Was die Titanic und die SPD verbindet

Saarhölzbach · Ob als Gedicht oder als Bild: So mancher Fastnachter machte sich einen Reim auf die Vorgänge um das Flüchtlingsheim in Saarhölzbach. Rund 20 Gruppen zogen am Sonntagnachmittag durch den Ort.

 Oben Mexico, unten am Fuße der Pyramide das Flüchtlingswohnheim „Auf Kappelt“. Fotos: Rolf Ruppenthal

Oben Mexico, unten am Fuße der Pyramide das Flüchtlingswohnheim „Auf Kappelt“. Fotos: Rolf Ruppenthal

 Integrativer Umzug: In Saarhölzbach feierten am Sonntag Jung und alt, Einheimische und Fremde gemeinsam.

Integrativer Umzug: In Saarhölzbach feierten am Sonntag Jung und alt, Einheimische und Fremde gemeinsam.

Lieder zum Schunkeln, die beiden Tollitäten, Tatjana I. und Sascha I. in den Helzbicher Vereinsfarben Grün-Weiß, und viele zauberhafte Kostüme: Begeistert begrüßen die Saarhölzbacher den bunten Gaudiwurm, in dem auch die Affäre um das Flüchtlingsheim "Auf Kappelt" aufs Korn genommen wird.

Das Wichtelgesicht auf dem Bauch, die rote Zipfelmütze verdeckt das Gesicht - bis auf die Augenpartie, die durch roten Tüll einen Durchblick ermöglichen. Die sechs Giftzwerge vom Kappelt-Berg finden beim Fastnachtsumzug in Saarhölzbach gestern Nachmittag sofort Fans. "Superidee" lobt Daniela Jakobs, als aparter Franzose mit Schnauzer getarnt. Trotz der Komplettverkleidung erkennt die Saarhölzbacherin, die mit ihren Leuten die Erinnerung an den aufgelösten Sportverein wachhält, Schramm sofort und fällt ihr um den Hals. "Wir sind zwar Giftzwerge, aber nicht giftig", lacht Erika Schramm. Doch die Affäre um die Flüchtlingsunterkunft in Saarhölzbach ist für die sechs begeisterten Fastnachter ein willkommenes "Fressen".

"Wir nehmen jedes Jahr ein aktuelles Thema aufs Korn", verrät Schramm. Klar, dass die Gruppe sich die Gelegenheit nicht entgehen lässt, den Immobilien-Skandal durch den Kakao zu ziehen. Proppenvoll ist der Wagen, mit dem sich die Gruppe in den Fastnachtsumzug einreiht - fröhliches Winken eingeschlossen.

Derweil sind die Mamas und Papas angetreten, "die Korruption im Saarland aufzudecken", wie die Gruppe von Nachbarn sagt. Als feurige Mexikaner verkleidet, geben sie einen Einblick in das Land, den Tequila eingeschlossen. Die Flasche mit dem so typischen Agaven-Schnaps, ein Werk von Jörg Meurers, prangt auf dem Traktor, der den Prunkwagen zieht. An einer Seite des Wagens hat der begeisterte Hobbymaler die alte Schule gemalt: "das Gebäude, das man nicht mehr sehen kann." Auf den passenden Spruch haben die Freunde, die Familien Meurers, Scholl und Oswald, nach ihrer Darstellung verzichtet. "Es ist darüber schon genug geschrieben worden", begründen sie ihre Zurückhaltung. Unbeantwortet bleibt auch die Frage, wer die Dame denn sein soll, die über der Landschaft thront. Die Antwort ist hintergründig "Genug gelästert", meinen sie.

Eifrig in Reimen haben sich die Binessenbabes geübt: "Die Titanic sank auf hoher See, im Rathaus war's die SPD ", haben die zehn jungen Leute auf die eine Seite ihres Wagens geschrieben. Auf der anderen Seite ist zu lesen: "Der Bürgermeister hat sich verschätzt und verließ das sinkende Schiff zuletzt." Während sich die Girls in Mariechen-Uniform zum Gang durch das Dorf klarmachen, feiern die Leute vom Jugendclub Geburtstag: "Zehn Jahre Zirkus im Dorf" lautet ihr Motto für den Umzug - ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt. Für das Jubiläum lassen sich Moritz Strupp, Celine Groß und all die anderen nicht lumpen, entführen in die Welt der Dompteure und Artisten. Ein paar Meter weiter verkürzt sich die Nachwuchsprinzessin des KV "Hol iwwa!", Lilly Meurers, die Wartezeit bis zum Start des Zuges mit einem Tänzchen mit Gardemädchen. Derweil betrachtet der Mini-Löwe Ben, zwei Jahre alt, das Treiben der Steinzeitmenschen - einer Freundesgruppe aus vielen Orten der Gemeinde - mit großen Augen. Dem herzhaften Zug aus dem Glas mit Saft folgt ein strahlender Blick auf die Mama.

Günter Weber plagt die Sorge, ob die Riesen-Lok, den Binessen gewidmet, auch Platz genug bei ihrer Fahrt durch die Zuschauer-Menge hat. Gerne hätten die Binessen-Bulls eine Attacke gegen die SPD gefahren und "der Zug ist abgefahren" auf ihr Prunkstück geschrieben, doch es dann bleiben lassen. "Auf jeder Seite begleiten vier Leute den Wagen - aus Sicherheitsgründen", sagt Weber. "Sein Sohn wird ihn fahren" - er ist Chauffeur des Prunkwagens der Nohner, die in diesem Jahr Jubiläum feiern - 44 Jahre. Während Elferrat und Tollitäten sich einen Platz aussuchen, tanzt Margret Michels, 2011 närrische Botschafterin des Saarlandes, in Gardeuniform mit ihrer Truppe oder flirtet mit den Elferräten.

"Ich hoffe, dass das Wetter auch für unseren Umzug an Rosenmontag ein Einsehen hat", meint sie mit Blick auf Sturmtief "Ruzica", das, so die Befürchtung von Wetterfröschen, Gaudiwürmer überall im Land wegblasen könnte. Doch darüber will sich die charmante Nohnerin noch keine Gedanken machen, sondern in Helzbich ausgelassen feiern. Getreu dem Motto der "Räuber": "Wenn et Trömmelche jeht, dann stonn mer all parat", das die Saarhölzbacher Musiker zum Aufwärmen spielen.

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