Streit um städtische Kulturarbeit geht weiter

Merzig. Anlass der Kultur-Kontroverse war ein Antrag des Kreis-Kulturzentrums Villa Fuchs, das seit 2009 in der Folge der Kulturamts-Affäre das Veranstaltungsprogramm für die Kreisstadt managt. In Schreiben an die Verwaltung hatte der Geschäftsführer der Villa Fuchs, Johannes Dostert, drei Anliegen formuliert, von denen zwei im Rat unstrittig waren (siehe Infokasten)

Merzig. Anlass der Kultur-Kontroverse war ein Antrag des Kreis-Kulturzentrums Villa Fuchs, das seit 2009 in der Folge der Kulturamts-Affäre das Veranstaltungsprogramm für die Kreisstadt managt. In Schreiben an die Verwaltung hatte der Geschäftsführer der Villa Fuchs, Johannes Dostert, drei Anliegen formuliert, von denen zwei im Rat unstrittig waren (siehe Infokasten). Äußerst strittig war hingegen eine dritte Forderung: Das Kulturzentrum, das im Rahmen des Kooperationsvertrages von der Stadt pro Jahr 125 000 Euro erhält, hatte zusätzliche Mittel in Höhe von 20 000 Euro beantragt. Begründet wurde dies mit einer Zunahme des Arbeitsvolumens. "Allein für die Abwicklung der städtischen Kulturaufgaben benötigt man eine Halbtagskraft, wofür 20 000 Euro zusätzlich aufgebracht werden müssen", hieß es. Die Verwaltung sah in ihrer Beschlussvorlage diese Mittelaufstockung jedoch nicht vor, da nach Ansicht von Oberbürgermeister Alfons Lauer "keine unvorhersehbaren Mehrausgaben erkennbar sind". In dem Kooperationsvertrag zwischen Stadt und Villa sei festgehalten, dass mit der Zahlung der 125 000 Euro alle Aufwendungen abgegolten seien.Die Fraktionen von CDU, FDP und FWG zeigten sich hingegen bereit, der Villa Fuchs die zusätzlichen Mittel zu gewähren. CDU-Fraktionschef Bernd Seiwert sagte, die Beschlussvorlage der Verwaltung habe ihn "sehr verwundert", denn sie entspreche nicht dem Beratungsergebnis im zuständigen Ausschuss. Dieser hatte mehrheitlich die Gewährung der zusätzlichen Mittel empfohlen und damit einem gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und FWG entsprochen. Zur Gegenfinanzierung schlug der Antrag vor, die Stelle des Kulturamtsleiters nicht mehr zu besetzen, was 50 000 Euro einspare. Dass die Verwaltung diese Ausschussempfehlung in ihrer Beschlussvorlage nicht berücksichtige, sei ein "absolut unüblicher Vorgang". "Ein Oberbürgermeister ist nicht der Sekretär eines Ausschusses", hielt dem OB Lauer entgegen. Er betrachte es als "ganz normal", dass ein Verwaltungschef seine Position in einer Beschlussvorlage zum Ausdruck bringe.Kritik an der Forderung nach mehr Geld kam von SPD-Ratsmitglied Frank Schirra: Er sagte, die Villa Fuchs habe stets betont, dass sie das Merziger Kulturprogramm "billiger und besser" machen könne als die Stadt. Eine Aufstockung um 20 000 Euro würde ein Plus von 16 Prozent bedeuten. Das lehne die SPD ab. Gleichzeitig erklärte Schirra, die SPD werde zwar der Verlängerung des Kooperationsvertrages bis 2013 zustimmen. "Danach wird es mit uns keine weiteren Verlängerungen mehr geben."SPD-Fraktionschef Dieter Ernst wetterte, was CDU, FDP und FWG vorschlügen, bedeute das Aufgeben städtischen Kulturarbeit. Ernst warf CDU, FDP und FWG eine "Privatisierungsorgie" vor, mit der sie der Villa Fuchs etwas "zuschustert", was nicht geschlossenen Verträgen entspreche. Noch schärfer ging Frank Hackenberger (Linke) mit der gewünschten Aufstockung ins Gericht: "Wenn ich eine Kalkulation für einen Dienstleistungsvertrag erstelle und fordere neun Monate später 16 Prozent mehr Geld, würde mich mein Kunde achtkantig rausschmeißen." Hackenberger sah in dem Antrag einen "offensichtlichen Zusammenhang" mit der Bildung des Jamaika-Bündnisses im Land: "Der Antrag der Villa Fuchs wurde einen Tag nach der Zustimmung der Grünen zur Koalition mit CDU und FDP verfasst. Wurde hier auf lokaler Ebene die Zustimmung der Grünen zu Jamaika erkauft?"Bernd Seiwert verteidigte die Aufstockung: "Der Vertrag mit der Villa Fuchs ist ein Resultat dessen, dass die städtische Kulturarbeit auf ganzer Linie versagt hat." Die Finanzmanipulationen im Kulturamt hätten Merzig 1,6 Millionen Euro gekostet. Patrick Maurer (FDP) sagte, die Stadt gebe nicht mehr Geld aus, wenn sie dem Antrag entspreche: "Wir sparen durch die Nichtbesetzung der Kulturamtsleiter-Stelle 50 000 Euro ein." Dem widersprach Dieter Ernst: "Die Stelle ist derzeit unbesetzt, sie kostet die Stadt kein Geld." Daher bedeute der Vorschlag keine echte Einsparung.OB Lauer hielt es für "nicht fair", zu erklären, dass die städtische Kulturarbeit insgesamt versagt habe. Vielmehr gehe es um "schwer wiegende Verfehlungen einer einzelnen Person". Dies rief Werner Schönwiese (CDU) auf den Plan: "Wenn gesagt wird, das Fiasko im Kulturamt hatte nur eine einzige Person zu verantworten, ist das lächerlich." Die frühere Kulturamtsleiterin habe bei ihren Finanzmanipulationen nur so handeln können, "weil sie Narrenfreiheit hatte".

Auf einen blickIn ihren Schreiben an die Stadt hatte die Villa Fuchs zum einen eine Aufstockung der städtischen Mittel für den Merziger Kultursommer zur Attraktivitätssteigerung um 10 000 Euro beantragt, was einer Verdoppelung der bisherigen Zuschüsse entspricht. Ein zweiter Antrag bezog sich auf die vorzeitige Verlängerung des bis Ende 2010 laufenden Kooperationsvertrages mit der Stadt. Dies sei notwendig, so das Argument der Villa Fuchs, um frühzeitig Planungssicherheit für die weitere Kulturarbeit zu bekommen. Die Villa Fuchs hatte eine Verlängerung um fünf Jahre bis 31. Dezember 2015 vorgeschlagen. Der zuständige Ausschuss und die Verwaltung hielten eine Verlängerung bis Ende 2013 für ausreichend. Zu diesen beiden Punkten war der Stadtrat einer Meinung und entsprach den Anträgen einstimmig. cbe

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