Rausch nach Anklage unter Druck

Mettlach · Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung: So lauten die Vorwürfe gegen das Mettlacher Gemeinderatsmitglied und zwei weitere SPDler.

Die Nachricht, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen drei Mettlacher Genossen erhebt, hat Mettlachs Bürgermeister Daniel Kiefer unmittelbar nach der Gemeinderatssitzung am Montagabend erreicht. "Zwar gilt noch die Unschuldsvermutung", kommentierte der Verwaltungschef die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Diese wirft Ex-Verwaltungschef Carsten Wiemann Vorteilsnahme vor, Ex-SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Georg Stritter, Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkasse Merzig-Wadern, und SPD-Gemeinderatsmitglied Markus Rausch Vorteilsgewährung. Rausch wird zudem beschuldigt, einen so genannten Gründungsschwindel begangen zu haben.

Vor dem Ankauf der alten Schule in Saarhölzbach, die das Unternehmen als Flüchtlingsheim an die Gemeinde Mettlach vermietete, soll er in Berlin die Grüner Kreis Immobilien GmbH (GKI) gegründet und dabei eine falsche Firmenanschrift angegeben haben. Auch soll er dem Handelsregister erklärt haben, das Stammkapital der Gesellschaft sei bereits eingezahlt, was wohl nicht zutraf. Die GKI hatte das ehemalige Hotel und Restaurant für 210 000 Euro bei einer Zwangsversteigerung von der Sparkasse Merzig-Wadern im Oktober 2015 erworben.

"Wir haben direkt am Dienstagmorgen unseren Rechtsbeistand eingeschaltet. Er soll prüfen, ob der Mietvertrag, den die Gemeinde mit der GKI abgeschlossen hat, gegebenenfalls nichtig sein könnte", sagt der Verwaltungschef. Eine schnelle Klärung der Frage sei man den Bürgern und dem Rat schuldig. Der Kontrakt, von Mettlachs erstem Beigeordneten Bernhard Schneider unterzeichnet, sieht eine Miete von 5000 Euro pro Monat vor. Gegen den CDU-Mann Schneider wird die Staatsanwaltschaft keine Anklage erheben. Die Affäre um Kappelt hat der Kommunalpolitik in Mettlach nach Ansicht von Kiefer sehr geschadet - nicht erst seit der Erhebung der Anklage gegen die drei Genossen.

"Im vergangenen Jahr ist die Sache hoch- und runterdiskutiert worden", meint der Verwaltungschef, ein SPD-Mitglied. "Seit Bekanntwerden der Affäre gibt es einen starken Vertrauensverlust", räumt er ein. Doch auch die Erhebung einer Anklage gegen Rausch reicht nach Kiefers Ansicht nicht aus, um ihn zur Niederlegung seines Mandates zu zwingen. "Er ist demokratisch in den Gemeinderat gewählt. Da haben wir keine Handhabe." Dennoch ist laut Kiefer die Kommunalaufsicht um Rat gefragt worden, ob sie eine Möglichkeit sehe.

Keine Überraschung nennt Hans-Josef Uder, Fraktionschef der neuen SPD-Fraktion, die Mitteilung der Staatsanwaltschaft. "Irgendwann war damit zu rechnen", sagt er. "Wir haben unsere Konsequenzen gezogen", sagt er mit Blick auf die Spaltung der Sozialdemokraten in neue SPD-Fraktion und alte SPD-Fraktion. Ende September vergangenen Jahren hatten Uder und fünf weitere Mitglieder die Trennung vollzogen. "Jetzt müssen wir schauen, wie es weitergeht." Nach seinem Dafürhalten ist Stritter nicht in der Kommunalpolitik tätig, Wiemann hat mit seinem Rücktritt als Bürgermeister seine Konsequenzen gezogen. Rausch habe man nicht nur aufgefordert, als Fraktionschef zurückzutreten, sondern auch sein Mandat im Rat niederzulegen. "Ersteres hat er getan." Doch niemand könne ihn zwingen, sich von seinem Mandat zu verabschieden - "daher hat die neue SPD-Fraktion vor Monaten bereits die Konsequenzen gezogen".

Dass Unregelmäßigkeiten von der Justiz verfolgt werden, ist nach Worten des Mettlacher CDU-Gemeindeverbandes, Gisbert Schreiner, positiv. "Die drei Genossen haben unüberlegt gehandelt" - eine Affäre, die nach Ansicht von Schreiner, Mitglied des Gemeinderates, unschön war und der Kommunalpolitik in Mettlach Schaden zugefügt hat. Dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Mettlacher Beigeordneten Bernhard Schneider (CDU) eingestellt, damit habe man bei den Christdemokraten gerechnet. "Das Verfahren gegen Schneider ist zwar eingestellt, das befreit ihn allerdings nicht von seiner politischen Verantwortung", sagt Joachim Badelt, Fraktionschef der Freien Bürger Mettlach.

"Wir vermissen nach wie vor eine Aufklärung und Bereinigung der Affäre um Kappelt", moniert er. Jetzt werde es höchste Zeit, um nicht noch mehr Porzellan zu zerschlagen. Das Ansehen der Kommunalpolitik hat nach seiner Ansicht genug gelitten - eine Auffassung, die Orscholzer Ortsvorsteher Jörg Zenner teilt. "Mit der Erhebung der Klage wurden meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt", sagt der Sozialdemokrat, der zunächst aus der SPD-Fraktion ausgetreten war und wenige Monate später sein Mandat niedergelegt hatte. Die Kommunalpolitik hat nach seinen Worten schweren Schaden erlitten. "Wie wollen wir nach der Affäre den Bürgern klar machen, dass es auch Kommunalpolitiker gibt, die zum Wohle der Leute arbeiten und gearbeitet haben?"

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Rausch umstritten Protest gegen die Nominierung von Markus Rausch, Mitglied der alten SPD-Fraktion, hatte FBM-Fraktionschef Joachim Badelt eingelegt. Seine Fraktion hatte Rausch am Montag, einen Tag vor Bekanntwerden der Anklageerhebung, als Mitglied im Vergabegremium für einen europaweiten Architektenwettbewerb vorgeschlagen. Der Genossen sollte mit sechs weiteren Mitgliedern, darunter Bürgermeister Daniel Kiefer, zwei weiteren Mitgliedern des Gemeinderates die eingehenden Arbeiten eines Freiraumplaners für den "Stadtumbau West" im Ortsteil Mettlach beurteilen und den Sieger bestimmen. Zwar gilt, sagt Badelt, die Unschuldsvermutung. Doch allein die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt, mache es nach seinen Worten unmöglich, dass Rausch Aufgaben in einem solchen Gremium des Rates übernehmen könne. Schließlich einigte man sich im Rat darauf, dass drei Ratsmitglieder ernannt werden, die auch dem Bauausschuss angehören. "Ich habe zu dem Zeitpunkt noch nicht gewusst, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Rausch erhoben hatte", sagte Badelt der SZ am Dienstag.

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