Nach New York zum Forschen

New York/Merzig · Sie hat einem aggressiven Krebstyp den Kampf angesagt. An einer der besten Krebskliniken der Welt, dem Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, forscht die Merzigerin Julia Radosa.

14 000 Krebspatientinnen hat sie auf ihrer Datenbank gespeichert, ebenso viele Untersuchungen ausgewertet. Damit ist die Arbeit der jungen Ärztin aus Merzig an einer der besten Krebskliniken der Welt, dem Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, noch längst nicht beendet. Vor fast einem halben Jahr hat Julia Radosa ihr Büro im achten Stock des Wolkenkratzers mitten in Manhattan in Besitz genommen - für eine Zehn- bis Zwölf-Stundenschicht am Tag. Die langen Arbeitszeiten können die aparte Ärztin, die zurzeit ein Forschungsstipendium des deutschen akademischen Auslandsdienstes absolviert, nicht schocken, im Gegenteil. Ist es doch ihr erklärtes Ziel, mitzuhelfen, einem bestimmten Typus von Tumor, dem triple negativen Mammakarzinom, auf die Spur zu kommen. "Diese Tumoren betreffen meist junge Frauen, sie sind aggressiver, haben eine schlechtere Prognose, und im Gegensatz zu den anderen Brustkrebssubtypen gibt es bisher keine zielgerichteten Therapien", erzählt die Medizinerin, die schon einige Auszeichnungen eingeheimst hat. "Ich beschäftige mich hier mit dem besseren Verständnis dieser Erkrankung von einem klinischen Standpunkt aus und arbeite an der Identifizierung von Risikogruppen, welche besonders häufig von dieser Art Brustkrebs betroffen sind. Zudem arbeite ich an einem Laborprojekt mit, welches zum Ziel hat, diese Art von Brustkrebs besser auf genetischer Ebene zu verstehen. Dabei geht es darum, Gene zu identifizieren, welche für die Entstehung und Weiterentwicklung dieser Erkrankung verantwortlich sind und dazu führen, dass diese Tumoren so aggressiv sind und so schnell Fernmetastasen bilden", beschreibt die Medizinerin ihre Aufgabe in den USA. "Während meiner Arbeit im Brustzentrum der Universitätsklinik Homburg habe ich einige Patientinnen betreut, die sehr jung an dieser Art von Brustkrebs erkrankt sind. Diese Patientinnengeschichten haben mich sehr beeindruckt. Daher habe ich mich dafür entschieden, mich der Erforschung dieses Brustkrebssubtyps zu widmen", begründet die sympathische Blondine, die aus einer Arztfmilie stammt, ihren Schritt.

In der Regel beginnt ihr Arbeitstag um acht Uhr, außer wenn onkologische Frühbesprechungen angesetzt sind. "An diesen beiden Tagen geht es schon um sieben Uhr los", erzählt sie. "Den Großteil des Tages verbringe ich mit der Arbeit an der Datenbank in meinem Büro." Dazu kommen Meetings, die Laborarbeit und Laborbesprechungen ein bis zwei Blocks von dem Krankenhaus entfernt. "So pendelt man den ganzen Tag zwischen den einzelnen Gebäuden" Das Hospital, das nach ihren Worten von außen eher einem Hotel ähnelt, beherbergt alle Abteilungen, die an der Therapie des Brustkrebses beteiligt sind. Radiologie zählt sie ebenso auf wie die Brustchirurgen und die Onkologie. "In den unteren Stockwerken werden die Patienten versorgt, in den oberen Etagen sind die Bürogebäude", berichtet die junge Ärztin, die an der Uniklinik in Homburg unter anderem Beauftragte für das Blockpraktikum Gynäkologe ist und für ihre Arbeiten schon einige Auszeichnungen erhalten hat.

Mit der Arbeit am "Memorial Sloan-Kettering Cancer Center" erfüllt sich nach ihren Worten ein Traum. "Das Krankenhaus ist weltweit sehr renommiert und im Bereich der Krebsforschung eine der besten Institutionen weltweit. Daher kannte ich das Krankenhaus vorher." Ihre derzeitige Chefin, Professor Monica Morrow, nennt sie eine der besten Medizinerinnen in ihrem Fachgebiet weltweit. "Vor zwei Jahren war sie zu einem Gastvortrag auf dem Jahreskongress für Gynäkologie und Geburtshilfe in München eingeladen. Dieser Vortrag und vor allem die Begeisterung und innovative Herangehensweise an das Thema Brustkrebs haben mich sehr beeindruckt, und seither habe ich mit dem Gedanken gespielt einen Forschungsaufenthalt hier zu verbringen", verrät sie. Als Glück bezeichnet sie, direkt sehr nette Leute in der US-Metropole kennengelernt zu haben, die sie mittlerweile gute Freunde nennt. "Einige habe ich bei der Arbeit kennengelernt, meist Ärzte , welche ebenfalls einen Forschungsaufenthalt hier machen, einige in der Freizeit."

Mit ihrer Familie, die sie in den Staaten sehr vermisst, hat sie Weihnachten und einen Tag vor dem Heiligen Abend ihren Geburtstag gefeiert. Nach Neujahr wird sie in die Staaten zurückkehren, um ihre Arbeit abzuschließen - "für ein paar Wochen", wie sie sagt. "Da mein Stipendium abgelaufen ist, werde ich Urlaub nehmen."

Eines hat die 29-Jährige fest im Blick: ihre Ausbildung zur Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universitätsfrauenklinik fortsetzen. "Mein Ziel ist es, mich konstant weiterzubilden und weiterzuentwickeln, um meinen Patienten eine optimale Betreuung anbieten zu können."

"Die Arbeit hier macht mir sehr viel Spaß, New York ist eine tolle Stadt, aber im Saarland bin ich zu Hause." Und noch eine Sache fehlt ihr in den Staaten: "Die Forschung ist sehr interessant, und ich bin sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, mich eine Zeit lang ausschließlich diesem Thema widmen zu können. Mir fehlen die Arbeit mit Patienten , im OP, der Kreissaal und meine Kollegen an der Frauenklinik. Meine Arbeit zu Hause ist so vielseitig und abwechslungsreich, da kann der Labor- und Büroalltag auf Dauer nicht mithalten."

 Ihr Arbeitsplatz: die Klinik in New York. Foto: Julia Radosa

Ihr Arbeitsplatz: die Klinik in New York. Foto: Julia Radosa

Foto: Julia Radosa

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zUR pERSONJulia Radosa, Jahrgang 1985, machte 2004 ihr Abitur am Peter-Wust-Gymnasium. Im gleichen Jahr begann sie an der an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg ihr Medizinstudium. Ihre experimentelle Dissertation schloss sie 2008 mit "Magna cum laude" ab. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien, unter anderen den ersten Preis des "European training center for gynecologic endoscopy” für die beste Arbeit im Bereich "gynäkologische Laparoskopie". mst

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