40 Jahre Chorleiter Ein Leben im Dienst des Chorgesangs

Ulrich Kreiter ist seit 40 Jahren Kirchenmusiker in Hilbringen. Im SZ-Interview spricht er über seine Arbeit.

 Schon seit seiner Kindheit ist Ulrich Kreiter begeisterter Musiker.

Schon seit seiner Kindheit ist Ulrich Kreiter begeisterter Musiker.

Foto: Ruppenthal

Wie sind Sie zur Musik gekommen?

Ulrich Kreiter: Als Kind habe ich mit acht Jahren Klavierunterricht bekommen. Ich habe immer gerne klassische Musik gehört, auch auf Schallplatten und im Radio. Was für einen Achtjährigen wohl nicht ganz typisch war. Auch im Klavierunterricht habe ich gerne klassische Literatur gespielt.

Wie ging das bei Ihnen mit der Musik weiter?

Kreiter: Ich bin im Alter von 15 oder 16 Jahren auf einen Artikel gestoßen, in dem stand, dass man eine Ausbildung machen kann. Als nebenamtlicher Kirchenmusiker, mit dem so genannten C-Examen. Die begann dann im Herbst in Trier, die Kurse liefen samstags. Ich bin zwei Jahre lang für die C-Prüfung dorthin gegangen. Das war der endgültige Punkt, an dem ich dachte, die Kirchenmusik ist das Feld, auf dem ich mich bewegen will. Danach bin ich auf die Musikhochschule nach Saarbrücken gegangen, das war von 1974 bis 1978. Ich habe Kirchenmusik studiert, und das war der Schritt vom Hobby zum Beruf.

Wie ging es nach dem Studium weiter?

Kreiter: Am 1. November 1977, noch während des Studiums, habe ich in Hilbringen als Organist und Chorleiter angefangen. Das war mein Dienstbeginn, und mir war es vergönnt, in den Bau und die Planung der neuen Orgel miteinbezogen zu werden. Das war ein wichtiger Meilenstein. Den Kirchenchor dort habe ich auch geleitet. Wichtig war, dass am 1. Januar 1978, kurz nachdem ich angefangen habe ein Kinderchor gegründet wurde. Den gibt es auch heute noch.

Spielen Sie auch selbst Orgel?

Kreiter: Ja! Orgel war das Hauptfach in der Kirchenmusik, Klavier als Nebenfach und die Chorleitung. Das waren die Schwerpunkte im Studium.

Und das haben Sie schließlich bis heute gemacht?

Kreiter: Ja, die Orgel wurde geplant und 1982 eingeweiht. Wir konnten in den Jahren viele Konzerte organisieren, planen und durchführen. Im Jahr 2000 wurde ich zum Dekanatskantor des Dekanats Merzig ernannt. Seitdem habe ich auch 18 Menschen zum Kirchenmusiker ausgebildet. Neben dem Kinder- und dem Kirchenchor gab es ab 1995 auch einen Jugendchor. Der heißt „Querbeet“, und es gibt ihn auch heute noch. Chorleiter bin ich dort ebenfalls.

Gab es den Dekanatschor zu diesem Zeitpunkt schon?

Kreiter: Den Dekanatschor gibt es seit dem Jahr 2000. Mindestens alle zwei Jahre gibt er auch ein größeres Konzert. Beispielsweise im Bereich der Oratorien oder der Jazzmusik, wie in diesem Jahr. Es waren schon bekannte Leute hier. Der bekannteste war wohl Thomas Gabriel, mit dem mich eine Jahrzehnte lange Freundschaft verbindet. Seine Rock-Pop-Oratorien „Emmaus“ und „Simeon“ haben wir in Hilbringen schon mehrfach aufgeführt. Das waren Meilensteine für den Dekanatschor, in die wir viel Arbeit investiert haben.

Was waren Ihre Highlights in 40 Jahren Musikgeschichte?

Kreiter: Ein Highlight für mich ist die Arbeit mit den Chören. Wenn die Probearbeiten gut laufen, können wir unser Repertoire ständig erweitern. Im Jugendchor habe ich Leute, die singen seit fast 20 Jahren bei mir. Das ist mein Highlight menschlich gesehen. Er ist eine phänomenale Sache und eine Art „Flaggschiff“ der Pfarrei. Eine große Rolle spielen da die regelmäßigen Freizeittage im Schwarzwald. Das sind Erlebnisse,  die zusammenschweißen und die Gemeinschaft fördern, sich aber auch musikalisch auswirken.

Was genau machen Sie bei den Freizeittagen im Schwarzwald?

Kreiter: Es werden viele Freizeitaktivitäten gemacht: Wir wandern oder  gehen ins Schwimmbad – eben alles, was zu einer Freizeit gehört. Als Jugendchor ist natürlich viel Probearbeit dabei, und auch eine Messe wird dort regelmäßig gestaltet. Wichtig sind aber auch die Kindermusicals, die wir gesungen haben. Der Kinderchor macht die schon seit Jahrzehnten.

Finden die Musicals auch in Hilbringen statt?

Kreiter: Ja. Es gibt große Bühnenbilder, eine Kulisse, die dazu passt, und Kostüme für bis zu 30 Kinder. Die werden von den Eltern selbst genäht. Auch die Kulissen werden gezimmert, und es werden Requisiten hergestellt. Das wäre zum Beispiel ein Highlight für den Kinderchor.

Wenn Sie sich aus der ganzen Zeit ein Ereignis aussuchen könnten, welches würden Sie wählen?

Kreiter: Das ist sehr schwierig. Da könnte ich nacheinander fünf Stück aufzählen. Eigentlich war das unsere Aufführung von „Emmaus“, dem Rock-Pop-Oratorium von Thomas Gabriel. Das war ein Erlebnis, das es nur alle zehn Jahre einmal gibt. Und ein Konzert 2001 in Hamburg-Altona. Das war in einer Riesenkirche, mit einem großen Publikum von 1500 Leuten. Im Nachhinein war das eines meiner tollsten Konzerte, die ich mitgemacht habe.

Von was handelt „Emmaus“?

Kreiter: Es geht um die Emmaus-Jünger, die dem auferstandenen Jesus begegnen. Es wird auch musikalisch ganz toll verarbeitet. In einem Teil ein klassisches Orchester, andererseits eine Rockband. Der Sinn des Ganzen ist, dass wir in unserem Leben auf dem Weg sind. Dem Weg nach Emmaus, einem kleinen Dorf  in der Nähe von Jerusalem. Die Jünger gehen dorthin und sind traurig, dass Jesus gekreuzigt wurde. Er begegnet ihnen, aber sie erkennen ihn nicht. Das ist die Geschichte des Oratoriums.

Wie würden Sie die aktuelle Chor-Situation beschreiben?

Kreiter: Ich glaube, wenn es fähige Chorleiter gibt, von denen Impulse ausgehen, kann die Chormusik auch eine weitere Entwicklung erleben.

Und im Bereich der jungen Leute?

Kreiter: Ich denke, dass die Musik, die man mit den jungen Leuten macht, primär dafür verantwortlich ist, ob junge Leute noch gerne singen. Es ist auch möglich, Leute über die Musik wieder in die Kirche zu bringen. Das ist auch mein Ansatz und meine Erfahrung aus all den Jahrzehnten. Als Kirchenmusiker begeistert mich das heute immer noch.

Also verstehe ich das richtig, dass die Musik dafür verantwortlich ist, ob die Leute bleiben oder angesprochen werden?

Kreiter: Ja, Jugendliche erreiche ich nur über Musik, die ihnen entgegenkommt. Bei Kindern und vielen Erwachsenen ist das auch so.

Wie viele Jugendliche melden sich in der Regel?

Kreiter: Der Jugendchor hat in den Jahren seines Bestehens immer zwischen 20 und 35 Leuten bewegt. Aktuell sind es wieder 25. Wenn ihnen die Musik gefällt, werden es auch wieder mehr sein. Für Projekte kommen immer noch welche dazu.

Wie sieht es bei Ihnen in der Zukunft aus? Pläne?

Kreiter: Das nächste, was ansteht, ist das Konzert am 5. November. Mit dem Hintergrund, dass ich am 1. November seit 40 Jahren im Dienst bin. Dieser Jahrestag wird mit dem Konzert musikalisch gefeiert, und ich möchte es auch gerne nur auf das Musikalische beschränken. Danach gibt es noch das traditionelle Adventskonzert, am ersten Adventsonntag, hier in Hilbringen. Im nächsten Jahr ist wieder die Pfingstnacht, mit einer tollen musikalischen Gestaltung, geplant. Die Nacht der Kerzen.

Für Sie geht es jetzt bis zur Pension mit dem Chor weiter?

Kreiter: Ja, genau. Ich erhoffe mir aufgrund der hier bestehenden Chorstrukturen und der musikalischen Arbeit, dass sich eine adäquate Nachfolge ergeben wird und das diese nicht der Willkür zum Opfer fällt. Die jahrelange Arbeit einfach so wegzuwerfen, das wäre sehr bedauerlich. Damit kann ich mich nicht abfinden.

Wollen Sie nach ihrer Pensionierung immer noch im Chor bleiben?

Kreiter: Nein, das Dienstliche wird dann wegfallen. Das heißt, ich werde keine Proben mehr machen. In der Chorleiterszene ist es besser, wenn der Vorgänger dem Nachfolger nicht auf die Finger schaut.

Lieben Sie nur klassische Musik?

 Probe des Dekanatschors im Hilbringer Jugendheim: Chorleiter Ulrich Kreiter hat eine eigene Übungsstunde für die Frauenstimmen anberaumt.

Probe des Dekanatschors im Hilbringer Jugendheim: Chorleiter Ulrich Kreiter hat eine eigene Übungsstunde für die Frauenstimmen anberaumt.

Foto: Ruppenthal

Kreiter: Ich habe als Kind viel klassische Musik gehört und bin da rein gewachsen. Damals war Jazz verpönt, den Begriff Rockmusik gab es noch nicht richtig. Das hatte in einem Klavierunterricht nichts zu suchen. Ich höre gerne Musik, die gut ist. Das kann auch mal ein Titel von den Beatles sein oder auch etwas von Bach. Genauso gerne höre ich aber auch mal gute, anspruchsvolle Rockmusik. Oder Reinhard Mey, das ist jemand, mit dem ich groß geworden bin.

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