St. Gangolf Spuren bis nach Wien: Was  Herz-Jesu-Kirche und St. Josef-Kapelle verbindet

Besseringen/Mettlach · Es ist nicht ohne Weiteres zu vermuten, dass die Besseringer Herz-Jesu-Kirche und die Mettlacher St. Josef-Kapelle mit so verschiedener Geschichte zu verschiedenen Zeiten außer dem Umstand, dass sie beide katholische Gotteshäuser in neugotischem Stil sind, in sonst einem Zusammenhang stehen. Die Verbindung erfolgt über die Kunst im Kontext mit persönlichen Beziehungen, konkret, über die Kreuzwegzyklen in beiden Kirchen.

 Links: Terrakotta-Reliefbild der vierten Kreuzwegstation, „Jesus tröstet die weinenden Frauen“, von Louis Kieffer nach Johann Klein in der Mettlacher St. Josef-Kapelle.

Links: Terrakotta-Reliefbild der vierten Kreuzwegstation, „Jesus tröstet die weinenden Frauen“, von Louis Kieffer nach Johann Klein in der Mettlacher St. Josef-Kapelle.

Foto: Arthur Fontaine

Die katholische Pfarrkirche in Besseringen wurde 1906/07 erbaut, nachdem der Pfarrsitz der alten Pfarrei St. Gangolf am Montclairberg nach Besseringen verlagert worden war. Im Zug der Innenausstattung der Kirche wurden auch Kreuzwegstationen in Form gerahmter Ölgemälde auf Leinwand entlang der Seitenwände angebracht. Wann dies genau geschah, ist nicht bekannt, wahrscheinlich kurz nach der Indienstnahme des Kirchengebäudes. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass die Bilder aus der St. Gangolf-Kirche nach Besseringen gebracht worden sind, wie dies zum Beispiel für die Terrakottastatuen des heiligen Gangolf und des heiligen Sebastian nachweislich geschah. Jedenfalls sind die heute vorhandenen, stark gedunkelten Stationsbilder die ursprünglichen.

Ihre Bilddarstellungen gehen auf den Wiener Nazarenermaler Professor Josef von Führich (1800-1876), Lehrer an der Hochschule für Bildende Künste in Wien, zurück, der die Entwürfe hierzu anfertigte, als er den Auftrag für eine entsprechende Darstellung in der Wiener St Johannes Nepomuk-Kirche erhalten hatte. Führich führte seine Entwürfe in großformatigen Fresken (2,40 Meter mal 1,80 Meter) in den Jahren 1844 bis 1846 selbst aus. Die Kunstwerke sind bis heute in der Kirche erhalten.

Sehr bald wurde dieser Führich-Kreuzweg vielfach bewundert und weit bekannt. So erstaunt es nicht, dass er von Malern über Nachbildungen sowie mit Hilfe der sich zu diesem Zeitpunkt weiterentwickelnden Lithografie bereits ab 1847 rasch und umfangreich über den Kunsthandel verbreitet wurde. Auf diesem Weg gelangten die vom nachschöpfenden Maler gegenüber den Originalen etwas vereinfacht dargestellten Kreuzwegbilder, vielleicht über St. Gangolf, auch in die neue Besseringer Pfarrkirche. Welcher Maler die Repliken in Besseringen angefertigt hat und woher sie bezogen worden sind, ist nicht bekannt. Die Kreuzwegbilder von Führich sind als realistisch, stark bewegt und ausdrucksstark bei Anwesenheit meist vieler Personen zu charakterisieren.

Professor Josef von Führich  hatte in den Jahren 1842 bis 1848 an seinem Lehrstuhl für Geschichtliche Komposition einen Studenten, den er offenbar wohlwollend förderte: Johann Klein (1823-1883). Nach seinem Studienabschluss war Klein neben der Zeichenlehrertätigkeit an einer Wiener Oberschule sehr erfolgreich als freischaffender Künstler auf dem Gebiet der religiösen Kunst tätig.

1887 wurden die Zeichnungen eines Kreuzwegzyklus von Johannes Evangelist Klein, wie er sich als Künstler nannte, nach Kupferstichen gedruckt veröffentlicht. Die Darstellungen verbreiteten sich genau so rasch wie die seines Lehrers Josef von Führich, insbesondere nachdem der renommierte Pustet-Verlag in Regensburg 1880 großformatige Farb-Lithografien des Werkes publiziert hatte. Zudem fertigten zahlreiche Maler Nachschöpfungen an. Selten erfolgte die Ausführung als Terrakotta-Reliefbild. Das aber tat der Trierer Modelleur Karl Ludwig (Louis) Kieffer (1850-1934). Er setzte die zweidimensionalen Zeichnungen Kleins in fast wörtlichem Bildzitat gekonnt in dreidimensionale Mittel-Reliefs um, die er neben anderen religiösen Terrakotta-Bildwerken in seiner 1877 in Trier gegründeten Manufaktur herstellte. Die große Beliebtheit der Kreuzwegbilder Kleins beruhte vor allem auf ihrer Überschaubarkeit, der Konzentration auf das Wesentliche sowie auf ihrer Ausdruckskraft und Innerlichkeit.

 Links: Gemälde der ersten Kreuzwegstation, „Jesus wird zum Tod verurteilt“, nach Josef von Führich in der Herz-Jesu-Kirche in Besseringen.

Links: Gemälde der ersten Kreuzwegstation, „Jesus wird zum Tod verurteilt“, nach Josef von Führich in der Herz-Jesu-Kirche in Besseringen.

Foto: Arthur Fontaine
 Rechts: Original-Fresko der ersten Kreuzwegstation von Josef von Führich in der Wiener Kirche St. Johannes Nepomuk.

Rechts: Original-Fresko der ersten Kreuzwegstation von Josef von Führich in der Wiener Kirche St. Johannes Nepomuk.

Foto: Arthur Fontaine
 Rechts: Kupferstich des Entwurfs der vierten Kreuzwegstation von Johann Klein, Vorlage für die Kreuzweg-Terrakotten von Louis Kieffer.

Rechts: Kupferstich des Entwurfs der vierten Kreuzwegstation von Johann Klein, Vorlage für die Kreuzweg-Terrakotten von Louis Kieffer.

Foto: Arthur Fontaine

Nach der Fertigstellung der Mettlacher St.-Josef-Kapelle 1882 dauerte es wohl noch einige Jahre, bis die Kapelle diesen Kreuzwegzyklus von Louis Kieffer bekam. Der genaue Anschaffungszeitpunkt und die Umstände der Anschaffung sind nicht bekannt. So sind Lehrer und Schüler – von Führich und Klein – weit von ihrem Tätigkeitsort Wien entfernt, in Werken nach ihrer Hand in der engen Nachbarschaft von Besseringen und Mettlach in unseren Tagen noch vertreten und verewigt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort