Sportforum „Der Weg führt eben nicht nur nach oben“

Perl · Johannes Rydzek ist der „König der Kombinierer“. Über seine Erfolge, aber auch über die Tiefschläge in seiner Karriere und viel Privates sprach er am Freitagabend beim 13. Sportforum des Landkreises Merzig-Wadern in Perl.

 Johannes Rydzek im Gespräch mit ZDF-Moderatorin Anja Fröhlich.

Johannes Rydzek im Gespräch mit ZDF-Moderatorin Anja Fröhlich.

Foto: Foto: Carina Ballof-Meeß /Landkreis

Johannes Rydzek wirkt gelöst, als er am Freitagabend beim 13. Sparkassen-Sportforum des Landkreises Merzig-Wadern in der Aula des Schengen-Lyzeums in Perl über sich und sein Sportlerleben spricht. Im Februar krönte er sich in Pyeongchang zum König der Nordischen Kombinierer, gewann neben Olympia-Gold von der Großschanze auch den Teamwettbewerb mit Deutschland. Seit gut drei Wochen hat zudem das private Glück einen Höhepunkt erreicht. Da heiratete der 26-jährige Oberstdorfer seine langjährige Freundin Lissi. Aus seiner Sicht „ist ein Grundstein für den sportlichen Erfolg auch das Wissen, dass da jemand ist, der mich immer nimmt, wie ich bin“, sagt Rydzek.

 Wie er ist, da gewährt der 26-Jährige in Perl Einblicke: Ob sich sein Leben seit Olympia in Korea verändert habe? „Nee, zum Glück nicht“, sagt er. Das Interesse sei „natürlich nochmal gestiegen. Aber ich habe zu Hause immer noch die alten Freunde und die Familie.“

Rydzek erzählt von den Anfängen im Sport, etwa dem ersten Skisprung­anzug, einer Maßanfertigung: „Ich war mit vier Jahren halt nicht der Größte.“ Die Erinnerung an den ersten Sprung von der 20-Meter-Schanze? „Dunkel vorhanden“, sagt Rydzek: „Ich wollte jedenfalls gleich wieder hoch.“

Die Schanze stellt dennoch nach wie vor eine Überwindung dar, sich den steilen Anlauf hinunterzustürzen, ist nicht ohne: „Wenn man auf die Kante zufährt, sieht man den Absprung erst sehr spät“, erläutert Rydzek: „Bis das Luftpolster greift, ist es immer ein spannender Moment. Wenn man dann in der Luft gleitet, macht es aber richtig viel Spaß – vor allem, wenn man merkt: Es geht weit.“ Dennoch sagt er auch: „Springen alleine wäre mir zu wenig.“

Die Faszination für Schnee und Höhen wurde ihm irgendwo in die Wiege gelegt: „Ich bin in Oberstdorf aufgewachsen, wo sich im Tal ein unglaubliches Panorama bietet. Die Berge haben mich daher schon immer fasziniert, sie geben mir unheimlich viel Kraft“, sagt Rydzek. Auch um Rückschläge wegzustecken, denn Rydzek hat auch schon Schattenseiten erlebt – wie bei Olympia 2014 in Sotschi, als er im Sprint einer Fünfergruppe um den Sieg vom eigenen Teamkollegen Fabian Rießle unglücklich berührt wurde und wegrutschte. Weil sich die Deutschen gegenseitig „ausmanövrierten“, siegten zwei Norweger. Silber im Team sei damals ein Trost gewesen, so richtig verarbeitet hat er das Ganze aber erst seit Pyeongchang, wo Rießle, Eric Frenzel und er als Sieger den zuvor verpassten deutschen Triumph nachholten. Heute sagt Rydzek zum Malheur von 2014: „Es gehört zu den emotionalen Erfahrungen, die man machen muss und die ich nicht missen möchte. Der Weg führt eben nicht nur nach oben. Ich habe das für mich irgendwo gebraucht.“

Er kam stärker denn je zurück, schon die Saison 2016/17 lief überragend: In Lahti holte Rydzek bei der Nordischen Ski-WM alle vier Goldmedaillen, zwei im Einzel, mit der Mannschaft und im Teamsprint. Insgesamt ist er sechsfacher Weltmeister – und steht im Guiness-Buch der Rekorde: Im 50-Meter-Schanzenhochlaufen hält er mit 27,69 Sekunden die Bestmarke. „Das war tatsächlich verrückt“, sagt Rydzek: „Und absolut anstrengend. Ich habe das total unterschätzt. Aber enorm, dass ich im Guinness-Buch stehe“, sagt er und lacht.

Er ist dankbar, sich beim Zoll-Ski-Team intensiv dem Sport widmen zu können: „Wir profitieren enorm von den öffentlichen Einrichtungen – dass wir so viel in unseren Sport investieren können.“ Beim Studium für Wirtschaftsingenieurwesen kam ihm auch seine Uni in Kempten seit 2012 stets entgegen: „Es fehlt nur noch die Bachelorarbeit“, verrät Rydzek.

Und die weiteren sportlichen Ziele? „Bei der WM in Seefeld bin ich ja vierfacher Titelverteidiger. Wenn ich da vorher sagen könnte: Ich bin körperlich zumindest in der Lage, das zu verteidigen, wäre das toll“, sagt Rydzek. Den Gesamtweltcup, wo er 2014 und 2017 (jeweils hinter Eric Frenzel) Zweiter wurde, habe er dagegen nicht unbedingt auf dem Zettel: „Da muss einfach so viel passen. Das kann man nicht planen.“ Aber die Basis für weitere Erfolge ist gelegt: „Jeder entwickelt automatisch Ehrgeiz, wenn er seine Passion gefunden hat – für mich ist das die Nordische Kombination“, sagt Rydzek.

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