Wenn der Heimweg zur Odyssee wird

Nunkirchen · Nach dem Unterricht direkt in den Bus und heim – für viele Schüler des BZZ in Nunkirchen unmöglich. Seit der Umstellung des Fahrplans müssen rund 250 Jugendliche lange warten und Umwege einkalkulieren.

 Über schlechte Busverbindung ärgern sich Schüler des BBZ Hochwald. Foto: Engel & Seeber

Über schlechte Busverbindung ärgern sich Schüler des BBZ Hochwald. Foto: Engel & Seeber

Foto: Engel & Seeber

Abgehängt fühlen sich die Schüler des Berufsbildungszentrums (BBZ) Nunkirchen von der Busverbindung, veräppelt von denjenigen, die die Pläne zu verantworten haben. Ist der Weg hin zur Schule für das Gros der Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren relativ problemlos, so wird die Rückkehr nach Hause zur Katastrophe. Seit der Umstellung auf den Winterfahrplan müssen rund 250 von 300 Schülern, die die Schule in Vollzeit besuchen, bei der Heimfahrt Wartezeiten von bis zu einer Stunde an der Schule, ständiges Umsteigen und nervige Umwege einkalkulieren - egal, ob es in die Nachbarorte Losheim, Rappweiler oder Weiskirchen geht. "Rund eine halbe Stunde sind wir jetzt unterwegs", schimpfen Schüler aus der Gemeinde Weiskirchen . Statt auf dem direkten Weg Rappweiler anzusteuern, kutischiere sie der Busfahrer über zig Dörfer, bis sie endlich zuhause aussteigen. "Wenn wir um 14 Uhr Schulschluss haben, sind wir um 16 Uhr daheim", kritisieren sie. "Vor der Umstellung waren es gut zehn Minuten." Diejenigen, die weiter weg von Nunkirchen wohnen, haben eine noch beschwerlichere Odyssee vor sich. Kaum Chancen gibt es, ins Haustadter Tal zu gelangen.

"Meine Mutter muss mich immer an der Bushaltestelle abholen, sonst komme ich gar nicht nach Hause", klagt eine weitere Schülerin. Schulleiter Christoph Lauck sind die Probleme, unter denen seine Schützlinge leiden, seit Wochen ein Dorn im Auge: "Bei der Umstellung auf den neuen Fahrplan ist wohl nur daran gedacht worden, die Saarbahn, die rote Zahlen einfährt, zu bedienen", argwöhnt er. "An die Schüler dachte man nicht. Mit uns ist nie gesprochen worden." Als Beleg verweist der Schulleiter auf die Aussagen der Verkehrsmanagement-Gesellschaft Saar (VGS). Auf deren Internetseite ist zu lesen: "Die Inbetriebnahme der beiden neuen Regionalexpressnetze Südwest-Express und Vier-Länder-Express mit ihren vielfältigen Angebotserweiterungen und Fahrplanänderungen sowie die Streckenverlängerung der Saarbahn bis nach Lebach Bahnhof machen die Anpassung der Regio-Bus-Linien als zentrale Zu- und Abbringer zu den wichtigen Knotenbahnhöfen und Umsteigepunkten im Saarland notwendig." Geändert hat die VGS die Fahrpläne just der Linien, auf die seine Schützlinge angewiesen sind: die Linie R1 (Merzig - Losheim am See - Wadern) und der Linie R3 (Wadern - Schmelz - Lebach). Lauck ist stinksauer auf die Verantwortlichen, die dies zu verantworten haben. "Die Busse fahren den Schülern wenige Minuten vor Schulschluss vor der Nase weg, so dass die Jugendlichen gezwungen sind, auf den nächsten zu warten."

"Wir zahlen doch für unsere Monatskarten, und das nicht zu knapp", schimpfen die Schüler . "Da sagt man immer, wie wichtig Bildung ist, und dann wirft man uns solche Knüppel in den Weg."

Schulleiter Lauck und seine Kollegin Marlene Ostermann, zuständig am BBZ für die Öffentlichkeitsarbeit, fürchten indes, dass wegen der gekappten Busverbindungen eine Abmeldungswelle auf sie zurollen könnte. "Der ein oder andere Elternteil hat uns dies schon angedroht" - für Lauck und Ostermann eine schlimme Vorstellung. Dabei biete ihre Schule als einzige im Saarland den Fachbereich Tourismus an. Das Angebot nähmen Schüler aus dem gesamten Land - wenn auch jetzt mit viel Strapazen verbunden - dankbar an. "Auch hat unsere Schule allein im vergangenen Jahr fünf Landes- und einen Bundessieger hervorgebracht."

Für den Linienbusverkehr zuständig ist die Saar-Pfalz-Bus, eine Tochter der Deutschen Bahn. Von der Bahn heißt es auf SZ-Anfrage: Bei der Umstellung des Fahrplanes seien die An- und Abfahrtszeiten der Züge berücksichtigt worden. Die Regionalzüge in Rheinland-Pfalz und dem Saarland hielten nun in starren Taktzeiten. Zugesagt werde, sich wegen des Problems der Nunkircher Schüler mit der VGS ins Benehmen zu setzen.

Meinung:

Schüler bleiben auf der Strecke

Von SZ-RedakteurinMargit Stark

Guter Service geht anders, Kundenfreundlichkeit auch. Was die Verkehrsmanagement-Gesellschaft Saar (VGS) als "kundenfreundliche Fahrpläne mit besserer Anbindung" verkauft, muss den Schülern des BBZ Hochwald wie blanker Hohn vorkommen. Oder glauben die Herrschaften aus Saarbrücken allen Ernstes, es sei eine Passion der Jugendlichen, sich die Beine in den Bauch zu stehen, um auf einen Bus zu warten? Ein Vergnügen, nach zig Stunden Unterricht durch die Gegend geschaukelt zu werden? Mitnichten. Wie realitätsfern sind diese Leute?

Den erklecklichen Betrag, den die Jugendlichen Monat für Monat für ihren abenteuerlichen Transport von der Schule nach Hause berappen müsssen, streichen sie allerdings allzu gerne ein. Wohlwissend, dass Leute unter 18 Jahren auf Busse angewiesen sind, wenn nicht ein Familienmitglied Tag für Tag den Chauffeur spielt. Es ist kein kluger Schachzug, auf die treuesten Kunden keine Rücksicht zu nehmen. Kein Wunder, dass die, sobald sie den Führerschein haben, lieber ins Auto steigen, Fahrgemeinschaften bilden und auf den ÖPNV pfeifen. In vielen Fällen ist das zeitsparender.

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