Kritik an Nazis kostete Kiefer das Leben

Merzig · 19 Stolpersteine hat der Künstler Gunter Demnig in Merzigs Innenstadt verlegt. Jetzt will Bernd Schirra, der die Aktion organisiert, in die Stadtteile gehen. Ein Stein ist Valentin Kiefer gewidmet.

Der Ort ist durchaus passend. Dort, wo sich heute die beiden jungen Bedienungen geschäftig um die Tische schlängeln, war früher das Kaufhaus der Familie Kahn. Bis sie 1935 die Angliederung des Saarlandes an Nazi-Deutschland zur Flucht zwang. Es war der Anfang vom Ende des jüdischen Lebens in Merzig . "Es war ja nicht nur das Kaufhaus Kahn. Dort hinten war das Geschäft von Aron Baum. Merzig hatte eine der größten jüdischen Gemeinden im Saarland." Bis ihre Mitglieder zur Flucht gezwungen wurden oder deportiert wurden und in den Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet wurden. Der Merziger Bernd Schirra will an sie erinnern. An sie und andere Opfer des Nationalsozialismus.

So wie an Valentin Kiefer aus Hilbringen. 1940 wegen Kritik am System verhaftet, kam er erst ins Gefängnis, dann ins Konzentrationslager Dachau. Von dort wurde er nach Flossenbürg bei Nürnberg verlegt, wo er dann kurz vor der Befreiung durch die Sowjet-Armee im Außenlager Neurohlau erschossen wurde. Um an ihn zu erinnern, soll er im April einen Stolperstein in Hilbringen bekommen. Der erste im Ort.

19 Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig liegen bereits in Merzig , einer in Besseringen. Nun kommen der Stolperstein für Kiefer in Hilbringen und neun Stolpersteine in Brotdorf hinzu. Acht für jüdische Bürger, die ins französische Lager Gurs deportiert wurden und ein Stolperstein für einen Brotdorfer, der Opfer des Euthanasie-Programms wurde. "Es ist ein erster Schritt", sagt Schirra, der die Stolperstein-Legung organisiert. Nachdem der Großteil bisher in Merzig verlegt wurde, geht es nun in den ländlichen Raum. Davon erhofft er sich neue Ansätze des Erinnerns. "Ich denke, dass das auf fruchtbaren Boden trifft. Die Stadt ist einem stärkeren Wandel unterzogen. Im Dorf ist vieles von früher noch deutlich präsenter." So könnten sich ältere Bewohner noch an die Familien erinnern, die einst in den Häusern lebten, wo demnächst die Pflastersteine aus Messing verlegt werden.

Die Reaktionen auf seinen Ansatz waren positiv, sagt Schirra: "In Merzig selbst gab es an manchen Stellen größere Widerstände." Vor drei Jahren hatte er schon mit den Planungen angefangen.

Jetzt heißt es allerdings, erst einmal warten. Von der Bestellung beim Künstler, bis die Stolpersteine verlegt werden können, vergeht meistens ein halbes Jahr. "Zunächst sammelt Demnig Anfragen und kommt dann erst", erklärt Schirra. Er vermutet, dass es Anfang April 2015 so weit sein wird, dass auch in Hilbringen und Brotdorf mit den schlichten Inschriften auf dem Gehweg an die Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. Auch an Valentin Kiefer. Dessen beide noch lebende Töchter werden dabei sein, wenn die Steine verlegt werden. Dort wo sie einst lebten.

Zum Thema:

Hintergrund"Stolpersteine" ist ein Projekt des Berliner Künstlers Gunter Demnig . Er will damit an die Menschen erinnern, die zur Zeit des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden. Die Stolpersteine haben ungefähr die Größe von Pflastersteinen und sind auf der Oberseite aus Messing mit einer Inschrift des Namens des Ermordeten und seiner Lebensdaten. Meistens liegen sie an dem Haus, in dem die Opfer zuletzt lebten. Insgesamt hat Demnig europaweit mehr als 45 000 Steine verlegt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort