Merzig „Lachen über Mächtige ist Notwehr“

Mit seinem Bühnenprogramm „Richling und 2084“ kommt Kabarettist Mathias Richling am Samstag, 9. März, 20 Uhr, in die Merziger Stadthalle. Im Vorfeld unterhielt er sich mit der Saarbrücker Zeitung über alte und neue „Schrecken“.

 Mathias Richling ist am 9. März in Merzig zu Gast.

Mathias Richling ist am 9. März in Merzig zu Gast.

Foto: Villa Fuchs/Lanju Design

In Ihrem Programm wagen Sie einen Blick in das Jahr 2084. Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass die Welt dann noch existiert?

Matthias Richling Ganz banal – Unkraut vergeht nicht. Ich vertraue auf den Selbsterhaltungstrieb der Menschheit. Unsere Erde rettet sich sicher stets neu. Unsere menschliche Zukunft wird von uns selbst permanent untergraben, indem wir anderen immense praktische und intellektuelle Macht über uns einräumen. Wenn der Kühlschrank schon für mich denken soll, was ich nächste Woche esse, werden wir bald auch die entscheidenderen Dinge dem Computer überlassen. Der mir dann nicht nur sagt, was im Kühlschrank fehlt, sondern auch, was im Bundestag fehlt und der für mich wählt und die Regierung stellt und so weiter und so weiter.

Ihr Programm  bezieht sich auf Orwells Roman „1984“. Können  Sie sich vorstellen, dass die Welt in 65 Jahren besser oder schlechter ist als die heutige?

Richling Wir erinnern uns an Orwells „1984“ und müssen erkennen, dass er unserer Zeit mit seiner Prognose vom super-kontrollierenden Staat weit hinterher hinkt heute. Das Programm, das wie immer Günter Verdin  mit großem Aufwand (zum Beispiel Videowall) inszeniert hat, ist keine Sicht auf das Jahr 2084, aber eine Anregung, weiterzudenken, wie es sein könnte wenn wir so weiter machen wie bisher. Mit aller Selbstdarstellung und Eigenprostitution in den medialen Netzwerken. Da kann man nicht früh genug anfangen, die Zukunft zu beschwören. Obwohl es nicht die Aufgabe des Kabaretts ist, Prognosen abzugeben oder den Leuten zu sagen, wie es wird und was sie wählen sollen, sondern sie sollen selber weiterdenken aufgrund einer Momentdarstellung.

Freut es Sie als Kabarettist, dass unsere Gesellschaft Ihnen so viel   Stoff bietet?

Richling Ich müsste Masochist sein, um mich darüber zu freuen. Denn von den politischen Entwicklungen sind wir ja alle betroffen. Im Moment erschreckt mich am meisten, dass wir eine völlige Verkennung politischer Verantwortlichkeit haben. Leute wie Helmut Schmidt oder auch Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg,  hatten und haben ein Selbstverständnis, dass sie die ersten Diener des Staates sind. Wir haben nun das Gefühl: Wir als Volk sind die Diener, wir haben falsch gewählt, wir müssen zu Kreuze kriechen, weil die großen Volksparteien (von denen die eine bekanntlich bereits eine sehr kleine ist)  es nicht fertigbringen, mit unserem Wählerauftrag etwas anzufangen. Dabei sind wir als Volk doch der Souverän! Für diejenigen, die’s nicht mehr wissen: In monarchischen Staaten war der Souverän der König -  also ist nun das Volk der König.

Auf welche Parodien darf man  sich in Merzig freuen?

Richling Das Programm bietet einen gruseligen Ausblick in  die Geisterbahn der deutschen und internationalen Politik. Zum Entspannen erzählt dann niemand Geringerer als die Queen das Märchen vom Brexit.

Was darf Satire Ihrer Meinung nach und was nicht?

Richling Lachen über Mächtige ist Notwehr, es ändert zwar nichts an  der politischen Realität, ist aber ein Stimulanz für die Bewusstmachung von Inhalten. Die Grenzen sehe ich ganz klar bei der Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen, ob das nun jüdische Mitbürger, Schwule, Schwarze oder Migranten sind.  Die Zeiten ändern sich permanent, auch die Stimmung in der Zivilgesellschaft schwankt. Wichtig ist es, den Ursachen für das Erstarken von populistischen Strömungen nacnhzuspüren, das gilt für das Kabarett und noch mehr für die Tagespolitik.

Was muss ein Mensch haben, damit Sie ihn gut parodieren können?

Richling Profil – im guten wie im bösen Sinne.

Haben Sie eine Lieblingsfigur?

Richling Merkel und Seehofer sind  gute Typen für die Karikatur,       wie ich sie betreibe. Ich imitiere die Personen ja nicht nur, sondern   denke sie tendenziell weiter, was sowohl den Habitus wie auch ihr    Programm betrifft. Im regionalen Bereich bin ich besonders Winfried Kretschmann sehr dankbar für sein geradezu einladendes Profil.

Wie reagieren eigentlich Politiker auf Sie?

Richling Professionell. Die meisten wissen, dass sie es geschafft haben, wenn sie parodiert werden.

Haben Sie schon mal richtig Ärger mit jemandem bekommen?

Richling Immer wieder gerne…

In Ihrem aktuellen Programm untersuchen Sie die Politiker auf ihre Zukunftstauglichkeit hin. Wer wird unserer Welt wohl den größten „Schaden“ zufügen?

Richling Trump, Putin, Kim, Erdogan, Assad – nein, die Liste ist nicht vollständig! Bei Trump muss man sich wirklich fragen, wo der Psychiater ist, der ihn eigentlich begleiten müsste. Aber auch die anderen haben in ihrer Demokratie-Feindlichkeit und in ihrem Verfolgungswahn und ihrer kriminellen Energie durchaus Wahnsinns-Potenzial.

Karten gibt es in allen Ticket Regionalvorverkaufsstellen und unter Tel. (0 68 61) 9 36 70.

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