„Offene Lerntreffs dürfen nicht über Grundbildungspakt gefördert werden“

Merzig · In der Diskussion um die Zukunft des Grundbildungszentrums der Volkshochschule (VHS) Merzig-Wadern hat das saarländische Bildungsministerium seine Haltung verteidigt.

Das Bildungsministerium in Saarbrücken hatte der im Herbst 2014 eröffneten Einrichtung der VHS für dieses Jahr eine Fördersumme von 8600 Euro zugesagt, heißt es in einer Stellungnahme. Die VHS hingegen habe allein bis Juli dieses Jahres einen Finanzierungsbedarf von 44 000 Euro geltend gemacht. Erst durch eine nachträgliche Finanzspritze durch das Ministerium in Höhe von 20 000 Euro war der Weiterbetrieb des Grundbildungszentrums vergangene Woche vorläufig gesichtert worden (die SZ berichtete).

Funktionale Analphabeten

Neben Förderkursen für funktionale Analphabeten hat die Volkshochschule unter dem Dach des Grundbildungszentrums auch Offene Lerntreffs organisiert, die dezentral an verschiedenen Orten im Kreis Deutschkurse für Flüchtlinge anbieten. Und genau darin liegt aus Sicht des Ministeriums das Problem bezüglich der finanziellen Unterstützung: "Die Förderung von Alphabetisierungskursen richtet sich ausschließlich an Personen, auch diejenigen mit Migrationshintergrund, die Deutsch als Sprache beherrschen und als funktionale Analphabeten einzustufen sind", heißt es von Ministeriumssprecher Jürgen Renner. Funktionale Analphabeten seien in dieser Definition Bürger, die schon länger in Deutschland leben, deutsch sprechen, aber kaum oder gar nicht lesen und schreiben können. Für diesen Personenkreis, und nur für diesen, stelle das Ministerium Mittel aus dem Grundbildungspakt zur Verfügung.

Die Offenen Lerntreffs, in denen neu ins Land gekommenen Migranten erste Grundkenntnisse in der deutschen Sprache nahe gebracht werden sollen, dürfen hingegen nicht über den Grundbildungspakt gefördert werden, betont Renner. Gleichwohl räumt der Ministeriumssprecher ein: "Hilfen und Angebote für Flüchtlinge und Asylsuchende, wie sie von der VHS Merzig-Wadern in den Offenen Lerntreffs als niedrigschwellige Angebote der Erst-Integration gemacht werden, sind auch aus Sicht des Bildungsministeriums sinnvoll." Allerdings dürfe das Ministerium diese Angebote nicht mitfinanzieren, das wäre eine zweckwidrige Mittelverwendung. "Für die sprachliche Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden haben das (Anm. der Red.: beim Sozialressort angesiedelte) Integrationsministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Zuständigkeit", sagt Renner. Nur von diesen beiden Stellen könne eine finanzielle Unterstützung für Offene Lerntreffs gewährt werden. Darauf seien die zehn saarländischen Grundbildungszentren vom Bildungsministerium auch bei einer Besprechung am 13. März hingewiesen worden. Der VHS Merzig-Wadern wurde dies nochmals schriftlich am 11. Mai mitgeteilt.

Bei besagter Besprechung am 13. März habe das Ministerium auch darauf hingewiesen, dass für dieses Jahr maximal die dreifache Zahl an Unterrichtsstunden in den Alphabetisierungskursen gefördert werde. Von solchen Kursen habe die VHS Merzig-Wadern für das Jahr 2014 lediglich 77 Unterrichtsstunden (die mit jeweils 20 Euro gefördert werden) nachgewiesen - was einer Fördersumme von 1540 Euro entspricht, das Dreifache davon wären 4620 Euro .

"Sonderzuwendung"

Insofern habe das Ministerium, wie es in der öffentlichen Diskussion mitunter dargestellt werde, keine bereits zugesagten Zuschüsse gekürzt, stellt Renner klar. Die VHS hatte gegenüber der SZ in ihrer Auflistung der geleisteten Alphabetisierungsstunden auch jene Kurse mit eingerechnet, die in den Offenen Lerntreffs für Flüchtlinge stattfinden. Das aber ist nach den Worten von Renner nicht möglich. Der nachträglich gewährte Zuschuss von 20 000 Euro sei eine "Sonderzuwendung" gewesen, "um das Grundbildungszentrum als Institution und damit die Aufgabenwahrnehmung zur Umsetzung der Ziele des Grundbildungspaktes abzusichern".