Neue Strategie für die Rieffstraße

Merzig · Der Stadtrat von Merzig hat einstimmig ein Strategiekonzept für das Gewerbegebiet Rieffstraße beschlossen. Teil dieses Konzeptes ist eine Sortimentsliste, die in Kooperation von Stadtverwaltung, Stadtratsfraktionen und Verein für Handel und Gewerbe (VHG) auf zwei Workshops erarbeitet wurde.

 Auf diesem Gelände in der Rieffstraße sollen die Fach- und Discountmärkte entstehen. Fotos: Rolf Ruppenthal

Auf diesem Gelände in der Rieffstraße sollen die Fach- und Discountmärkte entstehen. Fotos: Rolf Ruppenthal

Diese Sortimentsliste soll die Grundlage sein für die Verabschiedung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes für die Rieffstraße, der wiederum die Basis für weitere Ansiedlungen in dem Gebiet bilden soll. Die Stadt möchte verhindern, dass in der Rieffstraße Geschäfte angesiedelt werden, die ähnliche Produktsortimente anbieten wie jene in der Merziger Innenstadt. Vielmehr ist angestrebt, dass das Warenangebot der Rieffstraße jenes aus der Innenstadt ergänzt und eventuelle Versorgungslücken schließt. Rieffstraße und Innenstadt sollen sich gemeinsam entwickeln, die weitere Erschließung des Gewerbegebietes soll dazu führen, dass Kunden von dort aus in die Innenstadt geleitet werden.

Das Strategiepapier mit dem Titel "Handel 3.0" formuliert diesen Gedanken so: "Die Innenstadt und die Rieffstraße müssen als gemeinsamer ‚Handelsstandort Kernstadt' begriffen werden mit Funktionenteilung, gemeinsamem Marketing, gemeinsamen Qualitätsmerkmalen." Denn, auch das hält das Strategiepapier fest: Die so genannte Zentralitätskennziffer, die angibt, inwieweit der örtliche Einzelhandel in der Lage ist, Kunden von außerhalb anzuziehen, ist für Merzig als Kreisstadt mit einem Wert von 115 "extrem gering". In anderen saarländischen Kreisstädten liege dieser Wert wesentlich höher: in Saarlouis bei 256, in St. Wendel bei 209, in Neunkirchen bei 173. Selbst in Dillingen (144), Völklingen (147) und der landesplanerisch als Grundzentrum geltenden Gemeinde Losheim am See (187) sei die Zentralitätskennziffer deutlich höher. Das bedeutet: Merzig schafft es nicht, in hohem Maße Kunden von jenseits der Stadtgrenzen zu gewinnen - trotz einer hohen Attraktivität der Innenstadt, die das Strategiepapier ebenfalls unterstreicht. Dazu gebe es zu viele Angebotslücken bei bestimmten Warengruppen. Dieses Manko könne die Etablierung weiterer Fachmärkte in der Rieffstraße zumindest teilweise beseitigen, so die Argumentation in "Handel 3.0". Gegenüber den zuletzt kursierenden (und in der Merziger Kaufmannschaft heftig umstrittenen) Erschließungsplänen einer Projektentwicklungs-Firma aus Leonberg, der UBG, gibt es in dieser Sortimentsliste einige bedeutsame Abweichungen. So ist die von UBG vorgesehene Ansiedlung eines Drogerie-Discountmarktes vom Tisch, die jetzt beschlossene Sortimentsliste lässt dies auch künftig nicht mehr zu. Ebenso ausgeschlossen sind Spielwaren , auch die von UBG geplante Apotheken-Ansiedlung lässt diese Liste nicht mehr zu. Heftig umstritten war zudem der von den Leonbergern anvisierte Schuh-Fachmarkt, aber auch der soll nach dem Willen des Stadtrates nicht mehr möglich sein. Die jetzt beschlossene Sortimentsliste (siehe Info) schränkt die Ansiedlungsmöglichkeiten auf folgende Warengruppen ein: Unterhaltungselektronik und Computer samt Zubehör, Outdoor- und Camping-Artikel, Fahrräder und -zubehör, Sport-Großgeräte, Haushaltswaren , Büroartikel und -möbel, Tierprodukte, Möbel und Leuchtwaren, Baustoffe im weitesten Sinne. Was Kleidung betrifft, so sollen in der Rieffstraße ausschließlich Waren aus dem Niedrigpreis-Segment angeboten werden dürfen. Hochwertige Bekleidung soll den Geschäften der Innenstadt vorbehalten bleiben. Ein wichtiger Punkt des Konzeptes: Die bestehenden Lebensmittel-Discounter und Vollsortimenter (Aldi, Lidl , Kaufland ) sollen Bestandsschutz genießen und die Möglichkeit besitzen, ihre Verkaufsfläche am vorhandenen Standort zu erweitern. Im Stadtrat fand das Strategiekonzept einhellige Zustimmung. Bürgermeister Marcus Hoffeld (CDU ) erklärte, es habe vor einigen Monaten noch viele negative Stimmen betreffend die Entwicklung der Rieffstraße gegeben. "Es wurde viel Stimmung gemacht", sagte der Verwaltungschef. Daher habe die Stadt mit Zustimmung des Stadtrates im März beschlossen, das Erschließungsverfahren auf völlig neue Pfeiler zu stellen und zunächst eine gemeinsam mit dem örtlichen Handel abgestimmte Sortimentsliste zu erarbeiten. Das Strategiepapier, das die Verwaltung gemeinsam mit fast allen Ratsfraktionen und dem VHG erarbeitet habe, wertete Hoffeld als "ordentliches Ergebnis". Er nannte es indes bedauerlich, dass das Fraktionsbündnis aus Grünen, Piraten und Freien Wählern als einzige politische Kraft im Rat sich einer Mitarbeit bei den dafür organisierten Workshops verweigert habe.

Noch positiver fiel das Urteil von CDU-Fraktionschef Bernd Seiwert aus: Er sprach von einem "ganz tollen, ausgezeichneten Ergebnis". Seiwert formulierte die Zielsetzung des Strategiepapiers: "Wir haben eine starke und attraktive Innenstadt, können aber auch im Umfeld noch Frequenzbringer ansiedeln." Das sei ein Konzept, "hinter dem wir stehen können". Das sah auch Manfred Klein (SPD ) so. Er sagte, es sei wichtig, dass unter Beteiligung des VHG ein Konsens gefunden worden sei. Dieser "bildet die Grundlage dafür, dass beide Standorte sich gemeinsam entwickeln können zu einem Versorgungszentrum". Frank Hackenberger (Linke) sprach mit Blick auf die beiden Workshops von einer "konstruktiven Runde" und zeigte sich überzeugt: "So wie es jetzt geplant ist, wird das Konzept Merzig nach vorne bringen." Auch der Vorsitzende des Vereins für Handel und Gewerbe, Peter Schill, äußerte sich positiv: Der VHG habe es ausdrücklich begrüßt, dass die Stadt die Initiative zur Erarbeitung eines Entwicklungskonzeptes für Innenstadt und Rieffstraße unter Einbindung des VHG ergriffen habe. Mit dem, was dabei herausgekommen sei, "sind wir einverstanden", betonte Schill.

Der Stadtrat verabschiedete das Strategiepapier "Handel 3.0" einstimmig - und damit auch mit der Stimme von Bernhard Morbe, der als einziger Vertreter des Fraktionsbündnisses in der Sitzung anwesend war.

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Auf einen Blick Das vom Stadtrat verabschiedete Strategiekonzept für die Rieffstraße sieht für dort folgende zulässigen Sortimente vor: Tiere, Zooartikel, Tierpflegemittel, Tierhaltung, Pflanzen und Zubehör, Pflege- und Düngemittel, Elektrogeräte (braune und weiße Ware), Unterhaltungselektronik , Ton- und Bildträger, Computer und -zubehör, Lampen, Leuchten und Beleuchtungskörper, Möbel, Kücheneinrichtungen, Büromöbel, Büro-Organisation, Matratzen, Bettwaren, Teppiche, Bodenbeläge, Farben, Lacke, Tapeten, Malereibedarf, Baustoffe , Bauelemente, Installationsmaterial, Beschläge, Eisenwaren und Werkzeuge, Badeinrichtungen und -ausstattungen, Sanitär, Fliesen, Rollläden, Gitter, Rollos, Markisen, Holz, Bauelemente (zum Beispiel Fenster und Türen), Baby- und Kinderartikel (sperrig, zum Beispiel Kinderwagen und -sitze, keine Spielwaren ), Sport-Großgeräte, Camping-Artikel, Wohnmobilzubehör, Outdoor-Artikel, Sport- und Freizeitboote, Fahrräder und -zubehör, Kfz- und Zweiradzubehör, Waffen, Jagd- und Angelsportgeräte sowie entsprechendes Zubehör, Haushaltswaren , Bekleidung (Niedrigpreissegment). (Quelle: "Handel 3.0") cbe

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