Kulturelle Identität ist ein hohes Gut

Merzig · Zu einem Abend der Begegnung hatte die Kreisstadt Merzig in das Merziger Rathaus eingeladen. Gleichzeitig wurde im Foyer die Wanderausstellung „Deutsche aus Russland. Geschichte und Gegenwart“ eröffnet. Zahlreiche Besucher kamen und sangen gemeinsam mit zwei Chören, die vorwiegend aus Russlanddeutschen bestehen, traditionelle Volkslieder.

 Viel Gedränge bei der Ausstellung „Deutsche aus Russland – gestern und heute.“ Foto: M. Rauch

Viel Gedränge bei der Ausstellung „Deutsche aus Russland – gestern und heute.“ Foto: M. Rauch

Foto: M. Rauch

Die Ausstellung gibt einen Überblick über die 250-jährige Geschichte der Deutschen aus Russland. Die Zeitreise beginnt im Jahr 1763, mit dem Manifest von Zarin Katharina II. und endet in der Gegenwart. Jakob Fischer, Projektleiter der Ausstellung, konnte sein Temperament kaum zügeln. Schon vor Beginn der Veranstaltung stimmte er ein Volkslied nach dem anderen an und hieß die Gäste singend im Sitzungssaal des Rathauses willkommen. Es gab Filme zu sehen und Fischer informierte mittels einer Multimediapräsentation über die wechselhafte Geschichte der Russlanddeutschen.

Zuvor hatte Manfred Kost als Vertreter von Bürgermeister Marcus Hoffeld die Gäste begrüßt. "Die Kreisstadt Merzig hat es seit jeher als eine der ihrer wesentlichen Aufgaben angesehen, die Menschen unserer Stadt, die einen Migrationshintergrund haben, in unser Gemeinwesen zu integrieren", sagte Kost. Eine große und wichtige Gruppe stellten die Spätaussiedler dar. Rund 2000 Bürger hätten nach dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion in Merzig eine neue Heimat gefunden. Deshalb sei es selbstverständlich gewesen, dass sich die Kreisstadt bereit erklärte habe, dieses bedeutsame Projekt zu unterstützen.

Identität bewahren

Diese Sätze haben bei Jakob Fischer und bei den anwesenden Russlanddeutschen Eindruck hinterlassen. Fischer machte deutlich, wie wichtig es sei, dass sich Kommunen der Migration in dieser Art und Weise annähmen und so den Menschen ein Gefühl von Heimat vermittelten.

Darin bestätigt wurde Fischer von Emilia Lening und Katharina Prasko. Die beiden stehen oder standen Vereinen vor, die die Integration der Neu-Merziger aus der ehemaligen Sowjetunion mitgestalten: "Miteinander leben" und "Dialog der Kulturen" haben sich um die Migration verdient gemacht. Lening und Prasko dankten allen Mitstreitern der vergangenen Jahre. Anschließend sangen die beiden Chöre Lieder, die in der früheren Sowjetunion für die Deutschstämmigen von großer Bedeutung waren. Damit haben sie sich ihre kulturelle Identität erhalten, vor allem in den Zeiten, als die Deutschstämmigen in der ehemaligen Sowjetunion unterdrückt wurden und nicht einmal ihre Sprache sprechen durften.

Wie Jakob Fischer erklärte, wurde von den deutschen Aussiedlern insgesamt Flächen in der Größe der neuen Bundesländer bewirtschaftet. Aber die Weltkriege und der politische Wandel beeinflussten das Leben der Deutschen entscheidend. Vor allem nach der Machtergreifung der Bolschewiki wurden sie verfolgt. Noch Schlimmeres widerfuhr ihnen, als Hitler in den Krieg gegen die Sowjetunion eintrat. Viele wurden der Spionage verdächtigt, verschleppt oder gar ermordet. Hunderttausende kamen in den Neunzigern zurück ins Land ihrer Vorfahren, das für Hoffnung und Gerechtigkeit stand. Vorurteile und Ablehnung schlugen vielen von ihnen entgegen. Aber mit Hilfe der Landsmannschaften konnten diese Hürden überwunden werden. Insgesamt konnten rund 2,8 Millionen deutsche Aussiedler dank geduldiger Diplomatie und erfolgreicher Entspannungspolitik zurückkehren. Über all dies gibt die Ausstellung einen umfassenden Überblick.

Noch bis zum 12. Juni ist die Ausstellung im Rathaus zu den üblichen Öffnungszeiten zu besichtigen.

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