Designetz Designetz Forschung zur Energiewende startet im Kreis

Wie werden Energieerzeuger künftig intelligent vernetzt, um trotz schwankender Einspeisemengen durch Erneuerbare Energien eine stabile Stromversorgung zu gewährleisten? Hierfür soll ein Projekt namens Designetz Lösungen aufzeigen. Warum hierfür Faha, Büschdorf und Borg ausgesucht worden sind, erklärt Alexander Schalk, beim Projektbeteiligten VSE für Designetz zuständig.

 Alexander Schalk ist für Designetz zuständig.

Alexander Schalk ist für Designetz zuständig.

Foto: Firma brainworks unlimited

Was ist Designetz?

Alexander Schalk: Designetz ist eines von fünf so genannten Schaufenstern, welches im Rahmen des Förderprogramms SINTEG des Bundes-Wirtschaftsministeriums durchgeführt wird. SINTEG steht für „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“. Designetz stellt eine für Gesamtdeutschland und darüber hinaus repräsentative Modellregion mit unterschiedlichen Schwerpunkten dar, wie zum Beispiel Regionen mit energieintensiver Industrie und dichter Besiedlung, stark industriell geprägte Regionen, die von einem beschleunigten Strukturwandel betroffen sind, oder eng zusammenliegende Regionen mit hohen Erzeugungsüberschüssen aus erneuerbaren Energien mit industriellen und urbanen Lastzentren. Das Gesamtprojekt ist das größte Forschungsprojekt, welches es zum Thema Energiewende bisher gab und gibt.

Welche Ziele verfolgt Designetz?

Schalk: SINTEG zielt darauf ab, in großflächigen „Schaufensterregionen“ Musterlösungen für eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung bei hohen Anteilen fluktuierender Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie zu entwickeln und zu demonstrieren. Im Mittelpunkt des Programms stehen dabei intelligente Netze, die flexibel auf die zunehmend dezentrale Einspeisung von regenerativem Strom reagieren können. Designetz soll dabei Wege aufzeigen, wie eine zukunftsweisende, sichere und effiziente Energieversorgung als Bedienungsanleitung für die Energiewende gewährleistet werden kann; nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch mit 20 so genannten Demonstratoren.

Wann ist Designetz an den Start gegangen?

Schalk: Es ist am 1. Januar dieses Jahres offiziell gestartet.

Auf welchen Zeitraum ist das Projekt ausgelegt?

Schalk: Das Projekt läuft über vier Jahre mit einem Projektkonsortium aus fast 50 erfahrenen Partnern aus Energiewirtschaft, Industrie, Forschung und Entwicklung.

Wie wird es finanziert?

Schalk: Das Projektvolumen von Designetz beläuft sich auf rund 66 Millionen Euro, davon sind 30 Millionen Euro Fördergelder, 36 Millionen Euro werden seitens der beteiligten Partner aufgewendet.

Welche Bundesländer sind beteiligt?

Schalk: Designetz erstreckt sich über die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Aufgrund der eben beschriebenen Unterschiedlichkeit der Regionen eine ideale Kombination zur Erforschung von Lösungsansätzen für die Energiewende.

Werden in drei Bundesländern die gleichen erneuerbaren Energien untersucht, wie etwa Photovoltaik?

Schalk: Nicht nur Photovoltaik (PV) spielt eine wichtige Rolle. Im Rahmen des Konsortiums ist eine gewissen Differenzierung vorgenommen worden, um vielfältige Erkenntnisse sammeln zu können. So werden in Rheinland-Pfalz zum Beispiel auch die Erneuerbaren Energien Biomasse und Wind untersucht. Zielsetzung ist es, alle Erneuerbaren Energien bestmöglich in das Gesamtsystem zu integrieren.

Welche Rolle spielt das Saarland, beziehungsweise die drei Orte im Grünen Kreis?

Schalk: Das Saarland zeichnet sich durch einen guten „Regionen-Mix“ aus, das heißt, es gibt städtische und ländliche Regionen, Regionen mit hohen Verbrauchen und ebenso Gebiete mit wenig Verbrauch, dafür aber mit einer hohen Einspeisung von Erneuerbaren Energien. Aus diesem Grund hat die VSE-Gruppe sich auch für die Umsetzung des Projektes in den Regionen Perl und Mettlach, Freisen und Saarlouis als so genannte Demonstrator-Regionen entschieden. Diese Regionen decken die eben genannten Unterscheidungen ab. Wir haben unseren Demonstrator „EMIL“ genannt, was für „Energienetze mit innovativen Lösungen“ steht und ein Energieversorgungsnetz der Zukunft beispielhaft darstellt.

Warum haben Sie für Ihre Untersuchungen Faha, Büschdorf und Borg ausgesucht?

Schalk: Diese Regionen erfüllen unsere Kriterien als Modellregion ideal. Es gibt eine hohe Einspeisung von Erneuerbaren Energien in der Mittel- und Niederspannung und gleichzeitig verschiedene Arten von Erneuerbaren Energien, wie zum Beispiel Wind, Photovoltaik, Biomasse und Blockheizkraftwerke (BHKW). Zudem gibt es in den drei Gebieten unterschiedliche Netzgegebenheiten, das heißt, Unterschiede zum Beispiel hinsichtlich des Grades der Verkabelungen und der Anteile von Freileitungen. So können die Erkenntnisse aus dieser Region auf andere Gebiete im Saarland und darüber hinaus transferiert werden.

Zeichnen sich die Orte durch viele erneuerbaren Energien aus?

Schalk: Ja, dies ist richtig. Und deshalb wollen wir auch direkt vor Ort Lösungen entwickeln, die den Nutzen der Energiewende in die Region tragen.

Was ist der Gegenstand Ihrer Untersuchungen in den Orten?

Schalk: Wir als VSE versuchen Lösungen für eine weiterhin sichere Energieversorgung in der Zukunft zu erforschen und zu erarbeiten. „EMIL“ soll ein Baustein dieser Lösungen sein. Mit innovativen Konzepten und Komponenten wird „EMIL“ aktiv werden. Hierzu sollen in realen Netzen beispielsweise fernsteuerbare Ortsnetzstationen oder regelbare Ortsnetztransformatoren eingebaut werden, um dieses intelligenter, zukunftsweisender und sicherer zu machen. Weiter soll ein Verteilnetz-Management-System aufgebaut werden, um die komplette Einspeise- und Lastflusssituation in Echtzeit zu kontrollieren und eventuelle Abweichungen bei Bedarf gezielt zu beheben. Zur Kommunikation soll ein neues Funknetz nach modernsten technischen Standards errichtet werden, was ein Pilotprojekt für Deutschland ist.

Welchen Part spielen dabei die Hausbesitzer oder Grundstückseigentümer, die Photovoltaik auf dem Dach haben oder ein Feld mit Photovoltaik-Anlagen besitzen?

Schalk: Eine sehr wichtige Rolle. Einspeisungen aus volatilen Energiequellen, wie zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen, bringen die heutigen Verteilnetze teilweise an ihre Kapazitätsgrenzen. Mit den Flexibilitäten kann das Netz lokal trotzdem stabil gehalten werden. Wir wollen die Steuerung der Flexibilitäten weiter ausbauen und einen Markt hierfür entwickeln, welcher auch für Hausbesitzer offen ist. Um dieses testen zu können, benötigen wir aber auch die Mithilfe von den Anlagenbetreibern. Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen auf Anlagenbetreiber in den Demonstratorgebieten zugehen, um mit ihnen über eine mögliche Teilnahme in Designetz zu reden.

Welche Erneuerbaren Energien stehen bei den Untersuchungen im Mittelpunkt?

Schalk: Bei „EMIL“ stehen die PV-Anlagen in der Niederspannungsebene im Mittelpunkt. Aber auch BHKWs, Power-to-heat-Anlagen oder Biomasse soll in die Untersuchungen einfließen.

Wie kann man Projekte aus den drei doch kleinen Orten auf ganz Deutschland übertragen?

Schalk: Es gibt eine Vielzahl von Orten in Deutschland, die ähnliche Strukturen aufweisen. Aus diesem Grund haben wir gezielt diese Regionen und Netzgebiete ausgewählt. Zudem glauben wir, dass Dinge, die im Kleinen funktionieren, auch im Großen klappen. Ganz nach dem saarländischen Slogan „Großes entsteht immer im Kleinen“. Ein weiterer Punkt ist die „Straße der Energie“, welche im Designetzprojekt aufgebaut werden soll. Über so genannte Haltestellen sollen die unterschiedlichen Lösungen des Schaufensters in den drei Bundesländern der Öffentlichkeit, der Politik sowie der Fachwelt zugänglich zu machen.

Was bedeutet die Aussage für die privaten Stromproduzenten: „Designetz möchte Flexibilitäten und das Zusammenwirken der Akteure optimieren?“

Schalk: Wir wollen versuchen, die Flexibilitäten besser in das Netz und das Gesamtsystem zu integrieren. Der Anlagenbetreiber und die Marktakteure sollen zueinander finden, sich austauschen und für ein sicheres Gesamtsystem sorgen. Hierzu müssen Rahmenbedingungen und auch Systeme entwickelt werden. Offen ist zum Beispiel, wie die Kommunikation oder auch wie die Abrechnung erfolgen soll, wenn ich meinem Nachbarn Strom aus meiner Photovoltaik-Anlage zur Verfügung stelle. Dieses sind Themen und Chancen, welche sich durch die Digitalisierung ergeben. Hier heißt es, offen zu denken und Lösungsmöglichkeiten auszuprobieren.

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Foto: SZ

Haben Sie bisher bereits Lösungsansätze entwickelt, wie die schwankende, wetterabhängige Erzeugung mit last- und speicherseitiger Flexibilität kombiniert und eine Integration der Erneuerbaren Energien realisiert werden kann?

Schalk: Diese Lösungsansätze wollen wir in den kommenden Jahren entwickeln. Die optimierte markt-, netz- und systemdienliche Nutzung von Flexibilitäten kann aus unserer Sicht einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten. Dazu wollen wir Werkzeuge und Lösungen für eine zukunftsweisende, sichere sowie effiziente Energieversorgung für Deutschland schaffen. Aus diesem Grunde sind wir sehr froh, dass wir dieses Thema nicht alleine, sondern mit fast 50 weiteren Partnern angehen können und auch seitens der Politik hierbei volle Unterstützung haben. Weiter hoffen wir natürlich auch auf eine breite Unterstützung bei der Umsetzung unserer geplanten Maßnahmen in den einzelnen Regionen im Saarland.

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