Ruine statt schmuckem Eingangsportal

Perl · Bürgermeister Ralf Uhlenbruch will nach seinem Bekunden einen neuen Anlauf nehmen, um mit Zuschüssen den baufälligen Perler Bahnhof zu sanieren. Die SPD macht die Ruine zum Thema im Gemeinderat am Montag.

 Perler Bürger entschuldigen sich für den unansehnlichen Zustand des Bahnhofs. Foto: Karl Friedrich

Perler Bürger entschuldigen sich für den unansehnlichen Zustand des Bahnhofs. Foto: Karl Friedrich

Foto: Karl Friedrich

Dreckig, heruntergekommen, eine baufällige Ruine, die scheinbar nur noch von Eisenträgern gehalten wird: Der Perler Bahnhof, Eingangstor zum Saarland und Startpunkt der beiden Fernwanderwege Mosel- und Saar-Hunsrück-Steig, ist ein Albtraum. Mit einem Transparent, aufgehängt am Perler Bahnhof, entschuldigen sich Bürger von der Obermosel bei ihren Besuchern für den erschreckenden Zustand des Gebäudes, das seit rund zehn Eigentum der Gemeinde ist. "Ich entschuldige mich auch", kommentiert Bürgermeister Ralf Uhlenbruch (CDU ) den Text auf der Banderole.

Gespräche anberaumt

Der Verwaltungschef im Perler Rathaus will jetzt einen neuen Anlauf nehmen, um EU-Zuschüsse locker zu machen, den Bahnhof jetzt endlich zu sanieren. "Es ist zu lange gewartet worden", sagt er. In zwei oder drei Wochen wird es laut Uhlenbruch dazu erste Gespräche im Innenministerium geben.

Wurden die Sanierungskosten laut Uhlenbruch 2009 mit einer Million bis 1,3 Millionen Euro veranschlagt, waren es 2012 schon 1,6 Millionen bis zwei Millionen Euro . Jetzt sei mit rund zwei Millionen zu rechnen - jene Summe, vor der der Gemeinderat 2012 zurückschreckte und ihn in seiner September-Sitzung auf 1,6 Millionen Euro reduzierte. Auch dieser Betrag erschien der CDU-Fraktion zu hoch, weshalb sie im November einen Antrag einbrachte, die Kosten auf 1,1 Millionen Euro zu begrenzen, und mit Mehrheit der Stimmen auch durchsetzte. Aus der geplanten Sanierung wurde erstmal nichts, das Gebäude dümpelte weiter vor sich hin.

Nutzungskonzept steht

"Wir haben keine Förderung mehr erhalten, weil das Landesprogramm "KIWI" (Anmerkung der Redaktion: "kreativ"-"integrativ"-"wirtschaftlich"-"innovativ") ausgelaufen war", sagt der Rathauschef. "Wenn wir einen Zuschuss erhalten, werden wir mit der Kommunalaufsicht reden, unsere Kreditaufnahme von bislang 400 000 Euro zu erhöhen." Für ihn steht fest: Es muss dringend etwas passieren, auch im Umfeld.

Für die untere Etage kann er sich das Heimatmuseum vorstellen, dazu Platz für Konzerte und Ausstellungen, für die obere Etage schwebt ihm ein Platz für ein Sport-Freizeit-Event oder eine Erlebnis-Gastronomie vor - Ideen, die bereits 2012 schon einmal zusammengetragen worden sind. "Man braucht das Rad ja nicht neu zu erfinden", sagt er.

Auch eine freie Musikschule habe angeklopft und nach Räumen gefragt. Mit den Verantwortlichen der Bahn, die einen Technikraum in dem Gebäude angemietet hat, ist nach Uhlenbruchs Bekunden dieser Tage vereinbart worden, dass sie sich verpflichten, den Bahnhof barrierefrei auszubauen. "Anvisiert ist dieser Umbau für 2018/2019", sagt er Verwaltungschef.

Der destaströse Zustand des Bahnhofes ist auch der SPD-Fraktion ein Dorn im Auge. Daher will sie dies zum Thema in der Gemeinderatsitzung am kommenden Montag, 24. Oktober, 17 Uhr, im Sitzungssaal des Perler Rathauses machen.

SPD stellt Fragen

"Es ist der hässlichste und marodeste Bahnhof einer Touristengemeinde an der Mosel - zumindest bis Koblenz", sagt Frank Schmitt, SPD-Fraktionsmitglied im Perler Gemeinderat. Für das Eingangstor des Saarlandes von Luxemburg, Frankreich und Rheinland-Pfalz müsse man sich schämen. So haben Schmitt und seine Genossen einen Fragekatalog erarbeitet, den sie beantwortet haben möchten. "Wie hoch ist jetzt die Summe für eine Sanierung?", lautet nach Schmitts Worten eine Frage. Eine weitere: "Wie hoch waren die Kosten bei der Übernahme des Bahnhofes?" Auch die Kosten, die auf die Gemeinde zukommen wird, wollen sie thematisieren.

Bis ein Bautrupp endgültig anrückt, um um die Ruine auf Vordermann zu bringen, wird ein Architekt dafür sorgen, dass das Gebäude nicht zusammenbricht. "Regelmäßig macht er Kontrollgänge in dem Gebäude , damit Bahnfahrer nicht gefährdet sind", sagt Uhlenbruch.

Meinung:

Politik vor dem Offenbarungseid

Von SZ-Redakteur Christian Beckinger

 Kein schöner Anblick für Fahrgäste. Foto: Maria Wimmer

Kein schöner Anblick für Fahrgäste. Foto: Maria Wimmer

Foto: Maria Wimmer

Dem Verfall preisgegeben, abbruchreif - wenn die Volksvertreter in Perl nicht wollen, dass der Zustand des Perler Bahnhofes bald als Sinnbild für die Verfassung der Kommunalpolitik an der Obermosel steht, müssen sie schleunigst in die Gänge kommen. Zu viele drängende Probleme sind unerledigt geblieben in den vergangenen Jahren. Das hatte viel mit dem Dauerzoff zwischen SPD-Bürgermeister und CDU-Ratsfraktion zu tun, der sich - seit dem Machtwechsel auf dem Rathaus-Chefsessel - unter umgekehrten Vorzeichen fortzusetzen droht. Aber die Bürger wollen dieses Gezänk nicht. Ob zukünftige Grundschulstruktur, Seniorenresidenz, Kinderbetreuung oder eben der skandalöse Schandfleck Perler Bahnhof: Die Perler verlangen nach Lösungen. Und das zu Recht. Sonst kann die Politik den Offenbarungseid leisten.

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