Kolumne Wort zum Alltag Miteinander voller Respekt

Palmsonntag 2012 in Jerusalem war für mich ein besonderes Ereignis. Gemeinsam mit tausenden Christen aus aller Welt bin ich auf den Spuren Jesu von dem biblischen Ort Betfage über den Ölberg in die Altstadt von Jerusalem gezogen. Viele katholische Gemeinden aus den Palästinensergebieten hatten die Erlaubnis bekommen, die Grenze, die mittlerweile eine hohe Mauer ist, zu überqueren. Sie nahmen in großer Anzahl mit viel Musik und bunten Fahnen an der Prozession teil. Auch aus vielen anderen Ländern der Welt waren Musikgruppen dabei. Es wurde gesungen und getanzt. Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich. Vor mir waren Christen von den Philippinen mit Gitarren, hinter mir Italiener mit Trommeln, dazu kamen Brasilianer, Koreaner, Polen und so weiter – ein buntes Völkergemisch.

Ein wenig hat es mich an die im Buch Jesaja beschriebene Völkerwallfahrt zum Berg Zion erinnert (Jes. 2). Die Strecke führt durch muslimische Wohnviertel und an einigen jüdischen Häusern vorbei. Neben der ausgelassenen Stimmung der Prozessionsteilnehmer sind mir vor allen Dingen die vielen muslimischen und jüdischen Familien in Erinnerung, die am Wegrand standen und ganz interessiert und neugierig waren. Viele haben Fotos gemacht und Eltern beziehungsweise Großeltern haben den Kindern versucht zu erklären, was da gerade geschieht. Und in vielen Gesichtern habe ich gesehen, dass die Fröhlichkeit der Prozession auch die Zuschauer angesteckt hat. Friedliches Miteinander von Menschen verschiedener Religion, Sprache und Herkunft ist möglich, wenn wir Respekt, echtes Interesse und Neugier für den anderen haben. Und dann kann die Freude am Glauben dabei helfen, den anderen in seiner Andersartigkeit nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung anzusehen.

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