Traubenlese in Sehndorf Harte Arbeit für einen guten Tropfen

Perl-Sehndorf · Umweltminister Reinhold Jost ordnete sich gestern auf dem Sehndorfer Klosterberg in die Helferriege bei der Weinlese ein.

 Etwa 40 Prozent der Ernte des Bio-Weingutes Ollinger-Gelz sind geschafft. Von links: Simon Ollinger, Sabine Schorr (Pressesprecherin), Willi Ollinger und Minister Reinhold Jost.

Etwa 40 Prozent der Ernte des Bio-Weingutes Ollinger-Gelz sind geschafft. Von links: Simon Ollinger, Sabine Schorr (Pressesprecherin), Willi Ollinger und Minister Reinhold Jost.

Foto: a-n

Das Bio-Weingut Ollinger-Gelz in Perl-Sehndorf, Marienstraße 40, kann sich Jahr für Jahr auf seine vertrauten Erntehelfer verlassen. Gestern allerdings bekamen es Senior-Chef Willi Ollinger und Sohn Simon mit einem wirklich prominenten Helfer zu tun: Umweltminister Reinhold Jost ordnete sich auf dem Sehndorfer Klosterberg in die Helferriege ein und ließ sich zunächst einmal die wichtigsten Handgriffe bei der Weinlese erklären.  Und dass Jost sich durchaus ernsthaft für dieses einzige Bio-Weingut des Saarlandes interessierte, offenbarte sein engagierter Arbeitseinsatz, der übrigens selbst dann noch nicht ausklang, als sich der SZ-Vertreter schon wieder  verabschiedet hatte.

Während der Minister zu früher Morgenstunde die reifen Trauben aus den Rebstöcken zwackte, wollte er natürlich wissen, wie in diesem Jahr voraussichtlich die Ernte des Weinguts nahe der Grenze zu Luxemburg ausfallen wird. „Diese Frage hören wir immer wieder“, lachte der Senior-Chef, „das kann man noch gar nicht sagen.“

Sicher sei allerdings jetzt schon, dass sich die Winzer rund um Sehndorf diesmal mit einer „erbärmlich geringen Menge“ zufrieden geben müssen. Dafür zeichne sich bereits angesichts der hohen Mostgewichte eine ausgesprochen gute Qualität des diesjährigen Weins ab. Qualität und Quantität des Weins gingen diesmal halt in unterschiedliche Richtungen.

Und schon rückte wieder der Klimawandel in den Gesprächsmittelpunkt. Obwohl auf dem Sehndorfer Klosterberg erst etwa 40 Prozent der Weinernte eingefahren worden ist, beobachtet Simon Ollinger seit einigen Jahren einen aus seiner Sicht positiven Einfluss des Klimawandels: „Die sonst immer wieder beklagte verstärkte Sonneneinstrahlung tut unseren Trauben in den Mosellagen natürlich ausgesprochen gut.“

Ganz verheerend seien dagegen die scharfen Fröste Anfang Mai gewesen, denen ein beachtlicher Anteil der Trauben in diesem Jahr zum Opfer gefallen sei. Der Minister wollte über die aktuellen Perspektiven der diesjährigen Weinernte hinaus auch gerne wissen, wie sich der Wechsel vom konventionellen zum Bio-Weinbau der Familie Ollinger-Gelz gestaltet hat.

Solche Fragen griff Willi Ollinger gerne auf. Er habe als gelernter Mess- und Regelmechaniker in den 80er-Jahren als „Seiteneinsteiger“ das Weingut von seinen Schwiegereltern übernommen. „Immer mehr allergische Reaktionen bis hin zu Asthmaanfällen haben in mir aber schon nach wenigen Jahren die Frage aufkommen lassen, ob das mit dem konventionellen Weinanbau für mich alles so seine Richtigkeit haben kann.“ Also habe er begonnen, sich über einen modernen Bio-Weinanbau zu informieren.

Wenige Jahre später stellte der heutige Seniorchef mit ausdrücklicher Billigung des Schwiegervaters die Bewirtschaftung des Betriebs um, der heute als einziges Bio-Weingut des Saarlandes gilt. „Inzwischen weiß ich, dass dies der richtige Schritt war – meine allergischen Reaktionen am eigenen Körper gehören längst der Vergangenheit an.“ Der Sehndorfer räumte aber gleichzeitig ein, dass sich diese neue Weichenstellung über Jahre erstreckte und letztlich nur dank gesammelter eigener Erfahrungen zum Erfolg führen konnte.

„Aus war’s dann mit chemischen Spritzmitteln. Es gilt, die natürlichen Abwehrkräfte der Rebe zu stärken und sie damit gegen diese Pilzkrankheiten widerstandsfähig zu machen“, sagte Ollinger. „Pflanzenextrakte – zum Beispiel aus Ackerschachtelhalm gewonnen  – kräftigen Blattoberfläche und Beerenhaut. Wir Biowinzer spritzen die Weinberge also auch, nur eben mit anderen Mitteln.“

Und während er Minister Jost eine versehentlich abgeschnittene sonnenverbrannte Traube aus der Hand nahm, zeigte er auf den wuchernden Klee unter den Rebstöcken: „Das ist einer unser natürlichen Stickstoffsammler, mit denen wir unsere Pflanzen düngen. Außerdem pflegen wir Blühpflanzen, die im Sommer eine Vielfalt von Insekten anlocken, die ihrerseits wieder Schädlinge vertilgen, gegen die wir früher chemische Herbizide einsetzen mussten.“

Unterm Strich habe sich für seine Familie die Umstellung vom konventionellen zum Bio-Weinbau in jeder Beziehung gelohnt, verriet der Winzer. Und weil Jost bei diesem Thema schon seines Jobs als Umweltminister des Saarlandes wegen immer genau zuhört, führten Vater und Sohn Ollinger dieses Gespräch mit ihm munter weiter fort, was Reinhold Jost freilich nicht davon abhielt, emsig weiter die reifen Trauben zu ernten.

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