Rache auf saarländische Art

Merzig · Hierzulande wird ja viel auf Franzosen geschimpft. "Sind alle sehr nett hier", erzählte einer dem Zugereisten kurz nach dem Umzug ins Saarland, "nur die Franzosen nerven." Gerade in Fußgängerzonen und auf Autobahnen gelten alle nachbarschaftlichen Initiativen und Bemühungen nichts mehr, da lebt Verdun im Saarland neu auf.

"Immer stehen die im Weg!" und "Wie die Auto fahren!", das genügt dem Saarländer in der Regel als Charakterisierung seiner französischen Nachbarn. Wie praktisch, dass Übel wie Prostitution und Glücksspiel auch gleich den Kollegen von jenseits der Grenze angekreidet werden können.

"Leute, übertreibt doch nicht", versucht der Zugereiste manchmal zu beschwichtigen. "Nee!", hallt es ihm dann entgegen, "wie! die! Auto! fahren!" Da ist der Zugereiste doch einigermaßen entsetzt über die stramme Abneigung, die dem pauschalen Franzosen entgegenschlägt. Entsprechend überraschend schien ihm deshalb lange Zeit, dass der Saarländer dem Französischen gerne Tribut zollt, wenn er sich bedankt: "Merci" vernahm er hier und dort und immer öfter. Bis der Zugereiste einmal näher hinhörte, denn in Wahrheit spuckt das saarländische "Merci" auf alles, was dem Frankophilen heilig ist. Luxemburgisch eingedeutscht, spendieren die Saarländer dem französischen Dankesgruß die im Deutschen übliche Erstsilben-Betonung und ein schönes, alemannisches "Ä": Mähr-sie. Das ist die saarländische Rache für verstopfte Innenstädte und rowdyhaftes Fahrverhalten.

Lars Reusch stammt aus Fachingen an der Lahn , an der Grenze von Rheinland-Pfalz nach Hessen. Zurzeit führt ihn sein Volontariat täglich nach Merzig.

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