Von Krettnich in die weite WeltVom Glück des Heimatforschers

Krettnich/Lockweiler. Vielen Bürgern aus Krettnich und Lockweiler war es bisher nicht bewusst, welche Rolle der Familienclan Birtel während der vergangenen 300 Jahre in den beiden Dörfern und darüber hinaus gespielt und wie er das Ortsbild geprägt hat. Das kann sich mit dem neuen Buch von Berthold Müller aus Lockweiler ändern. In ". .

Krettnich/Lockweiler. Vielen Bürgern aus Krettnich und Lockweiler war es bisher nicht bewusst, welche Rolle der Familienclan Birtel während der vergangenen 300 Jahre in den beiden Dörfern und darüber hinaus gespielt und wie er das Ortsbild geprägt hat. Das kann sich mit dem neuen Buch von Berthold Müller aus Lockweiler ändern. In ". . . eine Art Bauernkönig" erzählt der Waderner Alt-Bürgermeister, selbst ein Mitglied der Birtel-Sippe, die Geschichte der Großfamilie. Jetzt stellte er bei einer Veranstaltung der Stadt Wadern das Buch vor (wir berichteten kurz).Neue SchreibweiseBerthold Müller geht es nicht darum, den Stammbaum der Familie Birtel nachzuzeichnen, er möchte am Beispiel dieser Großfamilie ein Bild des Lebens der Menschen im Hochwald ab dem 16. Jahrhundert malen. Denn um 1700 kam der Urvater der Birtels in den Hochwald. Er hieß Jost Börteler, stammte vermutlich aus dem Alpenland und heiratete Barbara Schmitt, Stockbauer-Erbin. Börteler wurde ein wichtiger Mann, er war Pächter der Erzgrube in Krettnich, Gerichtsschöffe und Mittler bei den Prozessen der Bauern gegen den Grafen Josef Anton. Schon zu Lebzeiten änderte sich die Schreibweise seines Namens mehrfach. In seiner Sterbeurkunde wird er als Josef Birtel bezeichnet. Dass es sich um die gleiche Person handelt, ist gesichert. "Darauf habe ich großen Wert gelegt", so Müller.Der Name Birtel breitete sich in der zweiten und dritten Generation über Krettnich aus, nach Lockweiler, Mettnich, Mühlfeld (heute Primstal) und Sotzweiler. Börtelers Urenkel, Johann Birtel, wird zum Bauernkönig. So wird er in der Lockweiler Pfarrchronik bezeichnet. Johann Birtel lebte von 1748 bis 1817. Er war ein reicher Mann, Pächter, dann Eigentümer der Krettnicher Manganerzgrube. Birtel war zwei Mal verheiratet, hatte 23 Kinder, von denen 14 die Kindeszeit überlebten und 14 Birtel-Stämme gründeten. Für die 14 Kinder entstanden nach dem gleichen Bauplan 14 Häuser, zwölf davon in Lockweiler und Krettnich. Elf sind noch erhalten. Berthold Müller zeigte Fotos einiger Häuser, die jedem in den beiden Dörfern bekannt sind. Viele aber brachten sie bisher nicht mit dem Bauernkönig in Zusammenhang.11 Birtel-HäuserBis 1883 lief der Bergbau in Krettnich, 1900 wurde die Grube verkauft. Von den verschiedenen Birtel-Stämmen beleuchtete Müller den so genannten Saarbrücker Stamm und den Ku.onze-Stamm näher. Zum letzteren gehört Müller selbst. Zwei Birtel-Familien wanderten nach Amerika aus, sie sind laut Müller die Namensträger der Birtel und Birtle in den USA. Die meisten Birtels aber leben nach wie vor im Saarland. In Deutschland gebe es nach seiner Internetrecherche nur 368 Träger dieses Nachnamens. "Das ist die Welt nicht", sagt Müller. Und behauptet: "Alle, die den Namen Birtel tragen, wo sie auch immer auf dieser Welt leben und lebten, kommen von Krettnich." Und weiter: "Ich rufe alle auf, dies zu widerlegen."Müllers Buch enthält zwei weitere Geschichten: "Ein Wolf im Schafstall", Betrachtungen über Johann Fass, Pfarrer in Lockweiler von 1834 bis 1845. Und "Lockweiler Bier in Amerika".Das Buch kostet zwölf Euro. Es kann ab sofort in der Bücherhütte in Wadern gekauft werden, aber auch im Ortsvorsteherbüro in Lockweiler dienstags und freitags von 19 bis 20 Uhr. Der Reinerlös aus dem Verkauf ist für die Sanierung des Lockweiler Glockenturmes bestimmt. Krettnich. Dass auch Glück bei der Geschichtsforschung dazu gehört, das zeigte der Alt-Bürgermeister Berthold Müller anschaulich im Dorfgemeinschaftshaus. Dort stellte er zwei alte Holzbalken aus. Sie stammen aus dem Schmitt-Haus, in dem Jost Börteler gelebt hat. Das Haus wurde im vergangenen Jahr abgerissen. Müller sicherte die beiden Balken mit viel Glück. In diese sind die Jahreszahl 1702 in einer Art und Weise geschnitzt, wie es vor allem im Alpenland, aber nicht im Hochwald Brauch war. Der Waderner Bürgermeister Fredi Dewald würdigte die heimatkundliche Arbeit von Berthold Müller. Er versuche, bei seiner Art Heimatpflege die Antwort auf die Frage zu finden: "Was müssen wir bewahren, damit sich auch künftige Generationen ihres Herkommens und Werdens mit allen Sinnen vergewissern können?" Der Krettnicher Ortsvorsteher Christian Leidinger erinnerte daran, dass die historischen Besonderheiten der Heimat vermischt oder verloren gehen könnten. Dies geschehe aber nicht, wenn sie aufgeschrieben werden. Friedrich Ebert, Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde Wadern, sagte, Müllers Buch sei ein gutes Beispiel für eine geschichtliche Untersuchung einer Familie. Müller habe sein Talent gezeigt, nicht nur Daten zu sammeln, sondern dies auch prägnant darzustellen. Die Gitarristinnen Kathrin Jakobs, Lisa Hans und Birgit Leidinger gestalteten den Abend musikalisch. vf

HintergrundJohann Stein, Pfarrer in Lockweiler von 1907 bis 1917, hat ein Familienbuch der Pfarrei Lockweiler angelegt, noch heute eine wichtige Quelle der Familienforschung. Es enthält auch Randbemerkungen. Den längsten hat Stein bei Johann Birtel aus Krettnich geschrieben. Er lautet: "Johann Birtel, genannt Saarbrücker, eine Art Bauernkönig, Besitzer der Braunsteingrube in Krettnich. Von seinen beiden Frauen hatte er 14 Kinder. Die schönen Bauernhäuser in Lockweiler und Krettnich sind alle von ihm gebaut. Er ist Stammvater der meisten wohlhabenden Bauernfamilien der Pfarrei. Im Jahr 1916 lebten in der Pfarrei 178 Nachkommen in 52 Familien". vf

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