Ortsratswahl Orscholz Ein Orscholzer SPD-Urgestein erlaubt sich eine andere Meinung
Orscholz · Über 20 Jahre war Hermann Kiefer für die SPD Ortsvorsteher von Orscholz. Jetzt tritt er nach sieben Jahren Ruhestand wieder bei der Ortsratswahl an – für die Freien Bürger Mettlach.
Im Sport kommt es selten vor, in der Politik ist es mindestens genauso ungewöhnlich: ein Comeback nach sieben Jahren. Der das in Orscholz gerade unternimmt, ist in dem Ort seit Jahrzehnten bekannt. SPD-Urgestein Hermann Kiefer kandidiert am Sonntag für den Orscholzer Ortsrat – nicht aber für die Genossen, sondern für die Freien Bürger Mettlach (FBM).
Wie bitte? Der Kiefer Hermann, der 2012 nach 44 Jahren Kommunalpolitik zuerst im Gemeinderat des noch eigenständigen Orscholz, in Kreistag, Gemeinderat Mettlach und Ortsrat Orscholz eigentlich in den Ruhestand gegangen war? Nach über 20 Jahren als Ortsvorsteher, der regelmäßig um die 60 Prozent Stimmen für die SPD geholt hat? Ja, der heute 78-Jährige ist es, der in jüngster Zeit noch einmal häufiger öffentlich präsent war, weil er entschiedener Gegner dessen ist, was SPD und CDU „Entwicklung“, er und andere aber „überbordende touristische Aktivitäten im Cloefbereich“ nennen. Konkret geht es um die Einrichtung eines teilweise kostenpflichtigen Abenteuerspielplatzes im Bereich Vogelsfels und um die Ansiedlung eines Hotels mit Glamping-Resort nahe der Kurklinik (wir berichteten). Nebst Kritik an den Projekten werfen Kiefer und Gleichgesinnte den beiden Parteien vor, durch ihre Beschlüsse in Orts- und Gemeinderat „viele Steuermittel verbrannt“ zu haben.
Wobei Kiefer, angesprochen auf die SPD, betont: „Ich bin da nach wie vor Mitglied und habe auch vor, das zu bleiben.“ Weil Kiefer bei diesem Thema, aber auch in Sachen Vertretung der älteren Menschen mit seiner Partei haderte, traf er sich inhaltlich mit den FBM. Die sind keine Partei, sondern eine parteipolitisch unabhängige Wählervereinigung. Oder, wie es Joachim Badelt, deren Fraktionsvorsitzender im Mettlacher Gemeinderat, formuliert, „offen für alle, die sich in der Sache engagieren wollen“.
Weil es gemeinsame Sachen sind, steht Kiefer jetzt also auf Platz zwei der Orscholzer FBM-Liste. Ein Platz, der angesichts von elf Sitzen im Ortsrat Orscholz keine Garantie bietet, dass das Comeback des 78-Jährigen von Erfolg gekrönt wird. Er selbst ist selbstverständlich optimistisch und rechnet „mit einer Wahl, vielleicht so spannend wie nie“.
Das tun offensichtlich auch einige Genossen. Denn unter anderem Markus Rausch scheint Kiefer zu fürchten. Wie anders ist es zu erklären, dass SPD-Mann Rausch, der insbesondere aus der Affäre um die Flüchtlingsunterkunft „Auf Kappelt“ bekannt ist, nach Informationen unserer Zeitung den Parteiausschluss des früheren Orscholzer Ortsvorstehers betreiben wollte? „Zu Markus Rausch sage ich mal nichts, der ist nicht unbedingt ein ehrenwerter Mann“, sagt Kiefer, von der SZ auf das Ausschluss-Ansinnen angesprochen. Rausch habe wohl auch „ein paar jüngere Sympathisanten“ für seinen Vorstoß gehabt, „den er massiv betrieben hat“. Schließlich hat es Rausch aber nicht nur an der Unterstützung der Genossen, sondern auch an der satzungsgemäßen Grundlage gefehlt.
So hat laut Hermann Kiefer ihm auch SPD-Landeschefin Anke Rehlinger gesagt, sie sehe keinen Ansatz für ein solches Verfahren. So steht also die langjährige Nummer eins der Orscholzer SPD diesmal auf Platz zwei der FBM. Simple Erklärung Kiefers: „Es darf ja wohl erlaubt sein, eine andere Meinung zu haben.“