Warum es in Deutschland ein Grundrecht auf Asyl gibt

Merzig · Kein Thema bewegt seit längerer Zeit die Gemüter im Land so sehr wie die durch die Flüchtlingskrise bedingte Masseneinwanderung nach Deutschland. In unserer Serie wird die Zuwanderung in die Merziger Region während der vergangenen 200 Jahre dargestellt. Diesmal geht es um Gastarbeiter aus Südeuropa.

 Teils in Sonderzügen kamen in den 50er und 60er Jahren viele Gastarbeiter, vornehmlich aus Südeuropa, nach Deutschland. Foto: dpa

Teils in Sonderzügen kamen in den 50er und 60er Jahren viele Gastarbeiter, vornehmlich aus Südeuropa, nach Deutschland. Foto: dpa

Foto: dpa

Ab Ende der 1950er Jahre kamen verstärkt zunächst Menschen aus Italien und später dann aus der Türkei sowie aus dem ehemaligen Jugoslawien hier in die Merziger Region. Das war dann auch nach dem Bürgerkrieg in den 1990er Jahren der Fall war, als zahlreiche Bürgerkriegsflüchtlinge vom Balkan hier Aufnahme fanden. Viele von diesen kehrten nach dem Ende des Krieges wieder in ihre Heimat zurück, ein großer Teil blieb jedoch dauerhaft und wurde schließlich hier heimisch.

Seit den 1970er Jahren flüchteten daneben immer mehr Menschen aus der "Dritten Welt" vor Verfolgung, Bürgerkriegen oder Armut nach Westeuropa. Aufgrund der Verfolgungen und Vertreibungen in der Zeit des Nationalsozialismus schrieb das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 1949 ein Grundrecht auf Asyl fest. Das deutsche Asylrecht ist somit ein Ausfluss der historischen Erfahrung; wer verfolgt wird wie Juden und andere einst in Deutschland, soll bei uns eine neue Heimat finden.

Deshalb ist Einwanderung hierzulande kein normales Feld der Politik, auf dem man pragmatische Lösungen sucht; es ist vielmehr moralisch aufgeladen.

In Art. 16 a Abs. 1 heißt es: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht ." Wer aber ist als "politisch" verfolgt anzusehen? Nach der Genfer Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen muss Menschen Schutz geboten werden, die wegen ihrer Rasse, Religion oder Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden. In der deutschen Rechtspraxis wurde unter dem Begriff "politische Verfolgung" häufig nur staatliche Verfolgung verstanden. Das Zuwanderungsgesetz von 2005 erkannte dann auch quasi-staatliche Verfolgung und geschlechtsspezifische Fluchtgründe an.

Viele dieser Menschen haben dabei auch Zuflucht hier in der Merziger Region gesucht und gefunden. Zu denken ist dabei nicht zuletzt an die zahlreichen Kurden, die zwischenzeitlich in der Merziger Region ansässig geworden sind.

Es muss allerdings auch festgehalten werden, dass gegenüber früheren Zeiten, wie beispielsweise der transatlantischen Massenauswanderung des 19. Jahrhunderts oder auch im Falle der Gastarbeiter , der Blick auf die Einwanderer heute zum Teil ein ganz anderer ist. Die meisten deutschen Auswanderer des 19. Jahrhunderts waren, im Jargon der Gegenwart gesprochen, im Grunde genommen "Wirtschaftswanderer" beziehungsweise "Wirtschaftsflüchtlinge". Dieser damals durchaus positiv besetzte Begriff umschrieb die in Amerika willkommenen leistungsstarken, erwerbs- und aufstiegsorientierten Einwanderer .

Dies traf auch in gewissem Sinn auf die Gastarbeiter zu, die ab den 1950er Jahren nach Deutschland und in unsere Region kamen. Sie wurden von der deutschen Bevölkerung ebenfalls durchaus positiv gesehen, denn viele Gastarbeiter kamen einzig und allein in der Absicht nach Deutschland, hier zu arbeiten und Geld zu verdienen und nach einiger Zeit wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Sie waren zudem dazu bereit, notwendige, körperlich schwere und häufig mit Schmutz und sonstigen Unannehmlichkeiten verbundene Arbeiten zu verrichten, zu denen sich viele deutsche Arbeitnehmer zu schade waren.

Heute sind Einwanderer , die aus wirtschaftlichen Gründen in die europäischen Länder zuwandern wollen, dagegen meist nur noch in ganz bestimmten Bereichen und nur dann, wenn sie über besondere Qualifikationen verfügen, erwünscht. Im Gegensatz dazu werden viele Asylsuchende und Flüchtlinge, zum Teil durchaus zu Recht, aber in vielen Fällen auch zu Unrecht, der "Wirtschaftsflucht" verdächtigt. So ist aus einer in früheren Zeiten positiv besetzten Kategorie bei der Zuschreibung von Migranteneigenschaften heutzutage eine eher abwertende und negative Bezeichnung geworden.

< Wird fortgesetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort