Lutherabend Luthers Sprüche aufs Korn genommen
Merzig. · Dicht an dicht drängten sich die Gäste, als in der Merziger Friedenskirche Luthers Tischreden zitiert wurden.Die Kirche wurde zum Hör- und Speisesaal.
Feier-Tag bei den „Evangelen“ in Merzig: „Iss, was gar ist, trink, was klar ist, sag was wahr ist!“, gemäß dieses Zitates von Martin Luther luden die evangelische Kirchengemeinde und die Villa Fuchs zu einem nicht alltäglichen Abend-Mahl ein. Im Mittelpunkt des Abends mit Speis und Trank standen Luthers berühmte Tischreden.
Rund 100 Besucher erlebten zur Feier des 500. Reformationsjubiläums in der bis auf den letzten Platz gefüllten evangelischen Friedenskirche einen nicht ganz alltäglichen Blick auf das Wirken und Leben Martin Luthers. Ein nach Meinung fast aller Besucher höchst gelungenes Experiment einer nicht alltäglichen Zusammenarbeit von Kirche und Kulturzentrum!
Als Martin Luther am 13. Juni 1525 die ehemalige Nonne Katharina von Bora heiratete, änderte sich sein Leben. Alsbald hatte die Lutherin Tag für Tag eine Personenzahl in der Größe einer Schulklasse zu versorgen, bekam aber auch viel Geld dafür.
Diese Scholaren hingen an Luthers Lippen und freuten sich immer besonders, wenn der Hausherr sich von der Speisetafel erhob, um ein paar Worte zu sagen. Das waren Luthers berühmte Tischreden. Zwischen zwei Schlucken des guten Biers sprach der Reformator oft unvorbereitet, wie ihm der Schnabel gewachsen war, nicht nur über geistliche sondern auch weltliche Fragen. Manch einer der Zuhörer schrieb diese Tischreden auf, so dass sie bis heute erhalten sind. Soweit die Einführung von Pfarrer Klaus Künhaupt.
Und das Kreiskulturzentrum Villa Fuchs und die evangelische Kirchengemeinde machten daraus zur Feier des 500. Reformationstages einen kurzweiligen Feier-Abend.
Zu warmen Kochschinken gab es eigens von der Merziger Bäckerei Tinnes nach Originalrezept des Reformators gebackenes Luther-Brot und dunkles malziges Luther-Bier. Harfenistin Verena Jochum und Claudia Kemmerer brachten dabei zeitgenössische Lieder und Kompositionen zu Gehör. Für moderne Klänge sorgte die Musikgruppe der evangelischen Kirchengemeinden Beckingen und Merzig.
Das „Salz in der Suppe“ waren jedoch Luthers markante und kernige Tischreden, vorgetragen von Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich, Bürgermeister Marcus Hoffeld, Roland Kunz vom Saarländischen Rundfunk und Oliver Schwambach von der Saarbrücker Zeitung. Die Merziger Friedenskirche diente als Hör- und Speisesaal .
Pfarrer Klaus Künhaupt erinnerte daran, dass der berühmte Reformator nicht immer friedfertig war. „Viele Äußerungen Luthers beweisen, wie sehr wir alle Licht und Dunkel in uns haben, Böses und Gutes tun und sagen, und auf die Vergebung des Weltenrichters angewiesen sind, - gerade so, wie Luther es in der Heiligen Schrift entdeckt und für uns alle verständlich dargelegt hat.
Roland Kunz, Sänger und Musikredakteur bei SR 2, widmete sich dem Themenkomplex „Musika und Einsamkeit“. „Wer die Musika verachtet, mit denen bin ich nicht zufrieden,“ zitierte Kunz Luther. „Denn die Musika ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes, nicht ein Geschenk des Menschen, so vertreibt sie auch den Teufel und macht die Leute fröhlich. Man vergisst dabei jeden Zorn, jede Unkeuschheit, Hochmut und andere Laster.“
Bürgermeister Marcus Hoffeld wendete sich dem Thema Bier zu. Über Luther wisse man, „dass er kein Kostverächter war“. Aber jegliches Übermaß habe er stets auf Korn genommen – so auch die Trunksucht.
Einen inhaltlichen Spagat hatte auch Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich zu vollziehen. Sie pflichtete dem Reformator bei, der bereits vor 500 Jahren Kinder als die Zukunft der Gesellschaft hervorgehoben hatte. „An den Kindern sieht man Gottes Allmacht, Weisheit und Kunst, der diese sie aus dem Nichts geschaffen hat,“ zitierte sie. „Er hat ihnen in weniger als einem Jahr Leib, Leben und alle Glieder so fein und hübsch geschaffen und will sie ernähren und erhalten. Dennoch achten wir dieses Geschenk kaum und werden durch diese Gabe Gottes sogar noch blind und geizig. „Wo er Recht hat, hat er Recht.“, sagte Schlegel-Friedrich. Doch bei seiner Haltung Frauen gegenüber gab sie ihm nicht Recht: „Wenn es nach Luther gegangen wäre, könnte eine Frau heutzutage keine Tischrede halten oder gar in der Politik tätig sein.
So sagte der Reformator seinerzeit: „Frauen reden über Dinge des Haushalts mit großer Liebe und Beredsamkeit. Was sie mit der Beredsamkeit nicht erreichen können, das setzen sie mit Tränen durch. Zu solch Zungenfertigkeit sind sie wie geschaffen, denn sie sind darin viel geschickter als die Männer, die erst durch lange Übung und Beschäftigung damit dazu kommen. Aber wenn sie über ihre Haushaltsfragen hinaus über öffentliche Angelegenheiten reden, so taugt das nichts. Denn wenn es ihnen auch an Worten nicht fehlt, so fehlt es ihnen doch am richtigen Verständnis für die Sache,- aber sie reden.“
Oliver Schwambach, leitender Redakteur der Saarbrücker Zeitung, blieb es vorbehalten, in Lesung IV über die Sprache zu sprechen. „Unter allen Gaben Gottes ist Reden die allerschönste und herrlichste, da sich durch diese allein der Mensch von allen anderen Tieren unterscheidet. Luther wertete dies als Anzeichen dafür, dass das Wort einzig dem Lebewesen mit dem höchsten Verstand vorbehalten sei. „Weisheit, Verstand, Gelehrtheit und die Schreibfeder“, so zitierte Oliver Schwambach Martin Luther, „die sollen die Welt regieren. Die Sprachen machen für sich selbst keinen Theologen,“ heißt es dann ein wenig später, „sondern sie sind nur eine Hilfe. Denn soll einer vom Dinge reden, so muss die Sache zuvor wissen und verstehen.“
Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann, Beauftragter der evangelischen Kirche bei der saarländischen Landesregierung, zog ein Resümee des Lutherjahres, ebenfalls gewürzt mit Zitaten des Reformators, bevor Jürgen Schreier, Vorsitzender des Kreiskulturzentrums Villa Fuchs allen dankte, die mit zum Gelingen dieses etwas anderen Reformationstages beigetragen haben.