Dühr befürchtet hohe Altersarmut im Kreis

Merzig-Wadern. Erstmals hat nun der DGB-Kreisverband Merzig/Wadern differenzierte Daten zu den Verdienstunterschieden im Landkreis Merzig-Wadern vorgelegt. Diese beruhen auf einer gewerkschaftseigenen Sonderauswertung der Arbeitgebermeldungen zur Sozialversicherung.Danach verdienen Vollzeitbeschäftigte im Landkreis Merzig-Wadern im Vergleich der saarländischen Kommunen am wenigsten

Merzig-Wadern. Erstmals hat nun der DGB-Kreisverband Merzig/Wadern differenzierte Daten zu den Verdienstunterschieden im Landkreis Merzig-Wadern vorgelegt. Diese beruhen auf einer gewerkschaftseigenen Sonderauswertung der Arbeitgebermeldungen zur Sozialversicherung.Danach verdienen Vollzeitbeschäftigte im Landkreis Merzig-Wadern im Vergleich der saarländischen Kommunen am wenigsten. Im Vergleich mit dem saarländischen Spitzenreiter Saarpfalzkreis summiert sich der Einkommensnachteil sogar auf 421 Euro bezogen auf den Bruttomonatslohn. "Jeder zweite Vollzeitbeschäftigte mit sozi-alversichertem Job verdiente 2010 im Landkreis weniger als 2546 Euro brutto im Monat", erklärt der Gewerkschaftsbund. Einmalige Leistungen wie Überstundenzuschläge oder Weihnachtsgeld sind dabei berücksichtigt und Auszubildende nicht mitgezählt.

Auch im Landkreis Merzig-Wadern zeigen sich, ebenso wie auf Landes- und Bundesebene, laut der Gewerkschafts-Statistik große Unterschiede zwischen den Beschäftigtengruppen: Männer erzielten meist ein deutlich höheres Bruttomonatsentgelt als Frauen. Im Mittel verdienten sie laut DGB-Statistik 2774 Euro brutto im Monat gegenüber nur 2139 Euro bei den Frauen. Dieser große Verdienstunterschied von 635 Euro monatlich erklärt sich nach DGB-Darstellung wesentlich durch die geschlechtsspezifischen Tätigkeitsschwerpunkte. "So arbeiten Frauen häufig im Dienstleistungssektor mit einem relativ niedrigeren Entlohnungsniveau gegenüber dem produzierenden Gewerbe, in dem häufig Männer tätig sind", heißt es in der Gewerkschafts-Analyse. Aber auch die Lohndiskriminierung von Frauen hat nach gewerkschaftlicher Einschätzung einen Einfluss auf dieses Lohngefälle.

Große Verdienstabstände zeigen sich folglich nicht nur bei Teilzeitarbeit, sondern auch bei Vollzeitbeschäftigung. Die Angst vieler Beschäftigter, dass sie mit ihrer Rente im Alter nicht auskommen, ist nach Überzeugung der Gewerkschaft nicht unbegründet. Insbesondere Frauen sowie Arbeiter ohne abgeschlossene Berufsausbildung seien oftmals von Altersarmut bedroht.

Dazu erklärt der DGB-Kreis-chef Arno Dühr: "Noch ist Altersarmut kein größeres Massenproblem, doch in Zukunft droht die Zahl der von Altersarmut Betroffenen deutlich anzusteigen." Die geplante Rentenbeitragssenkung sei kontraproduktiv, kritisiert Dühr: "Die derzeitigen Überschüsse sollten für später zurückgelegt werden, um das Rentenniveau auf dem derzeitigen Stand zu belassen."

Durch die geplante Senkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent müssten Beschäftigte mit einem Einkommen von 2500 Euro im Monat 35 Jahre in die Rentenkasse einzahlen, um mehr als Grundsicherung im Alter zu bekommen.

Bei einem Monatseinkommen von 2200 Euro drohe bei Renteneintritt immer noch Sozialhilfebedürftigkeit, selbst wenn man 40 Jahre gearbeitet und Rentenbeiträge gezahlt habe.

2010 verdiente aber laut DGB mehr als die Hälfte aller vollzeitbeschäftigten Frauen im Landkreis Merzig-Wadern ebenso wie im Saarland weniger als 2250 Euro brutto. Gut 50 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss hatte nach Gewerkschaftsangaben ein Einkommen unter 2400 Euro Bruttolohn. "Die Folgen einer Absenkung des Rentenniveaus werden in der Zukunft für viele Beschäftigte in der Region gravierend sein", lautet Dührs mahnendes Fazit. red/cbe

Foto: Norbert Wagner

"Noch ist Altersarmut kein massenhaftes Problem. Doch in Zukunft droht die Zahl der von Altersarmut Betroffenen deutlich anzusteigen."

Arno Dühr, DGB-Kreischef

Meinung

Die Bombe tickt auch bei uns

Von SZ-RedakteurChristian Beckinger

In einem Punkt haben die Gewerkschaftsvertreter des DGB zweifelsohne recht: Das Thema drohende Altersarmut wird auch an unserem Landkreis nicht vorbeigehen, ungeachtet der an und für sich positiven Wirtschaftsdaten in unserer Region. Die vorgesehene Absenkung des Rentenniveaus auf nur noch 43 Prozent der durchschnittlichen Nettobezüge birgt erheblichen sozialpolitischen Sprengstoff. Die Auswertung der statistischen Daten, die jetzt vom DGB-Kreisverband vorgelegt wurde, macht deutlich, wie dringlich dieses Thema auch für uns im Kreis werden wird. Hier ist die Politik gefordert, Antworten zu finden - stets vor dem Hintergrund einer anderen, ebenfalls nicht zu leugnenden Tatsache: Nämlich dass in Zukunft die Zahl der Beitragszahler in die Rentenversicherung spürbar gegenüber der der Rentenempfänger sinken wird. Aus diesem Dilemma herauszufinden, wird nicht einfach. Doch es ist unumgänglich.

hintergrund

Vollzeitbeschäftigte ohne abgeschlossene Berufsausbildung verdienten im Kreis Merzig-Wadern durchschnittlich 2369 Euro brutto im Monat. Das mittlere Bruttomonatsentgelt der Vollzeitbeschäftigten mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluss liegt im Landkreis Merzig-Wadern zwar deutlich niedriger als in den westdeutschen Ländern insgesamt. Der DGB mahnt: "Doch auch in Merzig-Wadern ist der Abstand zwischen gering- und gut verdienenden Beschäftigten beachtlich." Jene mit Hochschulabschluss kommen im Schnitt auf einen fast doppelt so hohen Bruttoverdienst wie Vollzeitbeschäftigte ohne abgeschlossene Berufsausbildung. red

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