Zwischen Willkommens-Euphorie und Überfremdungsangst

Merzig · Kein Thema bewegt seit längerer Zeit die Gemüter im Land so sehr wie die durch die Flüchtlingskrise bedingte Masseneinwanderung nach Deutschland. In unserer Serie wird die Zuwanderung in die Merziger Region während der vergangenen 200 Jahre dargestellt.

Zwar ist die Distanz der Menschen zu dem und den Fremden seitdem einerseits stark gesunken. Andererseits war es nun auch möglich geworden, Vergleiche zu den Verhältnissen hier in der Heimat anzustellen. Vielen kam dabei zu Bewusstsein, dass sie in einem Land leben, in dem seit mittlerweile 70 Jahren Frieden herrscht, in dem alles in irgendeiner Form geregelt ist, in dem ausgereifte soziale Sicherungssysteme vorgehalten werden, wie es sie sonst in fast keinem Land der Erde gibt. Bei vielen besteht daher gleichzeitig auch die Besorgnis, dass diese Systeme angesichts der größten Zuwanderungswelle seit dem Zweiten Weltkrieg überstrapaziert werden könnten.

Dies hat bei den Bundesbürgern insgesamt, aber auch bei den Menschen in unserer Region einen heftigen Pendelschlag der Gefühle ausgelöst: zwischen willkommenskultureller Euphorie und Überfremdungsangst, zwischen "Wir-schaffen-das"-Rhetorik und "Grenzen-dicht"-Forderungen. Entsprechend gespalten ist das Meinungsbild: Rund 60 Prozent der Bundesbürger glaubten zu Beginn des Jahres, der Zuzug überfordere Deutschland und sei nicht zu verkraften. Inzwischen erwarten 70 Prozent, dass durch die große Zahl an Flüchtlingen die Kriminalität bei uns zunehmen werde. Dass durch die Flüchtlinge unsere gesellschaftlichen und kulturellen Werte bedroht seien, glaubt eine mittlerweile gewachsene Minderheit von 42 Prozent der Befragten, wie das ZDF-Politbarometer Mitte Januar 2016 zeigte.

Wer wollte auch verkennen, dass es gewisse Missstände und Fehlentwicklungen in der Vergangenheit gegeben hat und heute immer noch gibt? So ist es doch nicht verwunderlich, dass in der Bevölkerung beispielsweise Unbehagen darüber aufkommt, wenn sie von Zeit zu Zeit von reisenden Einbrecherbanden heimgesucht wird und sich, wenn die begangenen Delikte von der Polizei aufgeklärt wurden, herausstellt, dass die Täter in vielen Fällen aus dem südöstlichen Europa kommen. Oder wenn man davon hört, dass in manchen deutschen Großstädten Parallelgesellschaften existieren, in denen in erster Linie die Gesetze fremder Kulturen und Clans Gültigkeit besitzen und die deutsche Rechtsordnung keineswegs die Leitschnur des Handelns bestimmt.

Es ist daher für viele schwer einzusehen, woher sich der Optimismus speist, beim nächsten Mal werde es reibungsloser funktionieren angesichts der riesigen Zahl von Menschen, die ins Land gekommen sind. Und so gehört schon eine gehörige Portion Naivität dazu, ernsthaft zu glauben, die Einwanderung Abertausender junger, muslimischer Männer aus den Kriegs- und Krisengebieten Asiens und Afrikas werde die bestehenden Probleme mit Migranten in Deutschland nicht vergrößern. Die Entscheidung, wer nach Deutschland kommen und hierbleiben darf, muss viel früher getroffen werden. Denn Sicherheit und Zukunft dieser Republik hängen selbstverständlich davon ab, wen wir bei uns willkommen heißen. Da ist es für die Integration der Menschen, die zu uns kommen und deren Akzeptanz durch die deutsche Mehrheitsgesellschaft geradezu kontraproduktiv, wenn über solche unzweifelhaft gegebenen Fehlentwicklungen aus einem falsch verstandenen Humanismus und einer ebenso missverstandenen politischen Korrektheit der Mantel des Schweigens gedeckt wird und Probleme heruntergespielt oder von der Polizei und den Medien verschwiegen werden.

So entsteht der den Staat unterminierende Eindruck, dass Politik und Behörden Tatsachen unterdrückten, weil sie, wie es ein leitender Polizist in Köln nannte, "politisch heikel" seien. Das Verschweigen von Fehlentwicklungen und Problemen hat in der heutigen Zeit, wo sich Dinge über die sozialen Medien rasend schnell verbreiten, keinen Sinn mehr. Es führt vielmehr dazu, dass sich in der Bevölkerung ein zunehmendes Unbehagen breitmacht und das Vertrauen in die staatlichen Institutionen und in die Politik immer stärker schwindet. < Wird fortgesetzt.

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