Perl „Früher war Weinbau Nischenproduktion“

Der Ökonomierat ist die vierte Generation im Familienbetrieb, der sein 100-jähriges Bestehen feiert. Im Interview spricht er über die Veränderungen, die der Weinbau durchgemacht hat.

 Helmut Herber bei seiner Ernennung zum Ökonomierat

Helmut Herber bei seiner Ernennung zum Ökonomierat

Foto: rup

Herr Herber, was hat sich im Laufe der 100 Jahre im Weinberg geändert?

HERBER Früher war alles Handarbeit, es gab noch keine Maschinen und Traktoren.

Mit welchen Sorten hat Ihr Urgroßvater Martin Herber begonnen?

HERBER Vermutlich Elbling, es gibt hierfür keine Aufzeichnungen.

Welche Sorten hat Ihr Großvater dazu genommen?

HERBER Es war damals ein Gemischtbetrieb, der Schwerpunkt war die Landwirtschaft, die durch Obst- und Weinbau ergänzt wurde. Denn in der damaligen Zeit war die Produktion von Nahrungsmitteln wichtiger als der Wein als Genussmittel.

Wie groß war der Weinberg, den Ihr Urgroßvater gekauft hatte?

HERBER Darüber gibt es leider keine Aufzeichnungen. Weinbau wurde nur dort betrieben, wo durch starke Hangneigung die Landwirtschaft zu schwierig war. Eine Regel aus dieser Zeit: „Wo ein Pflug kann gehen, soll kein Rebstock stehen.“

Wie viele Hektar bewirtschaften Sie heute?

HERBER Rund elf Hektar.

Hat er das älteste Weingut an der saarländischen Obermosel begründet?

HERBER Nein, die Familie Herber ist seit 1737 ununterbrochen in Perl ansässig und war immer in der Landwirtschaft tätig.

War Bürgermeister Leo Schneemann, von dem Ihr Urgroßvater das Weingut kaufte, bereits als Winzer tätig?

HERBER Er war Bürgermeister, ob er auch Landwirtschaft betrieben hat, können wir nicht mehr nachvollziehen.

In zehn Jahrzehnten gab es sicherlich Höhen und Tiefen. Was waren die einschneidenden Ereignisse?

HERBER 2018 war die qualitativ beste Ernte in meinem Winzerleben. Mit Sicherheit der Zweite Weltkrieg und die zweimalige Evakuierung, hier musste alles stehen und liegen gelassen werden. 1971 hatten wir einen Totalausfall der Ernte durch Hagel.

Was hat sich in Sachen Geschmack in 100 Jahren geändert?

HERBER Ich kann nur über 50 Jahre sprechen. In den 60er und 70er Jahren war der süße Wein im Trend, dann kam in den 80ern so langsam der trockene Wein in Mode.

Welche Sorten wurden im Laufe der Zeit hinzugenommen?

HERBER Spätburgunder, Chardonnay, Sauvignon Blanc, Dornfelder.

Was sind zurzeit die beliebtesten Sorten?

HERBER Grauburgunder und Auxerrois.

Was hat sich an dem Beruf des Winzers in den vergangenen 100 Jahren geändert?

HERBER Früher war der Weinbau nur eine Nischenproduktion, wie schon vorher gesagt, die Landwirtschaft war viel wichtiger.

Was bezeichnen Sie als größten Erfolg des Weingutes?

HERBER Dass die Weine und das Weingut Ökonomierat Herber im Saarland bei den Weinkennern bekannt sind.

Mittlerweile lebt Ihre Familie in der vierten bis sechste Generation im Weingut. Wird auch die sechste Generation die Tradition des Weinanbaus fortsetzen?

HERBER Da meine Enkel alle nicht älter als vier Jahre alt sind, ist dies noch sehr schwer abzuschätzen, aber sicherlich hoffe ich, dass die Tradition weitergeführt wird.

War es schwer, Ihren Sohn Matthias davon zu überzeugen, das Weingut zu übernehmen?

HERBER Nein, es war irgendwann seine Entscheidung, den Betrieb weiterzuführen.

Was geben Sie Ihrem Nachfolger im Weinberg mit auf den Weg?

HERBER Bei meinen Eltern hing ein Bild – Bauer mit Pferd und Pflug – mit einem Spruch an der Wand: „Was du ererbst von Deinen Vätern, erwerb es, um es zu besitzen.“ Das ist in einem landwirtschaftlichen geprägten Betrieb wichtig, denn man strebt nicht nach Quartalsergebnissen, sondern man denkt in Generationen.

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