter anderem für das Handelsblatt, das Wall Street Journal Europe und bei der Financial Times. Von 2001 bis 2005 arbeitete er als Wirtschaftsredakteur und Kolumnist für Spiegel Online, wo er von 2007 bis 2010 Ressortleiter war. Neben dem Spaß am Entwickeln und Schreiben kommt dem Hobbykoch seine Liebe zu Lebensmitteln und sein kritischer Blick auf die teils kriminelle Lebensmittelindustrie sehr zu Gute.

Ermittler in Cordhosen

Sein erstes Buch "Teufelsfrucht" schrieb er noch zweigleisig neben dem Beruf. Nach dem tollen Erfolg und rund 50 000 verkauften Exemplaren kündigte er in Hamburg und zog nach München, wo er inzwischen als freier Autor lebt. Mit seinem luxemburger Koch Xavier Kieffer hat er einen erfrischend neuen Ermittlertypus entwickelt. Der Luxemburger, der Cordhosen für ein Fashion-Statement hält und lakonische Dialoge pflegt, hat sich in seinem Restaurant "Deux églises" im "Grund" längst von der Gourmet- und Edelküche verabschiedet. Die Orte in den Büchern Hillenbrands gibt es alle, wer sie kennt, wird die veränderten Namen erkennen. Nur das Restaurant gibt es nicht. Da ist nur eine Wiese mit Ziegen drauf. syr

"Rotes Gold" - Ein kulinarischer Krimi (Xavier Kieffers zweiter Fall), ISBN 978-3-462-04412-6, erschienen bei Kiepenheuer und Witsch (KiWi), Preis: 8,99 Euro.

"Dieser Krimi liest sich, wie man eine gute Boune- schlupp schlürft."

Lea Linster

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