Mettlacher Rat muss Beschlüsse neu fassen

Mettlach · Wieder geht es in der Gemeinde Mettlach um fragwürdige Immobilien-Angelegenheiten, wieder tauchen dabei die Namen Markus Rausch und Carsten Wiemann auf – zwei der Protagonisten bei der Affäre um das Flüchtlingsheim Auf Kappelt in Saarhölzbach.

 Blick auf den Mettlacher Ortsteil Keuchingen, wo das neue Baugebiet entstehen soll. Foto: Rummel

Blick auf den Mettlacher Ortsteil Keuchingen, wo das neue Baugebiet entstehen soll. Foto: Rummel

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Am heutigen Mittwoch soll der Gemeinderat von Mettlach in seiner Sitzung (Beginn: 17.30 Uhr, Cloef-Atrium) mehrere Beschlüsse neu fassen, die im Zusammenhang mit der von der Gemeinde betriebenen Erschließung des Neubaugebietes "Ober den hohen Felsen" im Mettlacher Ortsteil Keuchingen stehen. Grund: Als der Rat im Laufe des Jahres 2015 diese Beschlüsse erstmals fasste, stimmte dabei auch der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rausch mit, und Carsten Wiemann leitete seinerzeit als Bürgermeister die Ratssitzungen. Dabei hatten beide schon zu einem früheren Zeitpunkt ihr Interesse an einem Grundstück in dem noch zu erschließenden Neubaugebiet bekundet - ein Umstand, den der von der Gemeinde konsultierte Rechtsbeistand als problematisch betrachtet, wie aus den Unterlagen zur Gemeinderats-Sitzung hervorgeht: Der Anwalt, den die Gemeinde in der Angelegenheit um Rat ersucht hatte, empfiehlt, die betreffenden Beschlüsse neu zu fassen.

Denn durch die Mitwirkung von Markus Rausch bei der Abstimmung könnte eine Interessenkollision vorgelegen haben und damit ein Verstoß gegen Paragraf 27 des Kommunalselbstverwaltungsgesetzes (KSVG) gegeben sein, urteilt der Jurist in seiner Expertise für die Gemeinde, die unserer Zeitung vorliegt. Im besagtem Paragrafen heißt es in Absatz 1: "Wer ehrenamtlich tätig ist, darf weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit (1.) ihr oder ihm selbst . . . einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann." Dies gelte nach Ansicht des Rechtsbeistandes der Gemeinde selbst dann, wenn der vermeintliche Vorteil später gar nicht eintritt - es reicht schon die Möglichkeit, dass er eintreten könnte.

Auch dass Wiemann in zwei Sitzungen, in denen entsprechende Beschlüsse zu dem Baugebiet gefasst (siehe Infokasten) wurden, die Sitzungsleitung inne hatte, ist juristisch möglicherweise anfechtbar, denn es könnte damit ein Verstoß gegen Paragraf 20 des Saarländischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (SVwVfG) gegeben sein. Dort heißt es: "In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden, wer selbst Beteiligter ist." Und, an späterer Stelle: "Dem Beteiligten steht gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann."

Durch diese Verstöße gegen das so genannte Mitwirkungsverbot könnten die Ratsbeschlüsse im Falle einer juristischen Anfechtung für unwirksam erklärt werden. Und eine solche juristische Anfechtung könnte der Gemeinde bevorstehen, wie diese auf Anfrage unserer Redaktion einräumte: Formelle Einwendungen über die im Bauleitverfahren üblichen Stellungnahmen von Behörden und Bürgern lägen zwar bisher nicht vor. Aber: "Eine Anfrage zu Verfahrenstand und Verfahrensverlauf lässt befürchten, dass es zu formellen Einwänden in Form einer Normenkontrollklage kommen könnte", heißt es aus dem Rathaus.

Denn die Erschließung von "Ober den hohen Felsen" war alles andere als unumstritten. Anwohner aus der Umgebung des geplanten zwei Hektar großen Baugebietes hatten im Juli 2015 ihren Protest auch gegenüber der SZ öffentlich gemacht und eine Interessengemeinschaft gegründet. Aus ihrer Sicht könnten die Erschließungspläne nachhaltigen Schaden an Fauna und Flora anrichten. Ex-Bürgermeister Wiemann hatte seinerzeit die Erschließung gegenüber der SZ mit der Notwendigkeit, die Nachfrage nach Wohnraum in Mettlach zu befriedigen, verteidigt: "Bei allen Alternativ-Standorten, die im Ort Mettlach untersucht worden sind, ist diese Fläche die, die sich am besten eignet." Zum Zeitpunkt dieser Erklärung hatte Wiemann bereits sein Interesse an einem Grundstück in dem neuen Baugebiet bekundet - und zwar am 15. Juni 2015 mündlich gegenüber der Liegenschaftsverwaltung, wie die Mettlacher Verwaltung auf SZ-Anfrage erklärte. Am gleichen Tag und in gleicher Form habe auch SPD-Mann Markus Rausch Interesse an einer Parzelle angemeldet. Nach Informationen unserer Zeitung haben sich beide jedoch schon ein gutes halbes Jahr vorher, Anfang Dezember 2014, als Interessenten für ein Baugrundstück registrieren lassen.

Losgelöst vom Zeitpunkt der Interessensbekundung gab es in der Folgezeit noch Beschlüsse zu dem Vorhaben, an denen sowohl Wiemann wie auch Rausch mitwirkten: So etwa beim Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan, der am 11. Dezember 2015 gefasst wurde. Damit war das planungsrechtliche Verfahren abgeschlossen.

Allerdings könnte es aus den Reihen der Interessengemeinschaft heraus angefochten werden, wie die SZ erfuhr. Um mögliche Verfahrensfehler auszuschließen und Rechtssicherheit zu erlangen, soll der Rat nun vier Beschlüsse aus dem Planungsverfahren neu fassen. Ungeachtet dessen könnte es dennoch zu einer Normenkontrollklage kommen. Für die 23 Grundstücke, die dort erschlossen werden sollen, gibt es laut Gemeinde 20 Interessenten. Carsten Wiemann zählt, anders als Markus Rausch, nicht mehr dazu: Der zurückgetretene Bürgermeister hat seine Interessensbekundung inzwischen zurückgezogen.

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hintergrund Für die Erschließung des Baugebietes "Ober den hohen Felsen" hatte die Gemeinde einen planungsrechtlich hohen Aufwand betrieben. So wurde unter anderem der Flächennutzungsplan geändert, um ein anderes Gebiet (Am Bocksberg), das eigentlich zur Wohnbebauung vorgesehen war, künftig als Waldfläche auszuweisen und nicht mehr als "Bauerwartungsland", wie es landläufig bezeichnet wird. Auch musste das Areal des umstrittenen Neubaugebietes in Keuchingen eigens für die Erschließung aus einem Landschaftsschutzgebiet ausgegliedert werden.

Zum Thema:

Auf einen Blick Der Mettlacher Gemeinderat hat am 19. September 2006 den Aufstellungsbeschluss gefasst, mit dem das Planungsverfahren zur Erschließung des Neubaugebietes Ober den hohen Felsen formell eingeleitet wurde. Allerdings ging es mit dem Verfahren lange Zeit nicht voran, erst am 20. Mai 2015 hat der Rat einen Entwurf zur Aufstellung eines Bebauungsplanes sowie die ebenfalls notwendige Änderung des Flächennutzungsplanes beschlossen. Am 11. Dezember 2015 fasste der Gemeinderat den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan.

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