Wein bei den Römern Ein Schädelspalter galt als Delikatesse unter den Weinen

Perl · Koch Christian Heinsdorf und Winzer Peter Petgen verraten, wie Cäsars Legionen kelterten und tranken.

Christian  Heinsdorf

Christian Heinsdorf

Foto: Ruppenthal

Peter Petgen und Christian Heinsdorf aus Perl sprechen über die Herstellung und Verarbeitung von Wein bei den alten Römern. Sie beziehen sich dabei auch auf heutige Praktiken. Außerdem gehen sie auf die Trinkgewohnheiten der Römer ein, von denen man heute noch kosten darf.

Wie haben die Römer den Wein gekeltert?

Christian Heinsdorf: Es gab zwei Methoden: Erstens wussten sie schon, wie man Wein mechanisch pressen kann. Das wurde „Baumkeltern“ genannt. Bevor eine solche Anlage erfunden war, oder wenn keine vorhanden war, wurde die Lese mit den Füßen gestampft. Bei dieser Methode, wurde auch dafür gesorgt, dass die „Stampfer“ saubere Füße und keine offenen Wunden hatten. Dabei standen sie barfuß in den Becken und hielten sich an Krücken fest, damit sie nicht umfielen.

Peter Petgen: Eine funktionsfähige Baumkelteranlage kann man sich im Schloss Thorn in Palzem genau ansehen. Darüber hinaus kannten die Römer damals schon hervorragende Lagen und haben den Weinbau in zwei Arten betrieben. Es gab gestützte Reben, wie wir sie hier kennen, und am Boden wachsende Stöcke, die es in heißen Gegenden wie Spanien heute noch gibt.

Gibt es Verfahrensweisen, die heute so noch angewandt werden?

Petgen: Wenn ja, ist das mehr Show­effekt, denke ich. Es gibt heute pneumatische Pressen, die die Trauben schonend pressen. Außerdem ist der Aufwand beim Baumkeltern oder Stampfen zu groß, denn es können immer nur kleine Mengen ausgepresst werden. Heute geht das technisch voll automatisiert.

Wie lange war der Wein bei den Römern haltbar und wie wurde er konserviert?

Petgen: Sie haben den Wein in Tongefäßen gelagert und diese im Boden vergraben. So hat man Temperaturschwankungen entgegengewirkt. Die Römer verstanden es auch schon, die Amphoren, das sind bauchige enghalsige Gefäße aus Ton, mit Olivenöl zu verschließen. Sie wussten, dass ein luftdichter Verschluss nötig war, damit nicht so viel Sauerstoff an den Wein geriet. Des Weiteren setzte man zur Römerzeit auch schon Schwefel ein. Das machen wir heute auch noch, bloß in viel geringeren Mengen. In jedem Wein ist heute Sulfit zur Konservierung, als Oxidationsschutz und zum Schutz vor Mikroorganismen.

Sie sagten, heute konservieren wir den Wein mit Schwefel. Wie wird das gemacht?

Petgen: Aktuell haben wir die Mikrofiltration, die sehr schonend ist. Damit können wir einen sehr trüben Wein in einem Arbeitsschritt zu klarem Wein filtrieren. Danach benötigen wir nur eine geringe Menge Schwefel als Oxidationsschutz. Wein ist ein biologisch aktives Produkt, wobei Hefen und Bakterien reaktionsfähig sind. Wenn man die herausfiltert, tut sich nicht mehr viel. Die Oxidation hingegen benötigen wir, da der Wein nach wie vor in der Lage ist, Sauerstoff aufzunehmen und sonst braun werden würde. In der Römerzeit haben die Weine meist ein Jahr gegoren. Im darauffolgenden Herbst hat man den Wein von der Hefe getrennt und den Schwefel, in Pulverform, zugefügt. Flüssigen Schwefel in Gasflaschen gab es damals nicht.

Was wurde dem Wein zu Zeiten der Römer sonst noch hinzugefügt?

Heinsdorf: Aschenlauge, Flöhkraut, Salz, Schwefel, Gips, Pinien- und Pistazienharz, Pech oder zerstoßener Marmor wurden hinzugefügt, um den Wein haltbar zu machen und ihn zu verfeinern. Kalk gab man bei, um die Säure zu mildern.

Der Geschmack des Weins bei den Römern soll sehr sauer und essiglastig gewesen sein. Wodurch kam das und was haben die Römer dagegen getan?

Petgen: Wir hatten damals ein anderes Klima als heute. Die Zuckerwerte und damit auch die Qualitäten waren einfach anders. Die Trauben hatten zu Römerzeiten weniger Zucker und mehr Säure. Auch der Reifegrad des Weins war nicht wie heutzutage. Doch die Römer verstanden es, ihre Weine mit Honig zu süßen oder zu würzen.

Heinsdorf: Die Römer haben „Vinum Paradoxum“ oder „Mulsum“ aus den Rohweinen hergestellt. Mulsum war das bekannteste weinartige  Getränk. Dazu wurde ein Drittel eines trockenen Grundweins mit Gewürzen wie Pfeffer, Koriander, Lorbeer, Nelken oder Wacholder und mit Honig aufgekocht. Dieser Trunk wurde zu dem restlichen Wein gemischt. Er ist nicht zu verwechseln mit Met, der eher bei den Kelten und Wikingern getrunken wurde. Apicius und Lukull waren bekannte Feldherren und Gourmets der Römer. Von ihnen stammen auch die Rezepte, die wir in der Villa-Borg-Taverne verwenden.

Wird der Wein in Ihrer Taverne selbst gemacht, Herr Heinsdorf?

Heinsdorf: Wir kochen und würzen den „Mulsum“ selbst. Der Grundwein hierfür ist nicht selbst hergestellt, ist aber ein Elbling hier aus der Region.

Was ist Ihnen über die Trinkgewohnheiten der Römer bekannt?

Petgen: Sie hatten Amphoren, in denen der Wein auch gelagert wurde. Die Reichen hatten auch schon Trinkgefäße aus Glas, die man aber nicht mit den heutigen Gläsern vergleichbar kann. Dass die Römer nicht wenig getrunken haben, ist auch bekannt. Damals stand jedem römischen Legionär – auch in Friedenszeiten – ein kräftiges Quantum an Wein täglich zu. In Kriegszeiten waren es noch größere Mengen.

Heinsdorf: Für die normalen Leute war Wein definitiv unerschwinglich, aber sie haben den Wein verdünnt getrunken. Trotzdem haben sie regelmäßig, also fast täglich, getrunken. Die High Society hat richtig ordentlich gefeiert. Sie hat sehr hochwertige Weine auch pur getrunken. Sie hat sich sogar aus den Bergen Eis besorgt, um den Wein zu kühlen. Die Kühlung für den Wein war dann teurer als das Getränk selbst. Der teuerste und beliebteste Wein damals war der Falerner - und es sind über 80 Sorten Wein bekannt. Darunter gab es auch richtige Kostbarkeiten, die 20 Jahre gelagert wurden. Sie hatten eine braune, bernsteinartige Farbe und verursachten üble Kopfschmerzen. Dennoch waren sie als Delikatesse hoch angesehen.

Welchen Stellenwert hatte Wein bei den Römern?

Heinsdorf: Wein hatte einen sehr hohen Stellenwert. Vom Militär gab es Schreiben von Kommandeuren an ihre Feldherren, die eine bloße Aufforderung zur Zusendung von Wein darstellten.

Tranken Frauen wie Männer?

 Peter   Petgen

Peter Petgen

Foto: rup/Rolf Ruppenthal

Heinsdorf: Ja definitiv. Selbst Sklaven durften Wein trinken. Das zeigt, wie wichtig das Getränk für die Kultur war. Alle tranken, zu jeder Zeit.

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