"Wie Gott in Frankreich"

Lyon · Aus dem Grünen Kreis in die große, weite Welt: Die SZ hat sich auf die Suche nach "Exilanten" gemacht. Nach Menschen, die zwischen Perl, Beckingen und dem Hochwald aufgewachsen sind und jetzt zwischen Sydney und San Francisco leben. Eine Reise rund um den Globus. Heute: Patrick Stefan Rheinert in Lyon.

Lyon. "So gut wie Gott in Frankreich" antwortet Patrick Stefan Rheinert auf die Frage, wie er sich in Lyon fühle. Seit über 20 Jahren lebt der 52-jährige Merziger in der Hauptstadt des Départements Rhône - und er ist dort längst heimisch geworden. Als freier Architekt und Bauträger hat er sich im Herzen Frankreichs ein Leben aufgebaut, das fast nichts zu wünschen übrig lässt. Und wenn der Auswanderer seine alte Heimat doch mal vermisst, erklärt er mit Augenzwinkern: "Dann komme ich einfach für ein paar Tage rüber."Bequem, denn den Familienvater trennen nur fünf Autostunden von seinem Heimatort Merzig. Aber das Heimweh - oder die Sehnsucht nach heimischen Spezialitäten - überkomme ihn im Ausland nicht oft, denn: "Man nimmt das Saarland ja ganz im Herzen mit. Und die Lyonerwurst nach Lyon."

Außerdem habe es ihn in eine wunderbare Gegend verschlagen, ergänzt der studierte Diplom-Ingenieur, der in Lyon ein deutsch-französisches Architekturbüro betreibt. Spezialisiert ist seine Agentur auf "nachbarschaftliches und grünes Bauen". Seine Wohnmodelle heißen "grünboX" und "Ré-cipro-Cité", letzteres Projekt wurde 2010 auf der Weltausstellung in Shanghai präsentiert. Seine Projekte verbinden effiziente Architektur mit ökologischem Bewusstsein und einer Möglichkeit für gesellschaftliches Miteinander, erklärt Rheinert. Aktuell realisiert sein Büro Projekte in der Region um Lyon, auch an der Sanierung der deutschen Botschaft in Paris ist die "Agence Rheinert" beteiligt. Nicht nur beruflich war der Sprung ins Ausland die richtige Entscheidung, sagt Rheinert, der mit seiner französischen Ehefrau Claire und seinem 18-jährigen Sohn Gabriel in Lyon daheim ist.

In die kulinarische Hauptstadt Frankreichs - Rheinert nennt sie auch "Welthauptstadt" - hatte sich der Auswanderer während seines Auslandsstudiums verliebt, und dann entschieden, zu bleiben. "Ich wollte immer mal in Frankreich studieren und dort vielleicht leben. Paris war mir zu groß und zu hektisch, Lyon ist gerade richtig." Noch 23 Jahre nach seinem Studium in Lyon (und an der TH in Aachen) ist er überzeugter Lyonnais. Die Hauptstadt der Région Rhône-Alpes sei "eine wunderschöne und dynamische Stadt, sie liebt uns Deutsche - und sie liegt im Herzen Frankreichs. Dazu nahe am Meer, an den Alpen und an Paris."

In Sachen Mentalität hat sich der Saarländer nicht umstellen müssen, denn Lyon sei wie "Saarland hoch zwei." Er lebe "deutsche Mentalität, wo es sein muss, und französische, wo es sein kann". Für ein Leben in seiner Traumstadt würde er sich jederzeit wieder entscheiden, zumal ein Kontakt zum Saarland inbegriffen ist. Kontakt nach Hause habe er regelmäßig, "da meine Familie dort lebt". Saarländer treffe er in Lyon im Übrigen häufig. "Sie sind doch überall dort, wo es schön ist."

Obwohl Lyon voller schöner Momente sei, nennt der Wahl-Franzose einen schönsten Moment aus beruflicher Perspektive: "Das war, als Künstler für das berühmte Lyoner Lichterfest ausgewählt zu werden. Mein Büro hat 2009 zum 8. Dezember fünf Plätze mit Licht-, Musik- und Duftkunstwerken verzaubert; davon einen mit Lebkuchen- und Tannenbaumgeruch und Weihnachtsmusik aus Deutschland." Solche Überschneidungen zwischen alter und neuer Heimat erlebt der Exilant oft - und das genießt er. Denn auch in der Metropole von Wein, Landschaft und Kultur gilt für den Merziger: Auch "dahemm" ist es schön.

> Wird fortgesetzt.

Auf einen Blick

"Exilanten" gesucht: Die Serie über die "Merzig-Waderner im Exil" lebt von der saarländischen Methode "Ich kenne einen, der einen kennt". Die Saarbrücker Zeitung bittet ihre Leser um Mithilfe: Haben Sie Freunde, Bekannte oder Familienangehörige, die aus dem Landkreis Merzig-Wadern in die Welt - Ausland oder Deutschland - gezogen sind? Dann melden Sie sich in der Lokalredaktion der SZ in Merzig und geben Sie uns einen Tipp! kes

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