Nutzte SPD-Fraktionschef Insiderwissen bei Ersteigerung der alten Schule?

Saarbrücken/Saarhölzbach · Aufgrund der Ungereimtheiten rund um die Ersteigerung und Vermietung des Gebäudes „Auf Kappelt“ an die Gemeinde ermittelt zurzeit die Kommunalaufsicht. Die von Rausch gegründete GKI hatte das Haus ersteigert.

 In Sachen Flüchtlingsheim in Saarhölzbach läuft zurzeit ein Prüfverfahren der Kommunalaufsichtsbehörde. Foto: Werner Krewer

In Sachen Flüchtlingsheim in Saarhölzbach läuft zurzeit ein Prüfverfahren der Kommunalaufsichtsbehörde. Foto: Werner Krewer

Foto: Werner Krewer

Das Landesverwaltungsamt beim Saar-Innenministerium als Kommunalaufsichtsbehörde will sich zu den Vorgängen rund um Ankauf und Vermietung des ehemaligen Gasthauses "Auf Kappelt" in Saarhölzbach derzeit nicht äußern. Das erklärte das Innenministerium auf eine entsprechende Anfrage der Saarbrücker Zeitung mit Verweis auf das zurzeit laufende Prüfverfahren. Die Kommunalaufsicht hatte nach Bekanntwerden der Ungereimtheiten rund um die Versteigerung des Gebäudes "Auf Kappelt", der alten Schule im Ort, eine Stellungnahme der Gemeinde Mettlach angefordert.
Verstoß gegen KSVG?

Es steht der Vorwurf im Raum, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rausch, der über die von ihm gegründete Gesellschaft Grüner Kreis Immobilien (GKI) das Gebäude ersteigert hatte, Insiderwissen genutzt hat, über das er auf Grund seiner öffentlichen Funktionen verfügte. Dies könnte einen Verstoß gegen den Paragrafen 27 des saarländischen Kommunalselbstverwaltungsgesetzes (KSVG) darstellen, der das Mitwirkungsverbot bei Interessenwiderstreit thematisiert. In dem Paragrafen heißt es in Absatz 1: "Wer ehrenamtlich tätig ist, darf weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit (1.) ihr oder ihm selbst, (2.) einer oder einem ihrer oder seiner Angehörigen, (3.) einer von ihr oder ihm kraft Gesetzes oder kraft Vollmacht vertretenen natürlichen oder juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann."

Markus Rausch als Gründer der Gesellschaft GKI hatte am 13. Oktober, drei Tage vor der Zwangsversteigerung des Gebäudes, an der nichtöffentlichen Sitzung des Hauptausschusses der Gemeinde teilgenommen, in der über das Angebot des Vorbesitzers von "Auf Kappelt", Sascha Jacobs, zur Anmietung des Hauses gesprochen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der Gesellschaftervertrag für die GKI bereits unterschrieben, das geschah am 5. Oktober. Jacobs hatte der Gemeinde eine Anmietung über sechs Jahre zu einer monatlichen Kaltmiete von 4900 Euro plus 900 Euro für Putzkraft und Hausmeister angeboten. Dieses Angebot lag rund 1000 Euro über der Miete, die in einem unabhängigen Wertgutachten für die Zwangsversteigerung genannt worden war.
200 Euro pro Flüchtling

Jacobs erklärte gegenüber der SZ, seine Mitforderung sei nach einem Gespräch mit Bürgermeister Wiemann zustande gekommen. Dieser habe ihm versprochen, die Gemeinde könnte pro Flüchtling bis zu 200 Euro pro Monat zahlen und würde für Putzkraft und Hausmeister jeweils 450 Euro überweisen.
Teilnahme an Sitzung

SPD-Fraktionschef Rausch hatte sich in der Sitzung des Ausschusses am 13. Oktober auch dezidiert zu Wort gemeldet. Im Protokoll zu der Sitzung heißt es: "SPD-Fraktionsvorsitzender Rausch vertrat die Auffassung, es sollten zunächst alle Möglichkeiten ausgeschöpft werde, die das soziale Leben in der Gemeinde Mettlach (wie zum Beispiel durch Hallenbelegungen) nicht gefährden. Die Laufzeit betreffend halte seine Fraktion einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren für vertretbar, jedoch nicht länger. Nur für den Fall, dass kleinteiligere Unterbringungen nicht möglich seien, sollte man möglicherweise - auch zur Vermeidung von Härten an anderer Stelle - über solche Möglichkeiten nachdenken. Dies jedoch dann zu vertretbaren Mietpreisen." Der Ausschuss hatte sich anschließend einstimmig - also auch mit der Stimme von Rausch - dafür ausgesprochen, das Mietangebot nicht anzunehmen. Drei Tage später steigerte der SPD-Fraktionschef dann das ehemalige Gasthaus und wurde binnen weniger Wochen mit der Gemeinde über eine Anmietung einig - für 3900 Euro Kaltmiete, die Laufzeit des Mietvertrages soll nach SZ-Informationen fünf Jahre betragen. Gremien waren in die Entscheidung nicht mehr eingebunden.
Keine strafrechtlichen Folgen



Selbst wenn die Kommunalaufsicht bei ihrer Prüfung zu der Einschätzung käme, dass Rauschs Verhalten gegen Bestimmungen des den erwähnten Paragrafen 27 KSVG verstoßen habe: Juristische Konsequenzen sind für den SPD-Fraktionsvorsitzenden eher nicht zu erwarten. Wie das Innenministerium gegenüber der SZ erklärte, sehe das saarländische Kommunalrecht eine "mit Bußgeld bewehrte Ordnungswidrigkeit nur vor bei einem Ratsmitglied, das vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten nach Paragraf 26 Absatz 2 KSVG (Vertretungsverbot bei Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Gemeinde) oder nach Paragraf 26 Absatz 3 KSVG (Verschwiegenheit) verletzt". In besagtem Verschwiegenheits-Paragrafen heißt es, dass ehrenamtlich tätige Kommunalpolitiker "die Kenntnis von Angelegenheiten, über die sie oder er Verschwiegenheit zu wahren hat, nicht unbefugt verwerten" dürfen. Diese Ordnungswidrigkeiten könnten nach Anhörung des Gemeinderates mit einer Geldbuße bis zu 1000 Euro geahndet werden. Strafrechtliche Sanktionen kenne das KSVG nicht.

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