100 Jahre Frauenwahlrecht Schon viel erreicht, aber noch nicht am Ziel

Merzig · Die Gleichstellungsstelle des Landkreises hatte anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Frauenwahlrechtes zur Diskussion geladen.

 In der Diskussionsrunde (von links): Daniela Schlegel-Friedrich, Monika Bachmann, Christel Baltes-Löhr, Anke Rehlinger und Martina Holzner sprachen über die Situation von Frauen in der Politik.

In der Diskussionsrunde (von links): Daniela Schlegel-Friedrich, Monika Bachmann, Christel Baltes-Löhr, Anke Rehlinger und Martina Holzner sprachen über die Situation von Frauen in der Politik.

Foto: Landkreis Merzig-Wadern

(tth) 100 Jahre Frauenwahlrecht – dieses Jubiläum gab den Anlass für eine Jubiläumsveranstaltung der Gleichstellungsstelle des Landkreises Merzig-Wadern im Landratsamt. Tatsächlich durften Frauen in Deutschland erst am 19. Januar 1919 zum ersten Mal wählen und somit an demokratischen, politischen Entscheidungen teilhaben. Mut und Kampf von starken Frauen waren nötig gewesen, um dieses Recht zu erlangen. Schließlich war Frauen bis 1919 die politische Teilhabe per Gesetz ausdrücklich verboten. Sogar die Teilnahme an Sitzungen mit politischen Themen war untersagt.

„Das Wahlrecht war deshalb vor 100 Jahren eine riesige Errungenschaft durch das Kämpfen starker Frauen“, betonte Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich. Heute seien das Frauenwahlrecht und die Teilhabe am politischen Leben von Frauen glücklicherweise selbstverständlich. Nach Ansicht der Landrätin sind dennoch politischen Führungspositionen bei weitem noch nicht paritätisch besetzt: „Frauen sind noch immer in der Minderheit.“ Als Gründe sieht sie in erster Linie die Arbeitsbedingungen in politischen Ämtern, die oft noch immer unvereinbar mit dem Familienleben sind. Jedoch wollten Frauen in den allermeisten Fällen für den Job die Rolle als Mutter nicht aufgeben. Beides sei schwer unter einen Hut zu bringen. „Ich wünsche mir die gleichberechtigte Aufteilung alle Aufgaben im Leben, egal ob für Männer oder für Frauen“, erklärte Schlegel-Friedrich.

Christel Baltes-Löhr, Leiterin der „Gender Expert Group“ der Universität Luxemburg, warf in ihrem Impulsvortrag einen Blick zurück in die Vergangenheit, auch in die Geschichte des Saarlandes. Dabei war faszinierend zu sehen, wie das neu errungene Wahlrecht auch das Bild der Frau nach und nach veränderte. So nahm die Frauenerwerbstätigkeit zu, auch Kleidung und Verhalten der „neuen Frauen“ zeigten den Wandel. Sie fuhren Auto, rauchten in der Öffentlichkeit und wurden selbstbewusster und emanzipierter. Das Verständnis, wie und was eine Frau sein und verkörpern sollte, änderte sich. Es folgten viele „erste Male“: So sprach am 19. Februar 1919 mit Marie Juchacz erstmals eine Frau vor einem politischen Parlament in Deutschland. Ab 1920 waren dann auch Frauen im saarländischen Parlament vertreten, in den 1990er Jahren wurde mit Margit Conrad zum ersten Mal eine Frau ins Amt „eines Oberbürgermeisters im Saarland“ gewählt.

Vier Frauen, die sich in ihren politischen Ämtern sehr gut etabliert haben, setzten sich in einer abschließenden Fragerunde mit der Situation der Frauen heute auseinander: die beiden Ministerinnen Anke Rehlinger und Monika Bachmann, Martina Holzner, MdL und Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes, sowie Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich. Auch sie erlebten nach eigener Aussage einige „erste Male“ in ihrer bisherigen Karriere, obwohl sie bereits in modernen Zeiten in die Politik eingestiegen sind. So war Anke Rehlinger einst mit 28 Jahren die jüngste Abgeordnete im saarländischen Landtag, Daniela Schlegel-Friedrich die jüngste Staatssekretärin und Monika Bachmann gleich mehrfach die erste Frau in verschiedenen Ämtern und Ausschüssen bundesweit. Was alle vier Frauen erlebt haben beziehungsweise erleben, ist die hohe Akzeptanz seitens der männlichen Kollegen, wie alle vier betonten.

Einigkeit bestand bei allen auch darin, dass es generell schwer sei, Familie mit dem Beruf zu vereinbaren. Die Bedingungen seien nicht einfach im politischen Geschehen, viele Termine liegen am Abend oder auch am Wochenende. Deshalb würden Frauen, natürlich in allen Bereichen des Berufslebens eine ständige Zerrissenheit zwischen den Erfordernissen im Beruf und der Familie erleben.

Verbesserungspotenzial sei durchaus da, sind sich die vier Politikerinnen sicher. So sei es machbar, gewisse Strukturen zu verändern oder umzugestalten und damit familienfreundlicher zu machen. Alle vier Frauen waren sich darin einig, dass Veränderungen der Rahmenbedingungen notwendig sind, damit in Zukunft mehr Frauen den Mut haben, den Schritt in ein politisches Amt zu gehen. Daher sei es ein wichtiger Schritt, die Festlegung auf bestimmte Rollen aufzuweichen, die Rollenbilder zu verschieben. „Mit der Frauenquote ist das Problem nicht wirklich gelöst“, lautete die Meinung der Runde. Es sollte lieber jeder, der geeignet ist, in ein Amt gewählt werden – egal ob Mann oder Frau. Jedoch müssten mehr Frauen den Mut haben, den Schritt in die Politik zu gehen. „Und vielleicht müsste man dann irgendwann mal sagen: Wir brauchen mal noch einen Mann auf der Wahlliste“, wünschten sich zumindest die vier Politikerinnen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort