Wenig Neues in Sachen TTIP

Merzig · Gut 40 Zuhörer hatten sich im Hotel Roemer in Merzig eingefunden, um die Diskussion zum Freihandelsabkommen TTIP zu verfolgen. Im Podium: Hermann Bohrer (Attac), Jacob Schrot, (Initiative Junge Transatlantiker) und SZ-Redakteur Wolf Porz als Moderator.

 Die Podiumsteilnehmer diskutierten mit dem interessierten Publikum. Von links: Hans-Hermann Bohrer, SZ-Redakteur Wolf Porz und Jacob Schrot. Foto: Michael Rauch

Die Podiumsteilnehmer diskutierten mit dem interessierten Publikum. Von links: Hans-Hermann Bohrer, SZ-Redakteur Wolf Porz und Jacob Schrot. Foto: Michael Rauch

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Ist das geplante Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA ein Monster, das an den Grundfesten der Demokratie rüttelt? Nicht nur an dieser Frage des Moderators Wolf Porz scheiden sich die Geister bei der Podiumsdiskussion, die die Mittelstandsvereinigung im Grünen Kreis zum Thema TTIP im Merziger Hotel Roemer organisiert hat.

Hermann Bohrer, Mitglied im Koordinationskreis von Attac Untere Saar, sagt Ja. Für den TTIP-Gegner klare Indizien: Die Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und den Unterhändlern aus Übersee finden weitgehend hinter verschlossenen Türen statt. Die bislang ausgehandelten Dokumente seien in Englisch niedergeschrieben - für alle diejenigen ein Hemmnis, die diese Sprache nicht verstehen. "Und Mitgliedern des EU-Parlamentes sind bei den Studien der Dokumente keine Notizen erlaubt." Diese Behauptungen verweist Jacob Schrot, Gründer der Initiative Junge Transatlantiker, ins Reich der Märchen. "Ich schreibe Ihnen eine Internetadresse auf, da können Sie sich informieren", kontert er. Zur Untermauerung seiner These, dass die EU öffentlich verhandeln will, zieht Schrot die weit über 800 Änderungsanträge als Beweis heran, die die EU-Parlamentarier bislang eingebracht haben.

Die Fragen des Abends, "Wem nützt das Freihandelsabkommen?" und "Wie können kleine Unternehmen, Handwerksbetriebe oder Dienstleister daraus Honig saugen?", bleiben weitgehend unbeantwortet. Zu sehr versteifen sich beide Kontrahenten auf ihre jeweiligen Standpunkte - ein Wiederkäuen von Glaubensbekenntnissen statt handfester Infos, die die gut 40 Zuhörer im Alltag anwenden könnten.

Mit nach Hause nehmen die Gäste, dass seit mehr als 20 Jahren auf ein solches Freihandelsabkommen hin gearbeitet wird - auf Initiative von Deutschland. Das Ziel: Handelsbarrieren diesseits und jenseits des Atlantiks abzubauen. Wie hoch die Hürden bislang sind, erläutert Schrot am Beispiel Auto-Export: "Der Wagen wird zunächst zusammengebaut, um ihn wieder in Einzelteile zu zerlegen, damit an die 25 Zölle gespart werden." Das soll das Freihandelskommen ändern, betont Schrot.

Derweil plaudert Heinz König, der nach seinen Worten dem TTIP-Abkommen kritisch gegenübersteht, aus eigener Erfahrung. "Wenn Sie in den USA eine Niederlassung gründen wollen, zahlen Sie bislang an die Haftpflicht die zehnfache Prämie wegen der Gerichte." Anders sei es, wenn man sich in ein US-Unternehmen einkaufe. Dann sei weniger zu berappen. Zwar räumt Bohrer diese Barrieren ein, doch lehnt er den Kontrakt ab. Beispiel: In Europa gelte bei chemischen Substanzen das Vorsorgeprinzip. Erst wenn Tests ergeben hätten, dass der Stoff unbedenklich sei, komme er auf den Markt. "Anders in den USA. Dort wird er erst vom Markt geholt, wenn etwas passiert ist." Der Widerspruch von Schrot: "Diese Dinge der Daseinsvorsorge blendet TTIP - ebenso wie das Freihandelsabkommen zwischen Europa und Kanada (CETA) - aus." Auch bei den Mitspracherechten der Parlamente gehen die Meinungen weit auseinander, ebenso wie bei den geplanten Schiedsstellen. Eine Chance für ausländische Investoren, dem deutschen Staat den Prozess zu machen (wie Bohrer befürchtet)? Oder eine Einrichtung, die nach Schrots Auffassung die Kosten sowie die Verfahrensdauer für die Kläger senken wird? "Ein hoch emotionales Thema", kommentiert die Europabevollmächtigte des Saarlandes, Helma Kuhn-Theis, den Gesprächsverlauf. "In Polen ist TTIP gar kein Thema." Viel Widerspruch kommt nach ihren Worten aus Deutschland und Österreich. Derweil dankt Alwin Mertes, Chef der Mittelstandsvereinigung im Kreis, seinem Stellvertreter Dr. Frank Kiefer für die Ausrichtung der Diskussion.

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