Interview mit Nina George Von Büchern, Liebe und Tango

Wadern · Literaturfestival im Saarland: Nina George liest am Freitag, 5. April, in Wadern aus ihrem Roman „Die Schönheit der Nacht“.

 Nina George ist eine passionierte Tango-Tänzerin.

Nina George ist eine passionierte Tango-Tänzerin.

Foto: FinePic

„Sag: Und wie willst du wirklich leben? Für die Freiheit der Frauen“, so heißt das Vorwort von Nina Georges aktuellem Roman „Die Schönheit der Nacht“. Und das ist auch die Frage, die sich die beiden Hauptfiguren, Claire und Julie, stellen. Im Sommerurlaub an der bretonischen Küste prallen Realität, Sehnsüchte und Wünsche aufeinander.

Frau George, Ihr 2013 erschienener Roman „Das Lavendelzimmer“ war ja ein unglaublicher Bestseller, er wurde mittlerweile in 37 Sprachen übersetzt, da liegt die Messlatte ja reichlich hoch – erzeugt das mehr Druck beim Schreiben, wie gehen Sie damit um?

GEORGE Oh ja, das ist natürlich schon ein Unterschied, plötzlich gucken 37 Verlage auf dieses Buch, und ich musste mich entscheiden, mache ich so weiter, oder schreibe ich eine völlig andere Geschichte, das habe ich mit „Das Traumbuch“ und auch „Die Schönheit der Nacht“ getan. Mein nächstes Buch ist ein Roman, der sozusagen im „Lavendelzimmer“ wohnt. Dem Buchhändler Jean Perdu bedeuten ja seine Bücher sehr viel, er verkauft in seiner schwimmenden Buchhandlung auf der Seine in Paris Romane wie Medizin fürs Leben. Und es gibt da ein Buch, „Südlichter“, das ihn all die Jahre begleitet hat . . . und daran schreibe ich gerade. Und es geht – natürlich – um die Liebe.

63 Wochen auf der „Spiegel“-Bestsellerliste, übersetzt in 37 Sprachen – ahnten Sie denn, dass das „Lavendelzimmer“ so erfolgreich wird?

GEORGE Den Erfolg eines Buches kann man ja nicht wirklich planen. Man schnitzt sozusagen an einem Bogen, an einem Pfeil, und dann schießt man den Pfeil los, weiß aber nie, wo er letztlich landet. Es kann alles stimmen, Cover, Marketing und so weiter, aber das Buch muss einen Nerv beim Publikum treffen. Und so sechs Wochen bis drei Monate nach Erscheinen wartet man, hofft man, und dann wird klar, „das fliegt“ oder „nein, das geht eher spazieren“.

Ein Thema, das immer wieder in Ihren Büchern auftaucht, ist Selbstfindung, etwas, was auch diese beiden ganz unterschiedlichen Frauen in „Die Schönheit der Nacht“ umtreibt . . .

GEORGE Claire, Mitte 40, seit 22 Jahren verheiratet, und Julie, Anfang 20, die Freundin von Claires Sohn Nicholas, stecken in ganz verschiedenen Lebenssituationen, und sind auch vom Wesen her sehr unterschiedlich. Dennoch eint sie, dass sie beide auf der Suche sind. Was treibt Menschen, aufzuhören, sich ihrer Angst zu beugen, einzutreten für ihr eigenes Leben, unabhängig von einem bestimmten Frauenbild oder Konventionen – das beleuchte ich. Meine Bücher sind immer psychologisch fundiert. Jeder hat Wünsche und Träume, wie er leben will, und dann stellt man fest, dass das Leben etwas anderes vorgesehen hat. Ich erzähle gerne Geschichten über Menschen, und habe dann die Hoffnung, dass sich jemand darin wiederfindet.

In „Die Schönheit der Nacht“ geht es um Beziehungen, Liebe – und Tango. Was bedeutet Ihnen der Tanz?

GEORGE Ich tanze tatsächlich mit großer Leidenschaft Tango Argentino – mein Tangolehrer Nikita taucht auch in „Die Schönheit der Nacht“ auf. Es ist einfach ein sehr schöner Tanz, ein Spiel mit Nähe und Distanz, sich gegenseitig Freiheit zu lassen und dennoch nah zu sein.

Sie haben in der Penthouse-Redaktion gearbeitet, ein eher ungewöhnlicher Einstieg in den Journalismus für eine junge Frau, und unter dem Pseudonym Anne West erfolgreich Sachbücher zu Liebe und Erotik geschrieben. In „Die Schönheit der Nacht“ sind wir zu Anfang in einem Hotelzimmer in Paris, bei der erotischen Begegnung eines Paares . . .

GEORGE Das hat sicher mein literarisches Handwerk ausgebildet und geschärft, es fällt mir leicht, erotische Szenen in einen Roman zu integrieren. Mein Ziel ist es dabei nicht, einen geschlechtlichen Akt abzubilden, sondern sich den Figuren so weit wie möglich anzunähern – es geht mir in der Hauptsache darum, dass ich in diesen Szenen meine Figuren sehr intim aufblättern kann, und das geschieht immer mit Gefühl. Es geht darum, was die Figuren bewegt, was sie fühlen.

Sie sind nicht nur als Schriftstellerin, sondern auch als politische Aktivistin bekannt, so treten Sie unter anderem für das Urheberrecht ein. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?

GEORGE Ja, es wohnen mindestens drei Seelen in meiner Brust. Ich bin Schriftstellerin, Künstlerin, engagiere mich gegen rechts, für Frauen, für die Kunst – und dann gibt es noch diese bequeme, faule Person, die am liebsten auf dem Sofa sitzt und liest – und alle drei wollen was. Ich bin die Erfinderin des 36-Stunden-Tages. Es hat alles seine Zeit. Im Moment ist die Schriftstellerin am Zug, ich arbeite an meinem nächsten Buch „Südlichter“.

Wenn Sie Zeit haben, was lesen Sie dann selbst am liebsten?

GEORGE Im Moment Yasmina Reza, „Drei Mal Leben“ und „Der Zopf“ von Laetitia Colombani – ich lese mehr und mehr Frauen, der Blick auf die Welt ist ein anderer und die Erzählstimme gefällt mir besser. Männer erzählen von sich, Frauen von der Welt.

Wie geht es Ihnen bei Lesungen, bereiten Sie sich besonders vor?

GEORGE Ich schnüre ein unterhaltsames Programm; ich erzähle was über mich, wie ein Buch entsteht, manchmal bringe ich auch Musik mit. Ich mag diese Lesesituation: Ich komme in den Saal, nehme wahr, wie’s den Menschen geht, stelle mich auf die Stimmung ein – der Dialog mit dem Publikum, das ist sozusagen ein Literatur-Tango, den wir gemeinsam tanzen.

Nina George liest aus „Die Schönheit der Nacht“ am Freitag, 5. April, 19 Uhr, in den Lichtspielen Wadern, Oberstraße 10. Der Eintritt kostet acht Euro im Vorverkauf, zehn Euro an der Abendkasse. Tickets gibt es in der Bücherhütte Wadern, Tel. (0 68 71) 92 11 50, und bei den Vorverkaufsstellen von Ticket regional.
Die weiteren Termine von Lesungen im Rahmen des Literaturfestivals „Erlesen“ finden sich im Internet unter der Adresse www.erlesen-saarland.de.

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