Aus der Millionenstadt nach Wadern

Wadern · Mauricio Sandoval ist Tierarzt und stammt aus Santa Cruz. Ein krasser Gegensatz zum ländlich geprägten Wadern. Dennoch fühlte er sich dort als Spanisch-Lehrer auf Zeit sehr wohl. Auch seine Schüler am Hochwaldgymnasium waren begeistert.

 Mauricio Sandoval (Mitte) mit Waderner Kollegen. Foto: Schule

Mauricio Sandoval (Mitte) mit Waderner Kollegen. Foto: Schule

Foto: Schule

Mauricio Sandoval, 24, stammt aus der Millionenstadt Santa Cruz de la Sierra. Er hatte nach dem Abitur an der Partnerschule des HWG, dem Colegio Martin Sappel, Veterinärmedizin studiert. Danach entschloss er sich, als "Reverse-Freiwilliger" für knapp ein Jahr seinen sozialen Friedensdienst in der Hochwaldregion abzuleisten. Dabei handelt es sich um das gleiche Programm des Bistums Trier, das drei ehemalige Schülerinnen des HWG für zwölf Monate nach Santa Cruz geführt hatte. Ihnen war damals als Einsatzort die genannte Schule zugewiesen worden.

Eine völlig andere Welt

Für einen 'ungelernten' Lehrer war das HWG nebst kleineren Aufgaben im Dekanat in jeder Hinsicht zunächst eine große Herausforderung. Am Anfang des Aufenthaltes in Deutschland, das 10.000 Kilometer und fast 20 Flugstunden von dem ärmsten Land Südamerikas trennt, galt es, in der Sprache der Gastgeber eine völlig andere Welt zu verstehen und anzunehmen. Das subtropische Santa Cruz ist mit 1,4 Millionen Einwohnern die größte Stadt des Andenlandes.

Motivation für die Achtklässler

Die ringförmigen Straßen, die sich aus dem Zentrum bis zur Peripherie erstrecken, bedecken eine Fläche von 326 Quadratkilometern und ächzen unter einem lärmenden Verkehrschaos. Man kann sich also leicht in die Gefühle eines jungen Bolivianers hineinversetzen, wenn die Hochwaldregion zunächst für ihn in vielerlei Hinsicht gewöhnungsbedürftig erschien.

Daher war der Hauptverantwortliche für sein Engagement am HWG, Spanischlehrer Rudolf Boos, im Vorfeld etwas skeptisch. Würde jemand, der zum ersten Mal in seinem Leben überhaupt seine Heimatstadt verlassen hat, in einer so ländlich geprägten Region Fuß fassen können und als Tierarzt den Spanischunterricht bereichern können?

Solche Zweifel sollten rasch zerstreut werden. Mauricio Sandoval beflügelte als Muttersprachler die Motivation der Jugendlichen, die seine Sprache ab der achten Klasse lernen. Mit seiner Gegenwart hauchte er den oft lebensfernen Schulbuchtexten eine Wirklichkeit ein, die das HWG etwas näher an Südamerika heranrücken ließen. Er verwickelte Schüler in Diskussionen, trug Texte vor und ergänzte so auf lebhafte Art den Spanischunterricht . In einer Ganztagsklasse ließ er seine Muttersprache beim Alphabet und bei den Zahlen zum Klingen bringen und gab erste geografische Orientierungen zu Bolivien.

Durch die Seminare und Fortbildungen, die die Entsendeorganisation Sofia (Sozialer Friedensdienst im Ausland) für die Freiwilligen organisiert, lernte Mauricio verschiedene Regionen Deutschlands kennen, wobei eine Reise nach Berlin dabei ein herausragendes Ereignis für ihn war. In einem Auswertungsgespräch zog er eine positive Bilanz und zeigte sich beeindruckt von der Zeit, die er am HWG und in der Region verbringen durfte.

Wertvolle Erfahrung

Es war für ihn eine wertvolle Erfahrung, an einem Ort tätig zu sein, der mit seinem Beruf gar nichts zu tun hatte. Der Kontakt mit Jugendlichen im Dekanat, sein Einsatz bei der Bolivienkleidersammlung, als versierter Fußballnarr in der Altherrenmannschaft und beim Konzert mit Los Masis im Juni verstärkte dabei seine Integration in Wadern . Dass Fremdsein einen dennoch kalt erwischen kann, zeigte der Wintereinbruch. Für Mauricio war es das erste Mal, dass er die weiße Pracht anfassen konnte, die er bis dahin nur von Postkartenansichten der Anden kannte. Sein Abschied wird eine spürbare Lücke hinterlassen. Er hat mit seinem Engagement dafür gesorgt, dass die Kontakte zur Partnerschule in Santa Cruz vertieft werden und dass der Austausch zwischen Jugendlichen aus dem dortigen Colegio und dem HWG enger wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort